ICT als Männerdomäne?

"Ursula Burns ist ein ideales Vorbild für technikbegeisterte junge Frauen"

Uhr | Aktualisiert

Xerox ist eines der wenigen grossen ICT-Unternehmen mit weiblichem CEO. Im Interview äussern sich Mike Feldman und Donovan Dixon von Xerox zum Thema "Frauen und IT".

Im Vorfeld des Internationalen Frauentages vom 8. März hatte Neelie Kroes, die Kommissarin der EU für die Digitale Agenda, gesagt, dass Technik und Informatik zu wichtig seien, "um sie allein den Männern zu überlassen". Sie erklärte: "ICT ist nicht mehr nur für Geeks – ICT ist cool und es ist die Zukunft. Nur neun Prozent aller App-Entwickler sind Frauen? Das darf doch nicht wahr sein!“

Weibliche Vorbilder in der ICT-Branche

Die Verhältnisse bei der App-Entwicklung spiegeln sich auch im Management wieder. In der Liste der 100 mächtigsten Frauen des Magazin Forbes, fanden sich letztes Jahr nur gerade 15 Frauen aus der ICT-Branche. Eine dieser 15 ist Ursula Burns, CEO beim Druckermagnaten Xerox. Sie beweist, dass es auch weibliche Vorbilder in der ICT gibt.

Im Interview mit der Netzwoche äussern sich Mike Feldman, President Large Enterprise Operations, und Don Dixon, Senior Vice President Global Document Outsourcing, von Xerox zum Thema "Frauen und Minderheiten in der ICT-Branche".

Herr Feldman, vor ein paar Tagen hat EU-Kommissarin Neelie Kroes gesagt, dass es in der ICT-Branche an weiblichen Vorbildern fehle. Xerox ist die erste "Fortune 500"-Firma, die von einer afroamerikanischen Frau, Ursula Burns, geführt wird. Erfüllt Sie dies mit Stolz?

Feldman: Selbstverständlich. Ich möchte gerne ergänzen, dass wir ebenfalls die erste "Fortune 500"-Firma sind, bei der es zu einer "Frau-zu-Frau-CEO-Nachfolge" gekommen ist. Das ist noch nicht alltäglich und hat eine positive Signalwirkung. Frau Burns ist übrigens von Beruf Ingenieurin, auch ein eher männertypischer Beruf. Sie ist also ein ideales Vorbild für technikbegeisterte junge Frauen.

War ihre Ernennung Zufall oder ergreift Xerox spezifische Massnahmen um Frauen und Minderheiten zu fördern?

Feldman: Xerox hilft Frauen, Minderheiten oder Personen aus schwierigen Verhältnissen firmenintern Karriere zu machen. Ursula Burns ist ein besonders gutes Beispiel. Sie ist in einer Sozialwohnung in New York aufgewachsen und konnte schliesslich studieren gehen. Nach dem Studium begann sie bei Xerox zu arbeiten und schaffte es bis zum CEO. Wir sind eine Firma, bei der "diversity" gross geschrieben wird.

"Diversity" ist ein sehr amerikanischer Begriff. Können Sie uns erklären, was man darunter versteht?

Feldman: Wie das Wort bereits antönt, geht es darum, dass man verschiedene "Elemente" unter einem Dach zusammenfasst. Im Bereich Human Resources bedeutet dies, dass man versucht, verschiedenste Personen miteinzubeziehen, egal welchem Geschlecht, welcher sexuellen Orientierung oder Ethnie sie zuzuordnen sind.

Zurück zu Xerox: Was tun Sie konkret um die Diversität Ihrer Firma zu fördern?

Feldman: Wichtig ist, dass wir bereits eine grosse Tradition diesbezüglich haben. Die Atmosphäre bei uns ist generell integrativ, denn es geht Xerox darum, Talente anzuwerben. Es zählt also Leistung und nicht Herkunft. Konkret gibt es verschiedenste Mentoring-Programme, um Personen zu fördern, sowie Gruppen, in denen Minderheiten sich untereinander austauschen können, um sich wohl zu fühlen.

Aber sprechen heutzutage nicht alle Firmen in den USA von "diversity" und Minderheitenförderung?

Feldman: Das stimmt. Meiner Meinung nach ist Xerox aber eine der Firmen, die auch tatsächlich viel dafür tut. Ich zum Beispiel bin schwul und fühle mich bei meiner Firma sehr wohl. Ich hatte also bei Xerox noch nie Probleme wegen meiner sexuellen Orientierung. Aufgrund der positiven Herangehensweise an dieses Thema hat Xerox beim "Human-Resources-Equality-Index" übrigens während der letzten 15 Jahre immer die maximale Punktzahl von 100 erreicht.

Herr Dixon, würden Sie als Afroamerikaner die Beobachtungen von Herrn Feldman bestätigen?

Dixon: Auf jeden Fall. Ich war früher bei verschiedensten Firmen beschäftigt, wie zum Beispiel Gartner, Canon und Ricoh. Aufgrund meiner Erfahrungen kann ich sagen, dass Xerox sehr viel für die Diversität unternimmt. Das heisst nicht, dass bei den anderen Firmen "diversity" nicht auch ein Thema gewesen wäre. Allerdings gibt es manchmal eine Lücke zwischen "Papier und Realität" – nur weil es eine Richtlinie gibt, heisst das nicht, dass man diese auch umsetzt.

Gibt es Programme zur Unterstützung der "diversity" auf allen Hierarchieebenen von Xerox oder nur im Management?

Dixon: Es gibt sie überall. Sogar bei Praktikanten wird bereits eine Förderung des Dialogs zwischen den verschiedenen Gruppen betrieben. Die Unterstützung beginnt also sehr früh. Mike und ich haben übrigens auch schon privat über dieses Thema gesprochen: Unser Fazit ist sehr positiv. Bei Xerox können Frauen und Personen aus Minderheiten Vorbilder finden. Dies ermöglicht ihnen, eine Karriere in der ICT-Branche oder allgemein im Management zu erwägen: Und sie versuchen vielleicht sogar, eine solche zu verwirklichen.

Zur Person:

Mike Feldman ist seit Oktober 2013 als President Large Enterprise Operations bei Xerox tätig. Er verantwortet unter anderem die Bereiche Document Management Outsourcing, Managed Print Services oder Technology Sales. Früher arbeitete er für den Xerox-Konkurrenten Hewlett-Packard. Er studierte Marketing an der New Yorker Pace University.

Don Dixon ist Senior Vice President Global Document Outsourcing bei Xerox. Er arbeitete früher unter anderem bei Hewlett-Packard und bei Gartner.

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