Heimlichtuerei und Interessenskonflikte

Der Inter-GGA-Filz und seine Machenschaften

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von David Klier

Bei dem Millionen-Deal zwischen Inter GGA und Provider Quickline scheint einiges im Argen zu liegen: Mehrere Inter-GGA-Verwaltungsräte unterhielten Beziehungen zu Quickline.

Big Brother is watching you. (Quelle: Creative Commons Attribution-ShareAlike 2.0 Generic: www.flickr.com/photos/doctorow/ )
Big Brother is watching you. (Quelle: Creative Commons Attribution-ShareAlike 2.0 Generic: www.flickr.com/photos/doctorow/ )

Der regionale Kabelnetzbetreiber Inter GGA stellt in diesem Jahr Fernsehen, Internet und Telefonie komplett auf einen neuen Provider um. Die Quickline-Gruppe erhielt den Zuschlag für die Umstellung nach einem zweijährigen Auswahlverfahren.

Nachdem der Diebstahl von 18'000 Kundendaten beim ehemaligen Provider Improware ans Licht kam, hat die Basler Zeitung (BaZ) die Vergabe genauer unter die Lupe genommen. Die Recherchen der BaZ ergaben, dass der Deal von etlichen Interessenskonflikten gesäumt ist. Es sieht ganz danach aus, als wäre der bisherige Provider Improware regelrecht ausgebootet worden.

Beratungsfirma nicht neutral

Bei dem zweijährigen Auswahlverfahren stand Inter GGA die Broadband Planning AG zur Seite. Die Firma arbeitete die Ausschreibung aus und beriet den Inter-GGA-Verwaltungsrat bei ihrem Entscheid. Das Problem: Broadband ist keine neutrale Firma.

Gemäss Handelsregistereintrag sitzt sie im gleichen Gebäude wie die Broadband Networks AG in Urdorf. Der Verwaltungsratspräsident der Broadband Networks AG ist Mitglied im Verwaltungsrat der Broadband Planning AG und dort als einziger zeichnungsberechtigt. Die Gründungsurkunde wurde in den Räumlichkeiten der Broadband Networks AG in Urdorf unterzeichnet.

Verbindung zu Quickline sei Zufall

Ein Blick auf die Webseite von Broadband Networks zeigt: Sie ist seit Jahren der Hardware-Lieferant der Quickline-Gruppe. Sie hatte also zweifellos ein grosses Interesse daran, dass am Ende der Suche Quickline den Zuschlag erhält. Damit kann Broadcom Networks nun Modems in 45'000 Baselbieter Haushalte liefern.

Gegenüber der BaZ sagte Inter-GGA-Verwaltungsrat Lucas Wyss aber, dass das Verfahren neutral und professionell verlaufen sei. Einen Interessenskonflikt sehe er keinen. "Es war für mich wirklich reiner Zufall, dass die Schwesterfirma der Broadband Planning, also die Broadband Networks, der Modemlieferant von Quickline war", zitiert ihn die BaZ.

Zwei Verwaltungsräte mit Quickline verbandelt

Doch das ist noch längst nicht alles. Die Ausschreibung begann 2012. Gleichzeitig stellte Inter GGA sein Geschäftsmodell schrittweise um. Weg vom Koordinator kommunaler Kabelnetze hin zum eigentlichen Anbieter. Ganz nach dem Vorbild von Quickline. Verantwortlich dafür dürften die zwei Inter-GGA-Verwaltungsräte Roger Ballmer und Iwan Nussbaumer sein. Beide sind mit Quickline verbandelt.

Inter GGA berief die beiden 2012 in den Verwaltungsrat. Bis im Frühling 2013 sass Ballmer im Verwaltungsrat der EBM Telekom. Einer Firma der Quickline-Gruppe. Ballmer war also für Quickline tätig, als Inter GGA gemeinsam mit dem Quickline-Zulieferer Broadband die Suche nach einem neuen Provider initiierte.

Iwan Nussbaumer ist leitender Berater der Firma EVU Partners, zu deren Kunden wiederum die EBM Telekom zählt. Es gibt keine Beweise, in welcher Weise Ballmer und Nussbaumer den Wechsel zu Quickline beeinflussten. Doch kaum sassen die beiden 2012 im Verwaltungsrat bei Inter GGA, ging das Unternehmen auf die Suche nach einem neuen Provider.

120'000 Franken Entschädigung für Verwaltungsrat

Es geht aber noch weiter. Die Jahresberichte des Baselbieter Kabelnetzbetreibers lassen Zweifel zu, ob die Firma, die sich im Besitz von 13 Gemeinden befindet, zum Wohl ihrer Kunden und der Steuerzahler arbeitet. Der Verwaltungsrat verweigerte die Herausgabe der Papiere an die BaZ über Wochen hinweg. Die BaZ konnte den Berichten von 2012 und 2013 nun offenbar doch habhaft werden.

Es zeigt sich, was der Verwaltungsrat so dringlich verheimlichen wollte. 2013 entschädigte sich das fünfköpfige Führungsgremium mit einem Gesamthonorar von 120'000 Franken, exklusive Spesen. Der Gesamtaufwand für die zehn Mitarbeiter des Unternehmens inklusive der VR-Honorare kletterte auf 678'847 Franken. 2012 waren es noch 583'709 Franken.

Vergleicht man das mit dem Kabelnetzbetreiber GGA Pratteln, der das gleiche macht, wie bisher Inter GGA, wird einem die ganze Tragweite bewusst: GGA Pratteln hat keinen Verwaltungsrat und kommt mit einer 50-Prozent-Stelle aus, schreibt die Baz.

Herausgabe der Jahresberichte über Wochen verweigert

Als nicht börsenkotierte Aktiengesellschaft untersteht Inter GGA nicht dem Öffentlichkeitsprinzip. Die Herausgabe der Jahresberichte zu verweigern, ist also grundsätzlich legitim. Da aber die Aktionäre des Unternehmens Gemeinden sind, ist Inter GGA quasi ein Staatsbetrieb. Die Geschäftzahlen müssen gegenüber der Öffentlichkeit transparent sein.

Versuche der BaZ, den Weg über die beteiligten Gemeinden zu gehen, schlugen fehl. Die Gemeinden machen bei der Heimlichtuerei anscheinend mit. Ein weiterer Blick in die Berichte zeigt warum. Auf Seite 16 des Berichts von 2012 bedauert der Verwaltungsrat gemäss BaZ, dass Kunden bei den Kombi-Angeboten Geld sparen könnten. "Wer bisher Telefonie, Internet und/oder Pay-TV einzeln abonniert hatte, spart mit der Zusammenlegung in ein Kombi-Abo Geld", zitiert die BaZ aus dem Bericht.

Anweisung für den Umgang mit der Kritik in den Medien

Auf Seite 40 des gleichen Berichtes finden sich demnach Anweisungen an die Eigentümer, wie sie sich gegenüber Skeptikern zu verhalten haben. "Dazu sind insbesondere auch die Anteilseigner der InterGGA aufgerufen, ihren Einfluss bei den Bremsern geltend zu machen und vor allem nicht selbst Steine in den Weg zu legen."

Der Jahresbericht des vergangenen Jahres thematisiert zudem den Umgang mit den Medien. Man solle "den Ball flach halten", damit die Kritik "verpufft". Also abwarten und Tee trinken, bis Gras über die Sache gewachsen ist.

Die Berichte zeigen weiter, dass Inter GGA die Hälfte der Provisionen der Gemeinden für sich behält. Gut eine halbe Million Franken nur für Internet. Das entspricht in etwa dem Bilanzgewinn von 2013. Der Nettogewinn belief sich auf 87'590 Franken. Ziemlich viel für ein Non-Profit-Unternehmen. Über die Jahre erzielte die Firma so viel Gewinn, dass sie seit 2012 nicht mehr steuerbefreit ist.