Alte vs. neue Player

Google, Apple & Co. könnten Finanzplayer werden - Teil 4

Uhr | Aktualisiert

Werden Banken mangels eigener Innovationen neue Internet-Player unter den Nagel reissen? Die Tendenz laut Experten: Eher nein. Vielmehr könnten Internetunternehmen auf den Geschmack kommen.

Wie die traditionellen Finanzdienstleister die Herausforderungen meistern werden, darüber scheiden sich indes die Geister. «Die Banken ignorieren die sozialen Netzwerke noch weitgehend, weil sie ihre potente Klientel nicht dort wähnen», sagt der deutsche Fach- und Wirtschaftsjournalist Lothar Lochmaier.

Er erwartet auch nicht, dass sich Banken mangels fehlender eigener Innovationen im grossen Stil Plattformen zusammenkaufen. «Die ‹Welt der alten Spieler› ist mit jener der neuen Internetunternehmen schlicht nicht kompatibel», meint Lochmaier. Zudem sei die Angst, sich damit selbst zu kannibalisieren, zu gross.

Wenn nicht die Banken, dann die Internetunternehmen?

Vielmehr, so Lochmaier, könnten dies Internetkonzerne wie Google oder Paypal tun. Auch Apple oder Facebook könnten sich zu mächtigen Finanz-Playern entwickeln. Diese These stützt auch Internetpionier Marc P. Bernegger: «Die Grenzen zwischen IT-Unternehmen und Banken werden zunehmend verschwinden.

Innovative Player wie Google und Apple haben den Vorteil, dass diese viel dynamischer agieren können als traditionelle Banken, weshalb es mich nicht überraschen würde, wenn sich IT- und Internetunternehmen in Zukunft vermehrt ins Bankengeschäft bewegen, um ihre bestehende Wertschöpfungskette zu erweitern.»

Zu einem bekannten Player in diesem Zusammenhang hat sich bereits die Ebay-Tochter Paypal gemausert. Das Unternehmen mit Bankenlizenzen ist imstande, die gesamten Prozesse vom Frontend bis ins Backoffice zu beherrschen. «Paypal muss der Finanzindustrie zu denken geben», sagt IBM-Finanzexperte Roger Altorfer.

Hausaufgabe Cross-Channel-Management

Wollen die Banken also nicht in den Hintergrund rücken und beispielsweise «nur» noch den Zahlungsverkehr für neue Plattformen abwickeln, müssen sie handeln. Um weiterhin eine attraktive Marke zu bleiben, ist es nötig, zum Beispiel mit moderneren Front-Ends näher an den Kunden zu rücken.

Noch sehen die Mehrzahl der von der Netzwoche Befragten nurmehr zaghafte Entwicklungen in diesem Bereich. Ein bisschen Mobile-Apps und Social Media machen, das reiche nicht, heisst es allenthalben.

Thomas Puschmann vom Institut für Wirtschaftsinformatik an der Universität St. Gallen hat diesen Mangel auch empirisch bewiesen: «Wir haben bei einer kürzlich durchgeführten Studie bei Banken festgestellt, dass beispielsweise ein durchgängiges Cross-Channel-Management noch weitgehend ein Fremdwort ist. Man ist zu stark produktorientiert. Da müssen die Banken noch ihre Hausaufgaben machen.»

Attraktive Frontends als Schlüsselfaktor?

Anbieter wie Avaloq ihrerseits haben die Wichtigkeit des Frontends erkannt. «Wir haben E-Banking lange über Partnerlösungen angeboten. Vor einem Jahr haben wir uns jedoch entschieden, selbst in solche Lösungen zu investieren, weil wir im Front-End-Bereich sehr grosse Möglichkeiten sehen», sagt CTO Klaus Rausch.

Das Unternehmen geht mit der im Juli angekündigten neuen Lösung «Avaloq Front Suite» sprichwörtlich an die Front. In dieser setzt man unter anderem auch auf einen App-Store für Browser, Tablets und Smartphones, wo beispielsweise Finanz-Apps für Finanzplanung oder Zahlungen angeboten werden.

Diese wird auch für Apps von Banken und anderen Partnern offen sein, «um Innovationen zu ermöglichen», wie Rausch anfügt. Im Frühling 2012 werde ein erster Kunde mit der Lösung live gehen, mit weiteren Kunden sei man in der Evaluationsphase.