Infosociety Days - E-Government Forum

Warum Social Media in Krisensituationen sinnvoll ist

Uhr | Aktualisiert

Der neue virtuelle Schalter des Kantons Jura und die Krisenkommunikation via Twitter waren nur zwei der Themen, die an den Infosociety Days in Bern diskutiert wurden. Die Netzwoche war vor Ort.

Matthieu Lachat, Leiter Informatikdienst des Kantons Jura, stellte den neuen "Guichet virtuel" des Kantons Jura vor. (Quelle: Netzmedien)
Matthieu Lachat, Leiter Informatikdienst des Kantons Jura, stellte den neuen "Guichet virtuel" des Kantons Jura vor. (Quelle: Netzmedien)

E-Government-Veranstaltungen bieten meist nicht viel Raum für Überraschungen oder neue Entwicklungen. Das hat sich auch heute Dienstag anlässlich des Starts der viertägigen Infosociety Days gezeigt. Vertreter von Bund, Kantonen und Wirtschaft haben sich in Bern getroffen, um sich über aktuelle Entwicklungen und Chancen von E-Government auszutauschen. Die Grundprobleme, die diskutiert wurden, sind nach wie vor die gleichen wie noch vor ein paar Jahren: Theoretisch gesehen kann man als Amtsstelle mit E-Government im Idealfall effizienter arbeiten, die Bürger glücklicher machen und Geld sparen.

Praktisch gesehen stellen sich dem Vorhaben E-Government sowie dessen Teilgebiet Open Government Data (OGD) immer noch viele Hürden in den Weg. Das ging aus den Referaten von Christian Weber, Leiter E-Government für KMU vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und Juan Pablo Lovato, Projektleiter OGD Schweiz der Geschäftsstelle E-Government Schweiz, hervor.

Umdenken erforderlich

Klar ist: Es braucht ein Umdenken in den Köpfen der Mitarbeiter und der Chefetagen und das allseits beliebte "Gärtlidenken" ist auch nicht gerade förderlich, wenn es darum geht, E-Government auf allen Ebenen von Gemeinden und Bund einzuführen. Das soll aber nicht heissen, dass im Schweizer E-Government alles still steht. Wohl eher müsste man sagen, dass es eine Weile braucht, bis sich die Dinge vom Fleck bewegen – man denke nur mal an die Geschichte der Swiss ID oder des E-Voting.

Positive Bewegungen treten dafür umso deutlicher in den Vordergrund. Ein Highlight des heutigen Vormittags war das Referat von Matthieu Lachat, Leiter Informatikdienst des Kantons Jura. Er stellte den neuen "Guichet virtuel" - den elektronischen Schalter – des Kantons Jura vor. Er kommt dann zum Einsatz, wenn die Gemeindeverwaltung geschlossen ist. Das ist an und für sich noch nichts Besonderes, schliesslich bietet mittlerweile jede grössere Gemeinde einen virtuellen Schalter an, über den man Formulare bestellen oder herunterladen kann.

Signature-as-a-Service

Der Kanton Jura bietet seinen Bürgern darüber hinaus einen Signature-as-a-Service (SiaaS) an. Das ist dann interessant, wenn ein Bürger beispielsweise seine Steuererklärung online ausfüllen und dann auch gleich online signieren und abschicken will – ohne noch eine Bestätigung auf Papier ausdrucken und per Post an die Steuerverwaltung schicken zu müssen, wie es beispielsweise im Kanton Bern der Fall ist. Oder, um es mit den Worten Lachats auszudrücken: "Es ist nie schön, Steuern zahlen zu müssen, aber man kann zumindest den dazugehörigen Prozess vereinfachen."

Derzeit werde SiaaS nach und nach in den virtuellen Schalter des Kantons Jura integriert, sagte Lachat. Ausserdem läuft aktuell ein Pilotprojekt namens Juratax, das vorsieht, den Bürgern eine komplette Online-Steuererklärung zu bieten - inklusive Signatur. 2015 soll das Pilotprojekt abgeschlossen sein und alle Bürger des Kantons sollen darauf zugreifen können, so Lachat.

Bei der SiaaS gilt es natürlich auch gewisse Richtlinien zu beachten. So dürfen die Daten beispielsweise nicht in der Cloud, sondern nur auf der Ebene des virtuellen Schalters gespeichert werden, wie Lachat betonte.

Neben SiaaS will der Kanton Jura die Suisse ID fördern, um den Zugang zum virtuellen Schalter voranzutreiben – aktuell vergibt der Kanton 1'711 Suisse IDs gratis, wie der Kantonswebsite zu entnehmen ist. Auch soll ein neues Kommunikationsportal für die ca. 3'500 Mitarbeiter des Kantons Jura entwickelt werden.

Social Media ist schnell - auch in Krisensituationen

Interessant war auch das Referat zum Thema Social Media von Matthias Brüllmann, Fachexperte E-Government bei der Bundeskanzlei und Roman Kohler, Fachspezialist Kommunikation, Stadt St. Gallen. Die beiden gingen der Frage nach, wie sinnvoll Social Media in der Verwaltung wirklich ist. Wie gross ist der Nutzen im Vergleich zum Mehraufwand, den Twitter, Facebook und Co. mit sich bringen?

Für Brüllmann und Kohler ist klar: Es lohnt sich definitiv. Einerseits, weil die Ressourcen ihrer Meinung nach bereits vorhanden sind – sie müssen nur genutzt werden. Manchmal sei es nun einmal einfacher, auf eine Anfrage via Twitter oder E-Mail zu antworten als stattdessen eine lange Erklärung auf der Gemeindewebsite zu publizieren, sagte Brühlmann (zumal das Risiko besteht, dass sich Bürger selbst dann bei der Gemeinde melden, wenn die Information eigentlich auf der Website verfügbar wäre, aber vielleicht schwer auffindbar ist).

Andererseits sei die Kommunikation via Twitter schneller und agiler als beispielsweise via Depeschenagentur. Medienmitteilungen zu verfassen nehme viel Zeit in Anspruch, dennoch würden sie von den Redaktionen teilweise oder ganz ignoriert, gab Brüllmann zu bedenken. Informiere ein Amt jedoch über Twitter, sei man für die breite Masse zugänglich, ohne vom Goodwill der Medien abhängig zu sein. Zudem sehe man auch gleich, wie und von wem die Meldung weiterverbreitet werde und welche Reaktionen sie auslöse.

Gerade in Krisensituationen sei eine schnelle Kommunikation sehr wichtig, ergänzte Kohler. Das habe sich letzte Woche bei einem Brand in der St. Galler Innenstadt gezeigt. Die Stadt informierte via Twitter und war damit schneller als alle anderen. Auch Online-Journalisten hätten sich via Twitter gemeldet, um schneller an Informationen heranzukommen, so Kohler.

E-Government und E-Health

Das E-Government Forum findet heute Dienstag und morgen Mittwoch statt. Am Donnerstag und Freitag folgt das Swiss E-Health Forum und somit der zweite Teil der Infosociety Days.

Nebst den Referaten von heute Dienstagvormittag standen den Besuchern am Nachmittag unterschiedliche Tracks zur Auswahl, in denen ihnen verschiedene E-Government-Lösungen präsentiert wurden – beispielsweise E-Government bei der Quellensteuer oder dem elektronischen Baugesuch.

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