Feldtest in Tokio

Toshiba testet Quantenverschlüsselung

Uhr | Aktualisiert
von David Klier

Toshiba arbeitet an der Datenverschlüsselungstechnologie von morgen: Das Unternehmen hat in Japan ein neues Quantenschlüsselaustauschgerät getestet. Erfolgreich, sagt Toshiba.

Etliche Unternehmen investieren derzeit in verschiedene Quantentechnologien. Allen voran Google. Doch auch Toshiba zählt dazu. Der japanische Elektronikhersteller arbeitet an einem Quantenverschlüsselungssystem. Nach Angaben des Herstellers ist die Quantenverschlüsselung die neue Herausforderung in der Welt der Datenverschlüsselung.

Quantenverschlüsselung soll ein vorher unmögliches Mass an Sicherheit für die Informationsübertragung in Netzwerken bieten. Lauschangriffe seien praktisch unmöglich. Die Technologie macht sich die Quanteneigenschaften einzelner Photonen zunutze, also den Elementarteilchen des Lichts. Der Überbegriff für die Technologie heisst Quantenschlüsselaustausch.

34-tägiger Feldtest in Tokio

Toshiba hat nun in seinen Labors das nach eigenen Angaben weltweit schnellste Quantenschlüsselaustauschsystem entwickelt. In einem Feldtest in Tokio verwendete das Unternehmen das reguläre Glasfasernetz der Stadt. Ziel war es, zu überprüfen, inwiefern sich die Technologie für einen langfristigen, stabilen Betrieb eignet.

Auf einer Strecke von 45 Kilometern zwischen Otemachi im Zentrum Tokios und Koganei in den westlichen Vororten testete Toshiba die Technologie während 34 Tagen. Japans nationales Institut für Informations- und Kommunikationstechnologie war an dem Experiment beteiligt.

Geschwindigkeitsrekord aufgestellt

Insgesamt übertrug das System 878 Gigabit an Daten bei einer Durchschnittgeschwindigkeit von 25,8 Gigabit pro Tag. Das entspricht rund 300 Kilobit pro Sekunde. Während der gesamten Testphase blieb das System stabil und vollkommen eigenständig, sagte Toshiba.

Am Ende der 34-tägigen Testphase lief das System noch immer reibunglos. Deshalb gebe es keinen Grund zu der Annahme, dass wesentlich längere Zeiträume nicht auch möglich wären.

Toshiba stellte mit dem Versuch zumindest hinsichtlich der Geschwindigkeit einen Rekord auf. Den grössten Schwachpunkt der Quantenverschlüsselung bildet aber noch immer die geringe Reichweite. Der Distanzrekord liegt derzeit bei 143 Kilometern, aufgestellt im Jahr 2012. Der Wiener Physiker Anton Zeilinger übertrug damals verschränkte Photonen von La Palma auf die Nachbarinsel Teneriffa.

Mögliche Alltagsszenarien: Bankomat

Zeilinger will die Reichweite steigern. Mithilfe eines Satelliten im All und zwei Bodenstationen, eine in Griechenland, eine in Spanien. Die Übertragung der Quantenschlüssel könne allerdings nur bei wolkenfreiem Himmel stattfinden. Der erste Satellit soll 2016 von China aus starten.

An der Universität in München denkt man hingegen schon über alltagstaugliche Anwendungen für Quantenverschlüsselung nach. Der Physikprofessor Harald Weinfurter plant die Quantifizierung des Alltags: "Wenn Sie an einen Geldautomaten gehen, könnten Sie Ihre PIN mit einem Handy-artigen Quantengerät an die Bank übertragen", sagte Weinfurter im Januar gegenüber dem Spiegel. Wann es soweit sein könnte? "Wenn die EU das fördert, bekommen wir einen Prototyp in vier Jahren hin."

US-Sicherheitsberater hält Quantenverschlüsselung für "Bullshit"

Weinfurter glaubt, dass sich mit Hilfe der Physik ein Stück Vertraulichkeit zurückerobern lässt. "Die Codemacher könnten den jahrtausendelangen Wettkampf gegen die Codebrecher für sich entscheiden", sagte er dem Spiegel.

"Bullshit", entgegnete darauf Bruce Schneier, einer der renommiertesten Sicherheitsberater der USA. Schnüffler hätten bisher jeden Code geknackt. Die Quantenverschlüsselung werde da keine Ausnahme machen.