Umwälzungen am RZ-Markt

Wer kontrolliert den Cloud-Markt von morgen?

Uhr | Aktualisiert
von George Sarpong

Der Cloud-Markt steht vor einem fundamentalen Wandel, glaubt man Gartner. Die Analysten wollen verschiedene Entwicklungen ausgemacht haben, die das Datacenter-Geschäft kräftig durchrütteln könnten.

Glaubt man den jüngsten Vorhersagen der Analysten von Gartner, dann steht der Markt für Rechenzentren vor einem Umbruch. Die Marktforscher sehen vier wirtschaftliche und politische Kräfte, die den Markt verändern werden und die Betreiber von Rechenzentren in ihre Planungen miteinbeziehen sollten: starker Wettbewerb, Dominanz grosser Cloud-Provider, Wirtschaftskriege und Nationalismus.

Gartner schätzt, dass die Anbieter drei Vorgehensweisen nutzen werden. Es wird die Beschützer geben, die aggressiv um ihre Margen, Marktanteile und Installationsbasis kämpfen werden. Die zweite Gruppe ist jene der evolutionären Disruptoren, die versuchen werden, eine Balance zu finden, zwischen ihrem "althergebrachten Geschäftsmodell" und frischen Ideen. Die dritte Gruppe hingegen, die revolutionären Disruptoren, werden aktuelle Geschäftsmodelle mit neuen Angeboten attackieren.

Was könnte schlimmstenfalls passieren? Gartner hat verschiedene Entwicklungen und deren Folgen durchgespielt.

Drohender Preiskrieg

Sollte ein konservativer Anbieter neue Angebote in den Markt drücken, könnte das Umwälzungen in der gesamten Industrie nach sich ziehen. Der Provider könnte einen Preiskrieg vom Zaun brechen, in der Hoffnung, dass derjenige überleben wird, der den ersten Zug macht.

Ein evolutionärer Disruptor könnte hingegen seine grosse Chance wittern und zum ersten Schlag ausholen, um seine Mitbewerber rasch in die Schranken zu weissen.

Dominanz der grossen Cloud Provider

Die Entwicklung neuer Anwendungen verlagert sich zunehmend in die Cloud, auch weil immer mehr Anwendungen mobil genutzt werden. Das beeinflusst auch die Erwartung an die dahinterliegende IT, die flexibler, verteilter und hybrid arbeiten muss.

Dieser Cloud-First-Ansatz bedeutet, dass Wachstum im Bereich Hardware-Infrastruktur mit Webscale-Architekturen einhergehen wird. Cloud-Provider bieten aus Sicht der Analysten ein Überangebot an Leistung an. Diese kann aber nicht unbedingt in mehr Effizienz für den Kunden umgemünzt werden. Provider werden deshalb an effizienteren Datacentern arbeiten, was sich auf den gesamten Rechenzentrenmarkt auswirken werde.

Managed Services Provider könnten unter Druck geraten

Die traditionellen Managed Services Provider (MSP) und Infrastruktur-Anbieter schaffen es laut Gartner nicht, mit ihren PaaS-Angeboten gegen die grossen, wie Amazon, Google, IBM, Microsoft oder den chinesischen Anbieter Baidu zu bestehen.

Die künftige Rolle des MSPs könnte sich auf die des Managed Service Brokers beschränken. Mit der zunehmenden Kraft der grossen Cloud-Provider wird es zudem härter für traditionelle Cloud-Anbieter. In absehbarer Zeit werden die grossen Provider den IaaS- und den PaaS-Markt dominieren und die Preise für RZ-Infrastruktur vorgeben.

Wirtschaftskrieg: Wer kontrolliert den Cloud-Markt von morgen?

Gartner verfällt in Ost-West-Denken in seiner Analyse. Demnach könnten östliche und westliche Anbieter von RZ-Infrastrukturen nicht friedlich mitenander wirtschaften. Stattdessen würden die beiden Lager in jedem Markt versuchen, ihren Einfluss geltend zu machen. Dieses Ringen werde den Markt in Bewegung halten.

Für seine These verweist Gartner auf die Ankündung der BRIC-Staaten eine eigene Entwicklungsbank aufbauen zu wollen, als Gegengewicht zur Weltbank. Ein ähnliches Vorgehen erwarten die Analysten im Technologie-Bereich. China unterstützt seine Wirtschaft bei der Entwicklung neuer Technik, um sich aus seiner Abhängikeit von der westlichen Welt zu lösen.

China, mit seinem wachsenden Wissen, anerkannten Marken und zunehmenden Ressetiments gegenüber den USA, dürfte in etwa drei Jahren seinen Marktanteil am RZ-Infrastrukturgeschäft um zwei Prozent ausbauen – auf Kosten des Westens.

Snowden-Effekt fördert die Fragmentiertung des Markts

Da aufgrund des NSA-Skandals immer mehr Kunden den Cloudmultis misstrauen, geht der Trend hin zu landeseigenen Lösungen. Gartner sieht eine Rückkehr der kleinen lokalen Assemblierer. Diese könnten zwar die wirtschaftliche Skalierbarkeit der grossen Hersteller wie HP oder Dell nicht komplett decken.

Aber ein wachsendes Ökosystem von Open-Source-Hardware dürfte helfen, das Problem zu lösen. Im Extremfall könnte die Regionalisierung dazu führen, dass es lokale Mainboard-Hersteller geben wird und die Konzentration an Herstellern in China ein Fall für die Geschichtsbücher wird.

Einflüsse entfalten ihre Wirkung

Die Einflüsse dieser disruptiven Kräfte würden bereits wirken, sagt Joe Skorupa, Vice President und Analyst bei Gartner. Jedoch würden diese Einflüsse ihre volle Wirkung erst zirka 2016 sichtbar entfalten.

Techniken, die eine rasche Umwälzung erlauben würden, gäbe es aber bereits heute genug, glauben die Analysten. Hierzu zählen Software defined Networking, Software defined Storage, die Virtualsierung von Netzwerken oder Niederenergie-Prozessoren.