Mobile Payment

«Der Branche fehlt ein Whatsapp-Effekt»

Uhr | Aktualisiert
von George Sarpong

Banken, Handel und IT-Häuser ringen um die beste Lösung für das Mobile Payment. Professor Andreas Dietrich von der Hochschule Luzern beschäftigt sich mit Zahlungssystemen. Er spricht über die Hindernisse auf dem Weg zum flächen­deckenden Einsatz von Mobile Payment in der Schweiz und darüber, wer das Rennen für sich entscheiden könnte.

Andreas Dietrich, Professor am Institute of Financial Services Zug IFZ. (Quelle: Zug IFZ)
Andreas Dietrich, Professor am Institute of Financial Services Zug IFZ. (Quelle: Zug IFZ)

Derzeit buhlen unzählige Mobile-Payment-Lösungen um Kunden. Dieser Wildwuchs bringt doch niemandem etwas.

Andreas Dietrich: Gerade weil Mobile Payment im Kommen ist, lancieren so viele Dienstleister neue Lösungen. Speziell für Banken verspricht Mobile Payment ein wichtiges Geschäft zu werden. Da Kunden kaum mehrere Lösungen parallel nutzen werden, ist es attraktiv, hier im Lead zu sein. Deshalb bieten auch mehrere Banken Mobile-Payment-Lösungen an.

Was macht den Schweizer Markt für Anbieter so attraktiv?

Die Anbieter messen den Daten ihrer Kunden einen hohen Wert bei. Mit den gesammelten Informationen lässt sich ihr Konsumverhalten analysieren. Verliert man den Kunden und dessen Zahlungsverhalten an externe Player ist dies aus Bankensicht natürlich sehr schlecht. Daher ist dieses Geschäft für Banken strategisch relevant. Die Bank weiss dann etwa, dass ein Kunde oft in der Oper und im Kunsthaus war. Sie könnte ihren Service und ihre Angebote dadurch personalisieren und einem Kunden etwa einen Gutschein für den Besuch der nächsten Museumsnacht schenken, anstatt für ein FC-Zürich-Match.

Das sind aber noch Zukunftswünsche. Was fehlt, damit sich Mobile Payment in der Schweiz durchsetzen kann?

Momentan wird viel über die Technik diskutiert, aber zu wenig darüber, was es eigentlich dem Kunden bringt. Zu unterscheiden sind hier aus meiner Sicht das Bezahlen an der Kasse oder im Onlinehandel einerseits und das P2P-Payment andererseits. Im P2P-Payment gibt es viele praktische Anwendungsfälle. Wenn etwa der Bowlingabend 40 Franken pro Person kostet und mal wieder alle eine 100er-Note zücken und keiner rausgeben kann. Auf der anderen Seite gibt es aber auch das lukrativere Geschäft an der Kasse (Point of Sale). Hier muss entweder die Geschwindigkeit der Transaktionen im Vergleich zu NFC-Kreditkarten gesteigert werden oder aber es muss ein Zusatznutzen mit dem Einkauf via Mobile möglich sein. Ansonsten sehe ich wenige Gründe, warum ich statt mit der Karte mit dem Handy bezahlen soll.

Welche weiteren Hindernisse sehen Sie?

Das Netzwerk muss deutlich grösser werden. Der Branche fehlt ein «Whatsapp-Effekt». Damit meine ich, dass möglichst viele Marktteilnehmer die gleiche Technik nutzen müssen, um von einem Dienst profitieren zu können. Es wird daher wichtig sein, dass sich ein bis zwei Systeme durchsetzen werden, für die sich die Kunden dann auch interessieren respektive die für sie nutzbringend sind.

Wem könnte das am ehesten gelingen?

Paymit, Twint und Migros-Bank dürften momentan die relevanten inländischen Anbieter sein. Bei den Banken zeichnet sich ein Zweikampf zwischen Paymit und Twint ab, da das System der Migros Bank nicht offen ist für andere Banken. Derzeit besitzt Paymit den Vorteil, dass es über ein gutes Netzwerk verfügt und viel in Werbung investiert. Paymit hat derzeit bereits mehr als 100 000 Anwender. Der Vorteil von Twint ist, dass bereits Zahlungen am POS mögliche sind, man also auf diesem Feld schon weiter ist.

Haben Schweizer Angebote überhaupt eine Zukunft, wenn erst einmal Apple, Google und Samsung mit ihren Lösungen auf den Markt drängen werden?

Ich glaube an den Erfolg von einheimischen Lösungen. Nach einer Studie unserer Hochschule, an der sich rund 500 Schweizer beteiligten, bevorzugen Kunden hierzulande grundsätzlich eine einheimische Payment-­Lösung. Ich könnte mir entsprechend vorstellen, dass sich letztlich eine internationale und eine nationale Lösung durchsetzen werden.

Momentan wird die Abschaffung des Bargelds diskutiert. Ebnet Mobile Payment den Weg in eine bargeldlose Zukunft?

Mobile Payment wird Einfluss auf die Barzahlung haben und diese im Laufe der Zeit teilweise ersetzen. Die Überweisung von einem Peer zu einem anderen ist etwa ein Bargeldersatz. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass wir auch in zehn Jahren noch mit Bargeld bezahlen werden.

Welche Marktplayer interessieren sich für Mobile Payment?

Als Erstes interessieren sich natürlich Banken für das Geschäft mit den Zahlungsströmen. Dann sind Kreditkartenunternehmer extrem interessiert an dem Geschäft, wegen der Geldströme, die abhängig vom Mobile-Payment-Modell über sie abgewickelt werden. Auch die Telkos haben sich eingeschaltet, konnten sich aber nicht durchsetzen, etwa mit der Lösung Tapit. Und schliesslich haben auch Technologiekonzerne wie Facebook, Apple oder Samsung mobile Zahlungslösungen entwickelt.

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