Kolumne

G wie Guter Rat

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von Christopher Müller

Christopher Müller ist Inhaber und CEO von Die Ergonomen Usability AG.

Christopher Müller, CEO und Inhaber Die Ergonomen.
Christopher Müller, CEO und Inhaber Die Ergonomen.

Theorie: Guter Rat – auch Support genannt – gilt in der IT gemeinhin als selten oder teuer, zumal, wenn es um die Sicherheit geht. ­Gelegentlich ist er auch gratis, gut gemeint und unbrauchbar.

Realität: Etwa WLAN: Fast alle haben es, doch nur wenigen ist klar, dass es mit einem sicheren Passwort geschützt werden sollte. Die Provider wissen das natürlich und wollen es neuerdings an ihre Kunden weitergeben. So auch an Tom, Digital Immigrant und spätberufener Facebook-Fan: Man wolle ihn darüber informieren, steht in derE-Mail des Internetanbieters, dass das werkseitige Standardpasswort seines WLAN-Netzes möglicherweise von Unbefugten erraten werden könne. Missbrauch sei möglich, Gefahr im Verzug. «Standardpasswort?», denkt sich Tom. «Unbefugte? Missbrauch? Das klingt nicht gut.» Falls noch nicht erledigt, möge er doch ein «persönliches Passwort» setzen. Wie das gehe, zeige die Anleitung unter dem Link. Tom klickt drauf, und schwupp wird’s kompliziert: Mindestens 20 Zeichen soll die Phrase haben, willkürlich soll sie sein, Sonderzeichen enthalten etc. Er stolpert über den Begriff «FAQs». Was ist das denn – ein Schreibfehler vielleicht? Schliesslich findet er die Anleitungen. Doch damit gewinnt er nichts: WLAN-Name, WLAN-Passwort – was wofür? Admin-Bereich des Modems – wie bitte? Was heisst SSID? Tom versteht diese Sprache nicht, weiss nicht, was passiert, wenn er täte, was man ihm rät. Er hat Angst, etwas kaputt zu machen. Also tut er, was irgendwann alle tun, die mit schlechten Anleitungen hadern: Er ruft den Kundendienst an. Dort, hofft er, würde ihm jemand erklären, was er da liest, oder ihm gleich aus der Patsche helfen.

Fazit: Tom wurde zwar geholfen, doch es blieb ein mulmiges Gefühl zurück. Der Provider musste zwei Wochen lang sein Callcenter verstärken, weil es viele gibt wie Tom. Das hätte vermieden werden können, wenn sich nur jemand überlegt hätte, wer genau hier beraten werden soll und in welcher Sprache, mit welchem Wortschatz.

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