Infosocietydays - Tag 2

Verwaltungen bremsen die IT aus

Uhr | Aktualisiert
von David Klier

Selber bauen oder einkaufen? Schweizer Verwaltungen stehen offenbar oft vor dieser Frage. Eine eindeutige Antwort gibt es nicht, wie sich am Swiss E-Government-Forum zeigte.

Wie sieht die richtige IT-Lösung für eine Schweizer Verwaltung aus? Die Frage sei nicht so leicht zu beantworten, sagte Renate Amstutz zu Beginn des zweiten Tages der Infosocietydays in Bern.

Amstutz ist die Direktorin des Schweizerischen Städteverbands. "Eine Stadt kann sich heute keinen Alleingang mehr leisten", sagte sie. Partnerschaften seien gefragt. Doch mit wem? Zwischen den Städten und Gemeinden? Zwischen den Kantonen? Ist Outsourcing der richtige Weg?

Technologie humanisieren statt Gesellschaft technologisieren

Eine Antwort blieb Amstutz schuldig. Die IT könne eine wichtige Triebfeder sein, sagte sie stattdessen. Letztlich müssten aber die Menschen im Mittelpunkt stehen. Nicht die Technologie.

Denn in den Verwaltungen arbeiten Menschen. Und in den Städten leben Menschen. Statt eine Technologisierung der Gesellschaft strebt Amstutz deshalb eine Humanisierung der Technologie an.

Nach der beinahe mahnenden Einführung kam Beat Kobler auf die Bühne. Kobler ist CIO und Ressortleiter der KSD, das IT-Unternehmen des Kantons und der Stadt Schaffhausen.

Keine Silo-Lösungen aufbauen

Die Strategie der KSD habe sich in den letzten 30 Jahren nach Erhebungen von MSM Research ausgerichtet, sagte Kobler. Die Marktforscher haben ihren Sitz in Schaffhausen. Kobler zeigte diverse Grafiken und Zahlen von MSM.

In den vergangenen Jahren habe er die Erfahrung gemacht, dass Investitionen in erster Linie durch die IT selbst statt durch das "Business" getrieben wurden. Ausserdem habe sich eine "Schatten-IT" entwickelt. Jede Abteilung arbeite an eigenen Projekten. Es entstünden "Silo-Lösungen" ohne funktionierende Schnittstellen. "Das ist schlecht", sagte Kobler.

Er erwartet, dass Verwaltungen in diesem Jahr mehr auf externe Dienstleister angewiesen sein werden. Outsourcing und Managed Services würden zunehmen. "Das alles ist durch Umfragen in Unternehmen und Behörden erhärtet worden", sagte Kobler und zeigte auf seine Slides mit Zahlen von MSM Research.

Prozesse kennen, die man digitalisieren will

Mittelfristig – für Kobler ein Zeitraum von drei Jahren – werden sich bei Schweizer Verwaltungen hybride Systeme etablieren. Sensible Daten würden die Behörden und Verwaltungen intern behalten. Der Reste lande bei externen Dienstleistern.

Grundsätzlich müsse man allerdings wissen, wofür man überhaupt IT benötige. "Ich muss die Prozesse kennen, die ich digitalisieren will", sagte Kobler. Es sei unabdingbar zu wissen, was die Anforderungen an die IT seien.

Folgende Bereiche verwaltet Schaffhausen über die KSD noch selbst:

  • Amt für Lebensmittel und Umweltschutz
  • Öffentliche Verkehrsbetriebe (VBSH)
  • Schaffhauser Polizei (nur zum Teil)
  • Spitäler in Schaffhausen
  • Primar- und Kantonsschulen
  • Gemeinden

Folgende Bereiche sind in Schaffhausen ausgelagert:

  • Fachapplikation Steuern
  • Fachapplikation Strassenverkehrsamt
  • Fachapplikation Einwohnerdienste
  • Output Management (Drucker)

In- und Outsourcing hätten beide ihre Daseinsberechtigung. Verwaltungen müssten abwägen, in welchen Bereichen sie selbst entwickeln und flexibel bleiben wollten.

Entscheidungen können sich über Monate hinziehen

Dem schloss sich Thomas Berger an. Er ist Dienststellenleiter Zentrale Informatikdienste Basel-Stadt. "Die Art und Weise, wie IT-Dienstleistungen bereitgestellt werden, verändert sich rasant", sagte er.

Das ist offenbar ein Problem für die internen IT-Dienstleister der Verwaltungen. Die Finanz- und personalrechtlichen Prozesse der Verwaltungen seien sehr träge. Entscheidungen könnten sich zum Teil über Monate hinziehen. Dadurch sei der "verwaltungsinterne Leistungserbringer" nicht sehr flexibel, sagte Berger.

Keine Schicksalsgemeinschaften eingehen

Es entstehe ein Spannungsfeld. Die träge Verwaltung auf der einen Seite, die rasante, flexible IT auf der anderen. Wenn der interne IT-Dienstleister nicht mehr reagieren könne, weil er durch die Bindung an die Verwaltung ausgebremst werde, müsse man auf externe Dienstleister zurückgreifen. Die internen IT-Abteilungen würden sich dadurch zum Cloud-Service-Broker wandeln.

Einfach alles outsourcen sei jedoch nicht möglich, sagte Berger. Nur Standardservices, sogenannte Commodities, dürften in die Hände Dritter gegeben werden. Man solle keine Probleme outsourcen. "Zuerst konsolidieren und standardisieren. Dann outsourcen", sagte Berger. "Gehen Sie keine Schicksalsgemeinschaft mit einem Provider ein."

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