Editorial

So lebt es sich mit einer Quartier-App

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Christoph Grau, stellvertretender Chefredaktor, Netzwoche (Source: Netzmedien)
Christoph Grau, stellvertretender Chefredaktor, Netzwoche (Source: Netzmedien)

Vor einem halben Jahr bin ich ins neue Wohnquartier Greencity in ­Zürich gezogen. Bei der Wohnungsbesichtigung war eines der Argumente des Vermieters, dass es eine App für die gesamte Siedlung gebe. Mit dieser App, entwickelt von der Basler Firma Allthings, soll das Gemeinschaftsleben in der Siedlung gefördert werden. Auf einem Siedlungsforum können die Bewohner Fragen stellen oder nach Hilfe suchen. Beliebt ist, sich gegenseitig etwa Werkzeuge wie Schlagbohrer oder Küchengeräte zu verleihen. Ein einfacher Post reicht aus und man kann sich das Gerät bei einem Nachbarn borgen.

Auch für Tipps im Alltag, etwa zu guten Restaurants in der Nähe oder Gemeinschaftsaktivitäten, eignet sich das Forum sehr gut. Häufig finden sich auch verlorene Gegenstände auf diese Weise wieder, oder es wird nach vermissten Haustieren gesucht. Beliebt ist auch das Verkaufen oder Verschenken von Gegenständen, wie etwa ­Kindervelos, alten Möbeln oder anderen Gebrauchsgegenständen.

Die Forumsfunktion ist jedoch nicht alles. Die App hat auch einen Cloud-Speicher, worauf Dokumente zur Wohnung abgelegt und jederzeit digital verfügbar sind. Dazu gehören der Grundriss, die Hausordnung oder die Gebrauchsanweisungen für die technischen Geräte in der Wohnung. All diese Features funktionieren tadellos. Nach einem eher schleppenden Start wird das Forum von den Bewohnern immer reger ­genutzt.

Auch etwas «Smarthome» bietet die App. Seit Kurzem kann jeder Haushalt einsehen, wie hoch der eigene Strom- und Wasserverbrauch in den letzten Monaten war. Der Wert wird nicht nur personalisiert angezeigt, sondern auch in Relation zum Durchschnitt der Siedlung gesetzt. Dies ist insofern wichtig, da die Siedlung eines der Vorzeigeprojekte für die Realisierung der 2000-Watt-Gesellschaft ist. Der durchschnittliche Energieverbrauch darf daher nicht über diesem Wert liegen. Laut den Machern der App kann die Verwaltung nur den Durchschnittswert einsehen, aber nicht den Verbrauch der einzelnen Haushalte. Massnahmen für einen geringeren Energieverbrauch können daher nur an die Allgemeinheit adressiert werden.

Zunächst war ich recht skeptisch, was die App betrifft. Inzwischen bin ich aber immer mehr davon überzeugt. Ich hoffe, dass in Zukunft noch weitere Funktionen hinzukommen. Mehr Smarthome-Funktionen, wie etwa die Parkplatzverwaltung, ein digitaler Waschplan oder eine Chat-Funktion mit der Verwaltung, wären nur einige Ideen. Auch eine Schnittstelle zu meinem eigenen kleinen Smart­home würde mich freuen, damit ich Apps einsparen kann. Das Potenzial ist sehr gross, nur darf die Entwicklung der App mit den aktuellen Funktionen nicht stehenbleiben. Ansonsten geht es der App wie anderen App-Leichen auf den Smartphones – sie geraten in Vergessenheit.

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