Videokonferenzen

Cloud Computing löst nicht alle Probleme

Uhr | Aktualisiert
von Marcel Urech

Videokonferenzlösungen haben in Unternehmen einen schlechten Ruf: Zu teuer, zu umständlich, zu kompliziert. Macht Cloud Computing Videokonferenzen wieder sexy? Frost & Sullivan meint ja. Doch der Marktforscher erzählt nur die halbe Wahrheit.

(Quelle: Netzmedien AG)
(Quelle: Netzmedien AG)

Spätestens seit der Einführung von Apples Facetime im Juni 2010 sind Videokonferenzen auch in der Schweiz im Consumer-Markt angekommen. Wie aber sieht es im Business aus? "Für Firmen war die Technologie in den letzten Jahren eine grosse Herausforderung", schreibt Frost & Sullivan in einem White Paper, das Ende März 2013 veröffentlicht wurde. In "Overcoming the Challenges of Pervasive Video" untersucht der Marktforscher, warum Videokonferenzen in vielen Firmen noch immer unbeliebt sind und wie die Cloud gerade dabei ist, dies zu ändern. Wer sich einen Wettbewerbsvorteil erkämpfen wolle, müsse über die Technologie nachdenken, kommen die Autoren zum Schluss. Denn eines sei klar: "Organizations that collaborate better perform better", schreiben die Autoren und meinen damit Videokonferenzen als Kollaborationstool. 

Ein Imageproblem

Die Gründe für die Nutzung von Videokonferenzen in Firmen liegen auf der Hand: Zeit und Kosteneinsparung, eine vergleichsweise hohe Umweltverträglichkeit und eine schnelle Erreichbarkeit mit visuellen Feedbacks in Echtzeit. Trotzdem hat sich die Technologie im Businessumfeld nicht durchgesetzt. Warum nur? Videokonferenzen seien für Firmen schlicht zu teuer, meint Frost & Sullivan. Diese betrieben ihre Lösungen nämlich meist inhouse und auf kostenintensiver Hardware vor Ort. Modelle wie Scale-on-Demand, die Ressourcen dynamisch verteilen, seien bei IPbasierten Kommunikationslösungen zudem noch nicht verbreitet. Weitere Gründe, die der Marktforscher gegen Videokonferenzen aufführt, zeigen, warum sie im Businessumfeld nie richtig Fuss gefasst haben: Die Technologie hat ein Imageproblem. Videokonferenzen seien nämlich nicht nur teuer, sondern auch komplex in der Anwendung, kaum standardisiert und ein Albtraum für Administratoren. Dieses Bild hat sich offenbar in den Köpfen vieler Business-Entscheider festgesetzt. 

Die Cloud als Retter?

Die Kinderkrankheiten der IP-basierten Kommunikationslösungen seien nun geheilt, sagt Frost & Sullivan, und nennt auch gleich die Lösung aller Probleme: Cloud Computing. "Die Datenwolke ermöglicht B2B-Kommunikation über alle Geräte und Netzwerke hinweg", so die Autoren des Berichts, "und sie macht Videokonferenzen so einfach wie die Telefonie." Vor dem Aufkommen der Cloud habe die Technologie meist Insellösungen für eine beschränkte Benutzergruppe mit hohen Investitions- und Gesamtbetriebskosten (TCO) geschaffen. Nun aber liege der Fokus auf den Betriebskosten, und diese würden dank flexibler Abo-Modelle in der Cloud stetig fallen. Die Administration sei zudem einfacher geworden, da die Infrastruktur oft von Drittanbietern unterhalten werde. Diese würden sich auch um das Aufspielen von Updates und die nötige Sicherheit kümmern. Und, ganz wichtig: Die Kosten seien für Unternehmen sehr einfach kalkulierbar geworden, so Frost & Sullivan. 

Nur die halbe Wahrheit 

Das Fazit der Autoren ist eindeutig: Videokonferenzen über die Cloud reduzieren die Kosten und die Time-to-Market, regen das Wachstum an und beschleunigen Entscheidungsprozesse. Oft helfe die Technologie den Mitarbeitern sogar, neue Wege zu finden, ihren Geschäftsalltag effizienter zu gestalten. Dass viele Business-Entscheider die Möglichkeiten von Cloud Computing noch nicht kennen, mag stimmen. Doch Frost & Sullivan sagt nur die halbe Wahrheit: So findet sich kein Wort über die Gefahr neuer Abhängigkeiten von Drittanbietern, die bei Cloud Computing durch Lock-ins oder nicht vorhandene Schnittstellen entstehen können. Auch rechtliche Probleme und der Verlust von internem Know-how werden nicht thematisiert. Der Cloud mag es gelingen, Videokonferenzen wieder sexy zu machen – aber alle Probleme wird auch sie nicht lösen können.