Codecheck-App für Blinde und Sehbehinderte im Test

Uhr | Aktualisiert

Codecheck hat kürzlich eine neue Version der Codecheck-App auf den Markt gebracht. Eine Sprachsteuerung soll die Anwendung erleichtern. Die Netzwoche hat die App in Zusammenarbeit mit "Zugang für alle" getestet.

Die Codecheck-App verfügt neu über eine Sprachsteuerung.
Die Codecheck-App verfügt neu über eine Sprachsteuerung.

Die Zürcher Firma Codecheck bietet eine iPhone-App für Blinde oder sehbehinderte Personen an. Durch Scannen des Strichcodes auf der Verpackung erkennt die App das Produkt.

Die Zusatzfunktion Scanguide führt den Nutzer durch Richtungshinweise mittels einer künstlichen Stimme zum Strichcode. Sobald die Position der Handykamera stimmt, erkennt die App den Strichcode, wie Codecheck schreibt. Die künstliche Stimme nenne daraufhin das Produkt und zusätzlich die Inhaltsstoffe, sofern diese in der Codecheck-Datenbank gespeichert sind.

Die Netzwoche hat bei der Stiftung Zugang für alle nachgefragt und wollte wissen, wie gut sich das Produkt im Alltag bewährt. Daniele Corciulo hat die App getestet. Er verfügt noch etwa über 1,5 Prozent an Sehkraft und arbeitet als Accessibility Consultant bei der Stiftung Zugang für alle, die sich für eine behindertengerechte Technologienutzung einsetzt.

Herr Corciulo, sie haben die App schon mehrfach im Alltag getestet – sind Sie davon überzeugt?

Ja, grundsätzlich schon. Ich finde es generell eine gute Sache, die App hilft, wenn man im Alltag diese Codes auslesen will. Auch die Sprachunterstützung finde ich gut. Die Sache hat aber auch einen Haken.

Nämlich?

Nun, der Strichcode muss sich in einem bestimmten Kamerafeld befinden, damit man ihn erkennen kann. Andere Apps sind da weniger kompliziert.

Wo liegt denn genau das Problem?

Das Kamerafeld, in dem sich der Code befinden muss, ist ziemlich klein. Das erfordert manchmal ziemliche Geduld. Ich lebe mit meiner Freundin zusammen und wir haben zu Hause im Vorratsschrank verschiedene Verpackungen, die einander ziemlich ähnlich sind und sich auch ähnlich anfühlen, so dass ich rein durch Tasten nicht herausfinden kann, um welche Verpackung es sich handelt. Ich habe in einem solchen Fall einmal zehn Minuten lang versucht, den Code zu checken, aber schliesslich dauerte es mir zu lange und ich habe die Packung geöffnet, in der Hoffnung, die richtige erwischt zu haben. Ich hatte Glück.

Zehn Minuten sind eine lange Zeit, da hatten Sie ziemliche Geduld.

Nun, so lange dauert es nur, wenn ich die Packung wie gesagt kaum von anderen Verpackungen unterscheiden kann und auch Mühe habe, den Strichcode zu finden, weil er nicht klar vom restlichen Text abgegrenzt ist.

Wie lange dauert es denn im besten bzw. im schlechtesten Fall, einen Strichcode zu entziffern?

Das ist schwierig zu sagen. Ich würde schätzen, dass es im besten Fall etwa fünf Minuten und im schlechtesten Fall zehn Minuten und mehr dauert, um den Strichcode zu erkennen.

Sie haben gesagt, andere Apps seien besser? Welche denn zum Beispiel?

Redlaser beispielsweise hat einen besseren Mechanismus, weil sich der Barcode einfach irgendwo im Suchfeld der Kamera befinden muss. Das vereinfacht das Auslesen des Barcodes um ein Vielfaches. Das Problem dabei: Redlaser dient dazu, unter anderem dazu, Preise zu vergleichen und Geschäfte zu finden. Damit kann ich keine Produktebarcodes scannen und erkennen. Daher kann ich Redlaser nicht als Alternative zu Codecheck nutzen.

Das heisst, wenn man die Technologie von Redlaser mit der Datenbank von Codecheck kombinieren könnte, hätte man eine optimale Lösung?

Ja, genau.

Würden Sie die App trotzdem weiterempfehlen?

Auf alle Fälle, ja. Auch für Leute, die sich für die Technologie interessieren.

Hätten Sie noch einen Verbesserungsvorschlag für die App?

Wünschenswert wäre, wenn auch das Auslesen des Ablaufdatums und der Zubereitungsart möglich wäre. Dies lässt sich vermutlich kaum im Strichcode definieren. Eventuell liesse es sich mit einem QR-Code lösen. Eine solche Möglichkeit wäre natürlich cool, oder anders gesagt, es würde die gleiche Bequemlichkeitsstufe bieten, die einem Sehenden zur Verfügung steht.

Roman Bleichenbacher, Gründer und Geschäftsführer von Codecheck.info, kennt das Problem von Corciulo. Dies nicht zuletzt, weil Codecheck die App unter anderem in Zusammenarbeit mit Blinden, als auch dem Schweizerischen Blindenverband entwickelt und getestet hat.
Mit der Sprachunterstützung, die seit einer Woche in der erweiterten Version zur Verfügung stehe, habe man versucht, dieses Problem zu lösen, was laut Corciulo zwar Verbesserungen gebracht aber das Grundproblem mit dem kleinen Kamerafeld nicht gelöst hat.
Neu ist auch, dass man das Produkt nun in einer gewissen Entfernung mit der Kamera filmen kann und dann durch langsames Drehen des Produktes der Barcode identifiziert wird. Dank der Sprachunterstützung soll dieser in die richtige Position vor der Kamera gebracht und erkannt werden.

Leider sei das kleine Kamerafeld, in dem sich der Barcode befinden müsse, immer noch da, "das können wir nicht ändern", so Bleichenbacher. Die Kameras der Handys hätten auch noch nicht so eine gute Auflösung, fügt er hinzu, damit der Strichcode aus einer grösseren Distanz gelesen werden kann. "Die Neuerung war aufwendig, drei Entwickler haben daran gearbeitet". Für ihn sei es daher wichtig, Feedbacks von sehbehinderten oder blinden Personen zu erhalten, denn schlussendlich gehe es darum, das Produkt so weit wie nur möglich an die Bedürfnisse der Nutzer anzupassen. Er weist auch darauf hin, dass die Testpersonen, mit denen er gearbeitet habe, den Barcode in einer kürzeren Zeit gefunden hätten als Corciulo.  

Die Codecheck-App ist seit März 2010 auf dem Markt und kann auch online unter www.codecheck.info genutzt werden.