Projekt "Trivium"

"Es ist klar, dass sich solche Projekte nicht endlos skalieren lassen"

Uhr | Aktualisiert
von Simon Zaugg

Entris Banking hat 42 Banken auf die Kernbankenlösung von Finnova migriert und damit vor wenigen Wochen das Grossprojekt "Trivium" abgeschlossen. Im Interview ziehen CEO Philipp Perego und der Projektverantwortliche René Kohler Bilanz.

Philipp Perego (links) und René Kohler (rechts) ziehen eine positive Bilanz des Projekts "Trivium". (Quelle: Entris Banking)
Philipp Perego (links) und René Kohler (rechts) ziehen eine positive Bilanz des Projekts "Trivium". (Quelle: Entris Banking)

Meine Herren, Entris Banking hat in den letzten zwei Jahren ein grosses IT-Migrationsprojekt abgeschlossen. Ihr Fazit?

Philipp Perego: Unsere Kunden haben sich 2008 dazu entschieden, die Kernbankenlösung zu modernisieren und auf die Finnova-Plattform zu migrieren. 2009 startete das Projekt mit 42 Banken. Die ersten Banken wurden dann Anfang 2011 migriert, über Pfingsten waren die letzten 12 Banken dran.

René Kohler: Beim Projekt ging es zudem nicht einfach nur um einen Plattformwechsel, sondern auch um einen bankfachlichen Neustart. Mit der Plattform haben wir auch straffere Prozesse und schlankere Strukturen eingeführt. Das hiess für uns, dass wir zu Beginn gemeinsam mit den Kunden und unseren Partnerunternehmen ganz akribisch die bankfachlichen Anforderungen definieren mussten. Dabei galt es zu bedenken, dass es zwischen den verschiedenen Banken doch erhebliche Unterschiede gab, nur schon, was die Grösse angeht: der grösste Kunde hat rund 1000 Mitarbeiter, der kleinste sechs. Die Implementierung geschah dann in fünf Gruppen. Anders hätten wir die Komplexität des Projekts nicht bewältigen können.

Gab es Stolpersteine?

Perego: Die Banken hatten am Anfang Bedenken, was die Standardisierung angeht, weil sie das Gefühl hatten, sie seien anschliessend unflexibler. Wir zeigten dann, dass die Vielfalt der Standardmodule – ähnlich wie bei Lego-Bausteinen – viele Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Unter anderem deshalb ist dieser Vorbehalt heute kein Thema mehr.

Business Process Outsourcing ist in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern, und hier besonders im angelsächsischen Raum, noch wenig verbreitet. Bemerken Sie bei den Regionalbanken einen Bedarf an BPO?

Perego: Wir sind überzeugt, dass die Finanz-, Schulden- und Politkrise nicht nur ein Gewitter ist, sondern ein Klimawandel. Im Banking werden sich ganz grundlegende Dinge ändern. Wir merken klar, dass man sich in den Chefetagen der Banken dieser Probleme immer bewusster wird. Der Leidensdruck steigt. Klar ist, dass es nicht unwahrscheinlich viele Möglichkeiten gibt, Kosten zu senken. IT-Outsourcing und BPO gehören dazu. Die Hemmschwelle bei den Banken zu diesem Schritt ist unterdessen deutlich gesunken. Hier haben wir als Dienstleister, der vom Endkundengeschäft unabhängig ist, eine gute Position. Wir mussten zuletzt sogar Anfragen ablehnen.

Das klingt nach einem Luxusproblem. Finden Sie denn nicht genügend Spezialisten, um zusätzliche Projekte realisieren zu können?

Kohler: Nicht unbedingt. Es ist klar, dass sich solche Projekte nicht endlos skalieren lassen. Insgesamt waren rund 600 Spezialisten in das Projekt involviert, zu Spitzenzeiten am Anfang 400 davon parallel. Da ist es eine grosse Herausforderung, alle richtig zu informieren und dafür zu sorgen, dass alle effizient arbeiten. Irgendwann ist man da einfach am Anschlag. Letztlich ist die Qualität entscheidend. Es sind viele sensible Daten im Spiel, bei denen nichts schiefgehen darf.

Im vergangenen Jahr hat sich ja das eine oder andere getan im Schweizer Markt der IT-Banking-Dienstleister, beispielsweise hat Avaloq die Mehrheit an B-Source übernommen. Wie positioniert sich Entris?

Perego: Der zentrale Unterschied zwischen uns und B-Source ist, dass wir den Finnova-Markt ansprechen und B-Source den Avaloq-Markt.

Wie viel Potenzial sehen Sie denn derzeit in diesem Finnova-Markt?

Perego: Bei jenen, die bereits eine Kernbankenlösung haben, stellt sich die Frage, ob sie auch Businessprozesse auslagern wollen. Es gibt zudem ein grosses Potenzial im Kreditbereich. Noch hat praktisch keine Schweizer Bank die Kreditbearbeitung ausgelagert. Da wird sich einiges tun in den nächsten Jahren. Dann gibt es Banken, die derzeit eher veraltete Kernbankenlösungen im Einsatz haben. Die werden sich irgendwann einmal entscheiden müssen. Ein grosses Potenzial sehe ich zudem darin, dass die Banken aufgrund einer weitgehend standardisierten IT untereinander Synergien erzeugen können. Daraus entsteht einerseits eine Konvergenz innerhalb des Finnova-Marktes. Und andererseits ergeben sich vielleicht ja dereinst auch Synergien mit anderen Plattformen.