Bislang keine "Massenflucht" aus den USA

Schweiz profitiert kaum von Prism

Uhr | Aktualisiert

Kunden von US-Hostern verlagern ihre Daten wegen des NSA-Überwachungsprogramms bislang nicht im grossen Stil in die Schweiz. Auswirkungen zeigt der Schnüffelskandal dennoch.

Tiefschwarz malten Analysten die Zukunft amerikanischer Cloud-Anbieter als Folge des NSA-Überwachungsskandals. "Prism" werde in den nächsten drei Jahren zu Einnahmeverlusten von bis zu 35 Milliarden US-Dollar führen, prognostizierte die Information Technology and Innovation Foundation. Und gar auf bis zu 180 Milliarden Dollar schätzte ein Forrester-Analyst den zu erwartenden Schaden. Nicht in dieses Klagelied einstimmen mochte dagegen Netcraft. In der aktuellen Untersuchung des weltweiten Hosting-Geschäfts zogen mehr Websites in die USA als von dort weg.

Die These, dass Unternehmen als Folge von Prism nun in Schweizer Rechenzentren als "sichere Häfen" flüchten, lässt sich derzeit nicht belegen. Dies bestätigt etwa Yvonne Thoma, Head of Manufacturing Industries und Cloud Services bei HP Schweiz: "Generell stellen wir eine verstärkte Nachfrage nach Cloud-Services fest. Dies hat aber nicht unbedingt mit Prism zu tun, sondern hängt vielmehr mit dem allgemeinen Trend hin zu Cloud-Lösungen zusammen." Für gewisse sensible Branchen dürfte die Attraktivität der Schweiz steigen. "Wir hatten zwei, drei zusätzliche Anfragen von Finanzportalen", sagt Kaspar Geiser, Geschäftsführer von Aspectra. Er rechnet aber nicht damit, dass Unternehmen nun scharenweise von US-Dienstleistern wegziehen. 

Sensibilisierung wächst

Der Schutz und die Sicherheit ihrer Daten beschäftigte Unternehmen schon vor Prism. Schweizer und europäische Rechenzentren sind auch aus gesetzlichen Aspekten interessant, gerade für Unternehmen, die strengen Regulatorien unterworfen sind, etwa aus dem Finanzbereich. Diese Erfahrung machte René Mulder, Director Sales bei T-Systems Schweiz: "Wer zu uns kam und kommt, hat sich bereits im Vorfeld darüber Gedanken gemacht, dass ein europäischer Dienstleister einen anderen Umgang mit diesem heiklen Thema hat als die Konkurrenz aus Übersee." Ähnliche Tendenzen stellt Yvonne Thoma fest: "Es gibt auf jeden Fall eine Präferenz für Rechenzentren in Europa."

Bei Schweizer Unternehmen, die neue Hosting-Angebote evaluieren, ist der Standort Schweiz jedoch gefragt: "Wir haben seit Prism etwa 50 Prozent mehr Anfragen nach Backup- und Storage-Lösungen", stellt etwa Michael Eichenberger fest, Geschäftsführer des Berner SaaS-Anbieters Stepping Stone. Generell seien die Leute sensibilisierter, was die Datensicherheit angehe. Dies bestätigt auch Hostpoint. Beim Support tauchten deutlich mehr Fragen nach dem Serverstandort und der Datensicherheit auf, erklärt der Provider auf Anfrage. Dass das Geschäft mit Schweizer Rechenzentrum-Services blüht, hängt derzeit wohl vor allem mit dem stabilen und vergleichsweise sicheren Umfeld und der allgemein wachsenden Nachfrage zusammen.