Amazon verbannt Wikileaks

Wikileaks zog in die Cloud, und Amazon den Stecker

Uhr | Aktualisiert

Wikileaks ist auf die Amazon Web Services umgezogen. Aber nur kurz: Nach einer Befragung durch das Homeland Security and Governmental Affairs Committee wurde das Angebot vom Cloud-Dienst verbannt.

Der Wikileaks-Krimi geht in die nächste Runde: Interpol hat eine Fahndung nach Julian Assange eingeleitet, Amazon das Angebot von seinen Servern verbannt, Hacker die Website erneut angegriffen und ein Berater von Kanadas Regierungschef Stephen Harper hat öffentlich die Ermordung Assanges gefordert.

"Wikileaks von Amazon-Server verdrängt. Freie Rede im Land der Freien", heisst es auf @wikileaks auf Twitter. Was ist passiert? Den Whistleblowern wurde der Zugang zu ihrem auf dem Cloud-Angebot Amazon Web Services gehosteten US-Server gekappt.

Zuvor hatten Mitarbeiter des "United States Senate Committee on Homeland Security and Governmental Affairs" (ein Kontrollorgan über das US-Heimatschutzministerium, das die amerikanischen Bevölkerung vor terroristischen Bedrohungen schützen soll) den Online-Händler zu seiner Beziehung zu Wikileaks befragt.

Eine neue Heimat in Europa?

Nun sucht Wikileaks eine neuen Hafen in Europa. Dem amerikanischen Senator Joe Lieberman passt dies gar nicht - er hat alle Länder und Unternehmen dieser Welt zum Boykott von Wikileaks aufgerufen. Sein Kommentar zur Entscheidung von Amazon: "Das Unternehmen hat richtig gehandelt und sollte als gutes Beispiel für alle anderen dienen, die Wikileaks bei der Verbreitung von illegal beschafftem Material verhelfen."

Einen Grund für die Verbannung von Wikileaks hat Amazon nicht bekanntgegeben. Kommentatoren gehen davon aus, dass eine Beibehaltung des Wikileaks-Angebots die Beziehungen mit wichtigen Kunden von Amazon negativ belastet hätte. In den Nutzungsbedingungen von AWS behält sich Amazon ausdrücklich das Recht vor, "nach eigenem Ermessen den Dienst zu verweigern, Konten aufzulösen oder Inhalte zu entfernen oder zu verändern."

Auf die Erreichbarkeit der Wikileaks-Website hatte der Amazon-Entscheid allerdings keine negative Auswirkungen.

Morddrohungen gegen Assange

Unterdessen zieht sich die Schlinge um Julian Assange enger: Der Gründer von Wikileaks, der sich Gerüchten zufolge gerade in Grossbritannien aufhalten soll, ist auf der internationalen Fahndungsliste von Interpol gelandet.

Mit einer sogenannten "Red Notice" wurden die Interpol-Mitgliedsstaaten aufgefordert, Assange an die schwedische Justiz auszuliefern. Grund dafür sind allerdings nicht die rechtlich heiklen Veröffentlichungen von Wikileaks, sondern Vorwürfe wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Schweden. Assange selbst räumt gemäss The Register zwar einvernehmliche sexuelle Kontakte mit den zwei vermeintlichen Opfern ein, streitet die Vergewaltigungsvorwürfe aber entschieden ab.

Wikileaks-Sprecher Kristinn Hrafnsson liess indes verlauten, dass es Morddrohungen gegen Assange gegeben habe. Ein Berater von Kanadas Regierungschef Stephen Harper forderte auf CBC News Network gar öffentlich dazu auf, Assange zu töten. Seine Wortmeldung war zwar mit einer Note Ironie angereichert, aber Forderungen wie "Assange muss getötet werden" und "Obama soll dafür eine Drohne benutzen" lassen aufhorchen. In den USA wiederum hatte Mike Huckabee, Ex-Gouverneur von Arkansas, eine Veurteilung und Hinrichtung Assanges wegen Verrats gefordert.

Schon wieder eine DDoS-Attacke

In der Zwischenzeit sah sich Wikileaks erneut einem DDoS-Angriff ausgesetzt. Bereits am Sonntag hatten Unbekannte versucht, die Veröffentlichung der US-Depeschen durch Wikileaks zu verhindern.

Der neue Angriff soll "über mehrere Stunden" gedauert und eine Bandbreite von zwei bis vier GBit/s erzeugt haben. Gemäss The Register sei die erneuten Attacken auf die Website der Grund für den Umzug auf die Cloud-Services von Amazon gewesen.