Icann-Konferenz Ende März

Gerangel um Icann: USA knicken ein

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von George Sarpong

Auch wegen dem Spionageskandal des NSA stehen die USA mit ihrer technischen Kontrolle des Webs unter Dauerbeschuss. Nun kündigte die Organisation Icann Reformen an. Unter Umständen könnte sie nach Genf ziehen.

Die USA wollen Dritten mehr Mitspracherecht bei der technischen Verwaltung über das Internet einräumen. Das US-Wirtschaftsdepartement kontrolliert über die Organisation Icann etwa die Verwaltung von Top-Level-Domains wie .com, .net oder .org. Ausserdem entwickelte Icann den IP-Standard IPv6.

Icann sei nun vom Wirtschaftsdepartement aufgefordert worden, eine neue Verwaltungsstruktur zu entwickeln, die die Bedürfnisse der verschiedenen Teilhaber berücksichtigt und die Offenheit des Internets unterstützt, wie Reuters berichtet. Icann will den Prozess bis spätestens September 2015 abschliessen. Dann wird Icanns Vertrag mit dem amerikanischen Wirtschaftsdepartement enden.

ITU oder Icann

Die Organisation leitet seit 1998 die Geschicke des Webs. Mit der Verbreitung des Internets in der Welt kam aber auch immer mehr Kritik an der Führungsrolle der USA auf. Mit dem NSA-Skandal stieg der Druck auf die USA weiter an. So fordert etwa die EU-Kommission ein Ende der technischen Kontrolle des Webs durch die Vereinigten Staaten.

Gegenwind weht den USA traditionell aus nicht westlichen Staaten, die auch aus politischen Gründen den USA gerne die Kontrolle über das Web entreissen würden. Mehrere Staaten, darunter Russland und China, sähen die Verwaltung des Webs gerne in den Händen der UN-Organisation ITU. Dies mit dem Ziel, lokalen Regierungen mehr Kontrolle über das Internet einzuräumen. Andererseits würde es aber auch die ITU stärken, die bereits im Mobilfunkbereich weltweit gültige Standards erarbeitet.

Die USA arbeiten gegen diesen Vorschlag. Bereits 2012 wehrten sie sich gegen einen entsprechenden Versuch. Auch jetzt scheinen sie nicht gewillt, die technische Internetverwaltung der ITU zu überlassen. Icann-Geschäftsführer Fadi Chehadé erklärte gegenüber Reuters, dass es nicht zwingend eine neue Organisation brauche. Ihm schwebe eine Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen wie er Internet Society vor.

Schweizer Gesetzgebung soll Internetorganisation schützen

Derweil wird darüber spekuliert, ob die Icann im Rahmen ihrer Reform einen Sitz in Genf eröffnen wird. Ende Februar sei bereits ein Büro in Genf eröffnet worden, wie der Blog Intellectual Property Watch berichtet. Derzeit residiert Icann in Kalifornien.

Gegenüber französischen Medien sagte Chehadé, dass es für Icann an der Zeit sei, als Internationale Organisation wahrgenommen zu werden, wie etwa das Rote Kreuz. Dieses existiere für das Wohl der Menschheit und werde durch Schweizer Gesetze geschützt.

Welche Reformen durchgeführt werden und ob die Icann nach Genf übersiedelt, wird auch Thema der kommenden Icann-Konferenz in Singapur Ende März sein.