Silvan Kaufmann und Manuel Thiemann im Interview

Schweizer Start-up hilft im Web günstige Hypotheken zu finden

Uhr | Aktualisiert
von René Mosbacher

Über seine Hypothekenvergleichsseite will das Schweizer Start-up Hypoplus Konsumenten und Anbieter zusammenbringen. Nun läuft das Angebot seit rund drei Monaten – ein guter Zeitpunkt, um sich bei den Inhabern ein Resümee abzuholen und mit ihnen über die weiteren Pläne zu sprechen.

CEO Silvan Kaufmann (links) und CTO Manuel Thiemann (Bildquelle: Hypoplus.ch)
CEO Silvan Kaufmann (links) und CTO Manuel Thiemann (Bildquelle: Hypoplus.ch)

Im August ging mit Hypoplus.ch das erste auf Privathypotheken spezialisierte Suchportal in der Deutschschweiz online. Im Rahmen einer Partnerschaft bieten die Schwyzer Kantonalbank, die Bank Linth, und die Hypothekarbank Lenzburg sowie die Versicherungen Swiss Life, Generali und Axa Winterthur vorteilhafte Hypotheken an.

Eine Spezialität des Start-ups ist der einfache, aber flexible Hypothekenrechner. Er zeigt den Interessenten, wie eine Liegenschaftsfinanzierung unter ihren speziellen Rahmenbedingungen aussehen könnte und wer passende Hypotheken anbietet. Zudem reichert das Start-up sein Angebot nach und nach mit speziell günstigen Angeboten von ausgesuchten Partnerinstituten an.

Die Netzwoche hat nach 100 Betriebstagen mit CEO Silvan Kaufmann und CTO Manuel Thiemann über Erfahrungen und Pläne gesprochen.

Meine Herren, Sie haben vor rund 100 Tagen Ihre Hypothekenplattform Hypoplus lanciert – können Sie ein kurzes Fazit geben?

Kaufmann: In den drei Monaten hat sich gezeigt, dass unser Tool funktioniert und von der Kundschaft verstanden wird. Wir konnten den Finanzinstituten zeigen, dass wir Kundenkontakte mit hoher Qualität liefern. Das hat uns bereits sechs Partner gebracht, die auf unserer Plattform Hypotheken zu speziellen Konditionen anbieten. Wichtig ist auch, dass wir mit Professor Bernet einen der renommiertesten Bankenspezialisten der Schweiz als Investor und Verwaltungsrat gewinnen konnten. Viel Freude haben wir an der Auszeichnung «Banking IT-Innovation», die wir am Business Engineering Forum der Universitäten Zürich, St. Gallen und Leipzig erhielten. Und schliesslich durften wir unsere Geschäftsidee am 4. Fachforum Hypothekenmanagement präsentieren, was uns viele positive Reaktionen eingebracht hat.

Und was lässt sich zu den Nutzerzahlen auf Ihrer Plattform sagen?

Kaufmann: Die Nutzung lag über unseren Erwartungen. Wir haben bis jetzt kaum Marketing betrieben, sondern uns darauf konzentriert, das Google-Ranking zu verbessern. Konkret hatten in den ersten drei Monaten knapp 20 000 Besucher. Zurzeit generieren wir im Schnitt täglich eine Anfrage bei den Instituten, mit denen wir intensiv zusammenarbeiten. So viel zur Quantität – uns ging es aber vor allem darum, die Qualität der Anfragen zu optimieren. Das heisst: Wir wollen möglichst nur Anfragen von Kunden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in nächster Zeit wirklich eine Hypothek abschliessen werden.

Wie sieht das Verhältnis zwischen Neuhypotheken und Hypothekenverlängerungen aus?

Kaufmann: Im Gesamtmarkt geht es bei zwei von drei Anfragen um Ablösungen und bei einem Drittel um Neuhypotheken. Ziemlich genau dieses Verhältnis beobachten wir bei unseren Anfragen. Das ist auch gut so, weil Ablösungen eher standardisierbar sind und damit gut zu unserem Konzept passen.

Wie grenzen Sie sich gegenüber anderen ­Anbietern wie etwa Comparis ab?

Kaufmann: Im Gegensatz zu anderen Vergleichsplattformen erhalten die Nutzer bei uns direkt konkrete Angebote. Die sind zwar nicht verbindlich, liefern aber sehr realistische Szenarien. Zudem erlaubt unser Hypothekenrechner den Interessenten, die Rahmenbedingungen einfach und jederzeit anzupassen. So können sie sich ein Bild davon machen, wie sich etwa mehr Eigenkapital auf die Konditionen auswirkt. Unser Angebot ist bedienungsfreundlicher. Das zeigt sich etwa daran, dass wir kürzlich eine Anfrage von einem 83-jährigen Herrn erhielten, der alles tipptopp ausgefüllt hatte.

Was ist in diesen drei Monaten weniger gut gelaufen?

Kaufmann: Eigentlich hätten wir schon im ersten Halbjahr gerne mehr als sechs Finanz­institute als Partner gehabt. Wir führen mit einer weiteren Handvoll gerade intensive Gespräche. Aber wir mussten auch realisieren, dass wir nicht alle für eine Zusammenarbeit gewinnen können. Hier gibt es Grenzen durch Themen wie Margenzerfall oder Preistransparenz, auf die einige Institute empfindlich reagieren. Einige haben auch Bedenken, dass sie durch uns viele Anfragen von Interessenten mit schlechter Bonität erhalten. Dies ist natürlich ein Fehlschluss, weil wir gerade auf unserer Plattform absolut harte Vorgaben umsetzen können, wer überhaupt bis zu einer Anfrage kommt. Womit wir auch nicht gerechnet hatten: Es gibt immer wieder Anfragen von Kunden, die gar nicht wissen, dass sie ihre Festhypothek aufgrund einer verbindlichen Laufzeit gar nicht vorzeitig wechseln können. Das zeigt, was für ein Dschungel heute in diesem Bereich herrscht. Als letztes Problem wäre noch die immer noch mangelhafte Browserkompatibilität zu erwähnen. Während die Kunden meist mit zeitgemässen Browsern arbeiten, sind auf den PCs der Institute oft veraltete Versionen installiert. Das verursacht dann Darstellungsprobleme.

Was nutzen Sie für eine Technik?

Thiemann: Die Website läuft auf Joomla. Das ist weit verbreitet und hat sich bewährt. Für den Hypothekenrechner selbst nutzen wir das Google Web Toolkit. Diese Technik eignet sich gut für die Abbildung von komplexen Sachverhalten und läuft problemlos. Zudem können wir damit sicherstellen, dass wir mit der Zeit nicht eine immer komplexere und schwieriger wartbare Webapplikation pflegen müssen. Wir entwickeln mit Scrum, was uns erlaubt, sehr rasch auf neue Anforderungen zu reagieren. Und damit wir uns auf unser Kerngeschäft konzentrieren können, haben wir periphere IT-Themen ausgelagert.

Wie sieht Ihr Geschäftsmodell aus?

Kaufmann: Das ist kein Geheimnis: Im Schweizer Hypothekenmarkt werden rund 25 Prozent der Hypotheken über Vermittler platziert. Genau das tun wir auch – nur auf unsere Weise, eben online. Unsere Erträge stammen aus den Provisionen auf dem Abschluss. Unser Vorteil ist, dass wir deutlich sportlichere Preise bieten können als die normalen Vermittler.

Wie sieht Ihre Zielgruppe aus?

Kaufmann: Wir können Kunden bedienen, denen das Hypothekenshopping eher lästig ist. Ich denke, das gilt für den Grossteil der Hypothekenkundschaft. Sie will sich von zuhause aus ohne grossen Aufwand einen Überblick über den Markt verschaffen. Sie will ein günstiges Hypothekarangebot erhalten und durch den restlichen Prozess geführt werden. Eher nicht bedienen können wir die Ex­tremshopper, die kein Problem damit haben, mit fünf bis sechs Instituten um den besten Preis zu feilschen. Ebenfalls nicht zu unseren typischen Kunden gehören jene, die hohe weitere Vermögenswerte als Verhandlungsmasse mitbringen. Hingegen können wir in einer persönlichen Beratung hervorragende Konditionen für ganze Überbauungen anbieten, jedoch nicht über den Hypothekenrechner.

Planen Sie eine Version für mobile Geräte?

Thiemann: Mobile Banking wird zwar immer wieder als unerlässlicher Dienst angepriesen. Ich denke, es hat im Trading und im Zahlungsverkehr auch eine gewisse Berechtigung. Bei komplexeren Geschäften braucht es das Mobile Banking hingegen nicht. Wann haben Sie übers Telefon schon einmal eine längere Ferien­reise gebucht oder ein Sofa ausgewählt? Eine Hypothek ist ein komplexeres Produkt. Wenn Sie hier ein leicht zu bedienendes Tool anbieten wollen, scheitern Sie bereits am Bildschirmformat. Ein durchschnittlicher «Mobile Banker» sitzt notabene mit Sicherheit mindestens vier Stunden täglich am PC oder Laptop. Hinzu kommt noch, dass Mobile Banking immer auch einen Zeitaspekt hat. Hier geht es darum, etwas rasch und meist nebenher zu erledigen. Das ist im Hypothekengeschäft irrelevant. Trotzdem darf ich erfreut mitteilen, dass wir einige Zugriffe übers iPad haben. Übers iPhone sind es aber schon deutlich weniger.

Ist es denkbar, in Zukunft einmal eine Hypothek direkt über Ihre Site abzuschliessen?

Kaufmann: Für das elektronische Abschlies­sen von Hypotheken gilt Ähnliches wie für das Mobile Banking. Es wurde schon viel über E-Hypotheken geredet, richtig umgesetzt hat das in der Schweiz aber noch niemand. Die Realität sieht doch folgendermassen aus: Wenn Sie eine Hypothek abschliessen wollen, müssen Sie 9 bis 15 Dokumente einreichen. Von denen bekommen Sie die meisten nur in Papierform, also müssten Sie sie bestellen, scannen und hochladen. Erschwerend kommt hinzu, dass einige dieser Dokumente rechtsgültig signiert sein müssen. Hierfür wiederum fehlt heute eine durchgehende und auch einfach zu handhabende Signatur. Um eine Hypothek elektronisch abschliessen zu können, müssen Sie heute einfach noch zu viele Medienbrüche überwinden. Wann sich das ändert, ist nicht abzusehen.

Thiemann: Sie können aber heute schon Ihre Hypothek auf unserer Website suchen, optimieren, auswählen und anschliessend über Telefon und Korrespondenz abschlies­sen. Beim Anbieter vorbeigehen müssen Sie nicht. Wenn Sie mit einer Versicherung statt einer Bank abschliessen, ist dies fast Usus. Bei den Banken gehört meistens ein Beratungsgespräch dazu.

Wie geht es bei Hypoplus weiter?

Thiemann: Wir schalten Ende November sechs Partner mit sehr guten individuellen Konditionen neben weiteren schweizweit agierenden Finanzinstituten live. Das ist wichtig, weil wir vor allem gute Konditionen anbieten wollen. Zur selben Zeit werden wir die überarbeitete Version unseres Hypothekenrechners lancieren. Wir haben aus dem bisherigen Betrieb einige Ideen für Verbesserungen gewonnen. Die Oberfläche wird sich ändern und es werden auch einige Funktionen dazukommen. Und dann sind wir sehr stolz darauf, dass wir im März 2012 im Finale des Venture-Kick-Wettbewerbs stehen. Dort werden wir mit unserem Geschäftsmodell um den Hauptgewinn kämpfen.

Sie haben keine Angst vor einer Immobilienblase?

Kaufmann: Nein. Erstens ist es Ermessenssache, ob und in welchem Stadium einer Immobilienblase wir uns befinden. Zweitens, falls es wirklich so weit kommen sollte, wären viele Eigentümer gezwungen, sich nach günstigeren Hypotheken umzusehen. Hierbei wiederum können wir sie perfekt unterstützen.