Finance Online

Digitales Portemonnaie mit Mehrwert

Uhr
von Claude Settele

Die Postfinance-Tochter Twint wurde 2014 mit dem Ziel gegründet, ein digitales Portemonnaie für die Schweiz zu schaffen. Dabei setzt das Unternehmen auf eine offene Plattform.

Claude Settele, Freischaffender Journalist und Webdesigner. (Quelle: Claude Settele)
Claude Settele, Freischaffender Journalist und Webdesigner. (Quelle: Claude Settele)

Das kontaktlose Bezahlen per Handy kommt in Bewegung: Twint, eine Tochter von Postfinance, will den Markt in der Schweiz mitgestalten und hat offiziell ihre mobile Payment- und Shopping-Lösung lanciert. In einem Pre-Launch ist diese bereits in ein paar Dutzend Läden erfolgreich in Betrieb. Twint entwickelte ein offenes System, das an keinen Telekomprovider gebunden ist und laut eigenen Angaben in der Schweiz von rund 95 Prozent aller Smartphones genutzt werden kann. Die Lösung setzt nicht wie viele Konkurrenten auf den Nahfeldfunk NFC, sondern auf Bluetooth Low Energy (BLE). Das hat den Vorteil, dass auch iPhones genutzt werden können.

Auf Twint lädt man digital Geld, so wie man Münzen und Noten ins Portemonnaie steckt. Das Guthaben kann über viele Wege geladen werden: Am bequemsten ist es über das Konto. Jedes Bankkonto und Postkonto der Schweiz kann angebunden werden. Geld laden kann man auch über 900 Postomaten sowie via Einzahlungsschein und Guthabenkarten. Eine Kreditkarte braucht der Kunde nicht. Twint steht allen Banken offen, als Partner gewann die Postfinance-Tochter bereits die Berner Kantonalbank und die Valiant Bank.

Schnell und unkompliziert

Das kontaktlose Bezahlen ist bequem und einfach, wie ein Test zeigte. An der Kasse des Shops hält man das Handy mit der geöffneten App an einen kleinen Beacon genannten Bluetooth-Terminal. Auf der App erscheint der Kaufbetrag, der je nach gewählter Option automatisch quittiert oder ab einer definierbaren Betragshöhe durch ein PIN bestätigt wird.

Der Prozess dauert wenige Sekunden. In der App erscheint das neue Guthaben, und der Einkauf ist im Menüpunkt Bewegungen aufgeführt. Die Lösungsarchitektur der in der Schweiz entwickelten Software und Hardware erfüllt bezüglich Sicherheit Bankenstandards. Alle kritischen Informationen laufen verschlüsselt über einen Server von Twint.

Tiefe Transaktionskosten

Eine gute Bezahl-App allein bringt noch keinen Nutzen, es braucht Kassen, die das Zahlungsmittel akzeptieren. Nach dem erfolgreichen Test werden bis zum Februar 2016 über 6000 Coop-Kassen mit Twint-Beacons ausgerüstet. Partner sind ausserdem die SBB, der Gastronomiebetreiber SV Group, die Poststellen und eine wachsende Anzahl Restaurants und Läden.

Twint ist überzeugt, dass die Lösung für Händler attraktiv ist – auch aus Kostengründen. Der Händler kauft ein Beacon, das 95 Franken kostet. Dieses amortisiert sich laut Twint rasch, da die Transaktionsgebühren wesentlich tiefer sind als bei Debit- und Kreditkarten. Es gibt auch eine Lösung mit einer App ohne Terminal und somit mit null Investitionskosten. Die Gebühr für Händler wird abgestuft nach Einkaufsbetrag berechnet. Bei Einkäufen bis 5 Franken sind es 2 Rappen pro Transaktion, 10 Rappen bei Beträgen zwischen 10 und 100 Franken, und 20 Rappen bei Beträgen über 100 Franken.

Twint funktioniert nicht nur im stationären Handel, auch Apps und Onlineshops können die Zahlungsfunktionen einbinden. Dabei wird dem Onlinekunden ein QR-Code zum Scannen per Handy angezeigt oder ein Zahlencode.

Mehrwert dank Kundenkarten

Twint bietet über die reine Zahlungsfunktion hinaus einen Mehrwert, der für Kunden wie Händler Potenzial bietet. Die App ist auch ein Portemonnaie für Kundenkarten, Coupons, Shoppingtipps und digitale Stempelkarten. Bereits heute integriert ist die Coop Supercard, um beim Einkauf Punkte zu sammeln. Weitere Optionen wie das Couponing folgen 2016.

In wenigen Wochen will Twint das Angebot ausbauen und eine P2P-Funktion für Geldtransfers unter Bekannten starten, ausserdem werden erste Automaten für das Bezahlsystem ausgerüstet.

Tags
Webcode
4843