Interview mit Marcel Borgo

So ist die Aufspaltung von HP Inc. und HPE gegangen

Uhr | Aktualisiert

Hewlett-Packard hat sich in die Unternehmen HP Inc. und Hewlett Packard Enterprise (HPE) aufgespaltet. Marcel Borgo, Managing Director Schweiz bei HPE, erklärt die Folgen der Trennung und welche Schwerpunkte er für HPE 2016 setzt.

Wir sind hier an der Hausmesse HPE Discover in London, der ­ersten Veranstaltung seit HP Inc. und Hewlett Packard Enter­prise eigenständige Unternehmen sind. Wie reagieren Kunden und Partner von HP auf die Aufspaltung des Unternehmens?

Marcel Borgo: Ich frage unsere Kunden und Partner ja immer wieder, ob sie etwas von der Trennung merken. Aber nein, das ist nicht der Fall. Einige Kunden haben mich sogar gefragt, ob wir uns tatsächlich aufspalten würden. Wenn die Kunden nichts von der Trennung unserer Unternehmen bemerken, zeigt das, dass wir im Hintergrund gut gearbeitet haben. Genau so soll es sein. Auch habe ich Kunden und Partner oft gefragt, ob etwas nicht funktioniert habe, ob sie etwas nicht hätten bestellen können oder ihnen in einem Supportfall nicht schnell genug geholfen wurde. Auch hier war das Feedback unisono positiv. Es habe immer alles geklappt. Wenn ich dann erzähle, welchen Aufwand wir getrieben haben, dass schliesslich alles so «smooth» für Kunden und Partner über die Bühne gegangen ist, bleiben einigen von ihnen schon manchmal die Münder offen stehen.

 

Das kann ich mir vorstellen. Daher auch Ihre Augenringe?

(Lacht) Ja, das kann durchaus etwas damit zu tun haben. Es war eine anstrengende Zeit für uns intern. Denn wir hatten ja während der Zeit des Umbaus nicht mehr Leute zur Verfügung.

 

Wie sind HP Inc. und Hewlett Packard Enterprise (HPE) hier an der HPE Discover vertreten?

Die Discover ist eine Veranstaltung von HPE. HP Inc. haben wir als Partner eingeladen, an der HPE Discover teilzunehmen. So treten wir auch am Markt auf, und hier vor Ort sieht man, dass wir diese Partnerschaft leben. HPE und HP Inc. komplementieren sich gegenseitig. Das ergibt ja auch Sinn, wenn man eine gemeinsame über 75-jährige Geschichte hat.

 

Wie sind Sie am Sitz in Dübendorf mit der neuen Organisation gestartet? Ich habe gehört, dass seit dem 1. November die Badges nicht mehr für alle Stockwerke funktionieren ...

Ja, das stimmt, wir haben nun Badge-Leser im Haus. Das hatten wir früher so nicht. Die Badge-Leser sind auch ein Symbol für die Trennung. Ohne diese hätten wir wohl noch nicht so recht realisiert, dass wir nun richtig voneinander unabhängige Firmen sind. Um auf Ihre Frage zu antworten: Wir sind sehr gut gestartet und sind gut unterwegs.

 

Wie muss man sich das Zusammenleben zwischen HP Inc. und HPE in Dübendorf nun vorstellen?

Man trifft sich mit den Kollegen nach wie vor in der Kantine oder in den für alle zugänglichen Bereichen. Daran hat sich nichts geändert. Wir müssen aber lernen, uns zu verhalten wie zwei voneinander unabhängige Unternehmen. Es geht auch darum, dass keine Geschäftsgeheimnisse verraten werden. Wir arbeiten mit HP Inc. wie auch mit anderen Partnern zusammen, etwa mit Microsoft, VMware oder Citrix, wenn es darum geht, für die Kunden die beste Lösung zu finden. Wir werden auch weiterhin gemeinsam mit HP Inc. Projekte gewinnen. Einfach nicht mehr als eine HP, sondern als zwei separate Firmen.

 

Wie muss man sich das vorstellen, wenn HPE und HP Inc. gemeinsam Projekte stemmen? Welches Unternehmen hat dabei jeweils den Lead?

Das ist unterschiedlich und vor allem von den Bedürfnissen beziehungsweise den Ausschreibungen der Kunden abhängig. Manchmal sind sie im Lead, manchmal wir. Wenn es etwa um einen gemanagten Arbeitsplatz geht, wo es sehr viel Integrationsarbeit braucht, wo es vielleicht einen Helpdesk braucht, oder wenn Apps geschrieben oder umgeschrieben werden müssen, dann sind normalerweise wir im Lead. Wenn es darum geht, am Arbeitsplatz Hardware im grossen Stil zu ersetzen, und sie von uns dafür einen Projektleiter benötigen, dann ist HP Inc. im Lead.

 

Was sind nun die nächsten Schritte in der neuen Organisation?

Es geht darum, die neue Organisation weiter zu etablieren und natürlich darum, im Markt zu gewinnen. Auch ist es klar, dass wir in der neuen Company neue und zusätzliche Qualifikationen benötigen. Was wir an unserer Hausmesse Discover hier in London an Produkten beziehungsweise Lösungen anhand unserer vier Transformation Areas anbieten, müssen wir alle verinnerlichen. Denn wir wollen, dass diese Lösungen unseren Kunden den grösstmöglichen Nutzen und Wert für ihre digitale Transformation bringen. Momentan stecken wir deswegen in einem straffen Aus- und Weiterbildungsprogramm, in dem wir die benötigten Kompetenzen erarbeiten. Ich bin mir sicher, dass sich das lohnen wird. Ich glaube, keiner unserer Mitbewerber macht das derzeit so intensiv wie wir.

 

Mit welchen Schwerpunkten will HPE im Markt agieren?

Wir wollen der Partner für unsere Kunden sein, der ihnen bei der digitalen Transformation hilft. Wir sind der Überzeugung, dass die Zukunft der hybriden Infrastruktur gehört und diese den Firmen dabei hilft, schnell am Markt zu agieren und ihre Prozesse beziehungsweise ihr ganzes Unternehmen zu digitalisieren. Und um Schnelligkeit geht es heutzutage. In Zukunft werden die Unternehmen die Nase vorn haben, die Innovationen besonders schnell auf den Markt bringen. HPE hilft Unternehmen bei dieser Transformation und bietet den Kunden ein Transformationsmodell an, das auf vier sogenannten Transformation Areas beruht.

 

Welche Bereiche sind das?

Es geht um die Transformation in den Bereichen IT-Infrastruktur, Sicherheit, Big Data und Mobilität. Das sind in unseren Augen die Säulen, welche die digitale Transformation von Unternehmen abdecken muss. Und für diese Bereiche stellen wir die entsprechenden Lösungen bereit. Wir sprechen von den Transformations­bereichen: «Transform to a hybrid infrastructure», «Protect your digital enterprise», «Empower the data-driven organization» und «Enable workplace productivity».

 

Warum ist die digitale Transformation so wichtig für HPE?

Unternehmen müssen sich weiterentwickeln und ihre Geschäftsmodelle fit für das digitale Zeitalter machen. Für einige Unternehmen geht es um alles oder nichts. Es gibt Studien, die vo­raussagen, dass ein Viertel der heute am Markt tätigen Unternehmen in fünf Jahren nicht mehr da sein wird, weil sie den digitalen Transformationsprozess nicht oder zu wenig konsequent in Angriff genommen haben. HPE will die anderen 75 Prozent dabei unterstützen, dass sie es schaffen.

 

Meg Whitman hat angekündigt, Jobs abbauen zu wollen. Man liest von 30 000 Stellen, die wegfallen sollen. Wie ist die Schweizer HPE-Niederlassung vom Stellen­abbau betroffen?

Es wird in der Schweiz einen Stellenabbau geben, wie in anderen Ländern auch. In welchem Ausmass wissen wir momentan noch nicht. Wir werden den Stellenabbau aber mit Respekt und Achtung vor den scheidenden Mitarbeitern umsetzen. In vielen Fällen – auch als es in der Vergangenheit zu solchen Massnahmen kam – haben wir uns immer aktiv darum bemüht, dass die Entlassenen wieder eine Stelle finden, nicht selten auch bei einem unserer Partner. Es ist mir wichtig, zu betonen, dass es bei dem Stellenabbau nicht einfach darum geht, Kosten zu sparen. Wir werden in Zukunft einfach weniger Leute brauchen. Die Gründe dafür liegen in der Automatisierung und der Effizienzsteigerung durch leistungsfähige IT-Systeme, die unsere Kunden einsetzen. Das Outsourcing-Geschäft von heute wird morgen ganz anders aussehen. Und wir möchten morgen dafür bereit sein. Auch fokussieren wir uns noch mehr auf unser Kerngeschäft, was automatisch auch weniger personelle Ressourcen erfordert.

 

Die Umsätze im letzten gemeinsamen Quartal sahen für HP ja nicht gerade rosig aus. Der Enterprise Group erging es etwas besser als der Printing and Personal Systems Group. Jedoch nicht in allen Bereichen. Welche Entwicklung erwarten Sie für HPE in der Schweiz für das kommende Jahr?

Das muss man differenziert betrachten. Wir messen uns immer an der Marktentwicklung und an der Entwicklung des Unternehmens im Vergleich zu anderen Ländergesellschaften. Und in dieser Hinsicht ist es sowohl bei der ehemaligen Printing and Personal Systems Group wie auch der Enterprise Group von HP in der Schweiz hervorragend gelaufen. Wir waren besser als der Markt und auch besser als so manch andere Ländergesellschaft.

 

Wie wird sich die Schweizer Wirtschaft nächstes Jahr ­entwickeln? Was erwarten Sie?

Wir erwarten moderates Wachstum. Es wird sich allerdings zeigen müssen, wie sich die Währungen entwickeln. Für uns ist ja nicht nur das Verhältnis zwischen Franken und Euro, sondern auch dasjenige zwischen Franken und US-Dollar wichtig. Das wird sehr stark beeinflussen, wie es der Schweizer Wirtschaft nächstes Jahr ergehen wird. Ich bin auch der Meinung, dass wir unseren wirtschaftlichen Erfolg und die Errungenschaften unserer liberalen Wirtschaftsordnung nicht leichtfertig aufs Spiel setzen dürfen. Gewisse Abschottungstendenzen beeinflussen die Schweizer Wirtschaft stark. Wir erleben immer wieder in Projekten, dass es schwierig ist, die richtigen Spezialisten zu finden. Wir müssen mehr solcher Fachleute in der Schweiz ausbilden und es muss auch weiterhin möglich sein, solche Fachkräfte mit überschaubarem Aufwand in die Schweiz zu holen. Wenn wir die nötigen Fachkräfte nicht im Land haben und keine hereinholen können, ist die Konsequenz, dass wir Projekte ins Ausland geben müssen, wo es diese Spezialisten gibt. Wenn ein Projekt aber einmal im Ausland ist, kommt es erfahrungsgemäss nicht mehr zurück. Wir müssen also aufpassen, dass wir die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hierzulande nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.

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5708

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