Fachbeitrag

Rezepte gegen das Altern im Web

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von CEO, Die Ergonomen, Usability

Websites sind nach fünf, sechs Jahren reif für das Redesign – das scheint ein Naturgesetz zu sein. Aber ist das wirklich so? Mit ein paar intelligenten Massnahmen lassen sich sie sich deutlich länger am Leben halten. Das spart Zeit und Kosten und schont erst noch die Nerven der Nutzer.

Christopher H. Müller, CEO und Inhaber, Die Ergonomen Usability, Zürich. (Quelle: Die Ergonomen Usability)
Christopher H. Müller, CEO und Inhaber, Die Ergonomen Usability, Zürich. (Quelle: Die Ergonomen Usability)
Warum eigentlich werden Websites im Schnitt nach fünf bis sechs Jahren einem teuren Redesign unterzogen? Klar, dafür gibt es technische Gründe: ein verwaistes CMS etwa, neue Browser oder nette Gadgets – Stichwort mobile Nutzung.

Interessanter aber sind die Einflüsse, denen die Site während des Betriebs ausgesetzt ist. Ein wichtiger ist schlicht, dass sie wächst. Neues wird raufgeladen, Altes nicht entfernt. Kommt hinzu, dass dieses Wachstum kaum geordnet abläuft. Oft stürmen just nach Abschluss der Konzeptphase die Anspruchsträger aus allen Winkeln der Firma herbei mit vielen genialen Ideen, die sie auch noch zu verwirklichen gedenken. Der arme Webmaster kann dann nicht viel anders, als eine Verteidigungslinie nach der anderen aufzugeben. Was bleibt ihm anderes übrig, wenn die Wünsche aus der Teppichetage kommen? Das rüttelt natürlich an den Fundamenten der guten Usability, also an Struktur, Nutzer­erlebnis, Konsistenz und so weiter. Die Site verkommt zu einem ungestalten Koloss, der bald nicht mehr zu bändigen ist. Voilà, das nächste Redesign ist fällig, und der Reigen beginnt von vorn.

Liesse sich die Lebenserwartung schon nur um ein bis zwei Jahre verlängern, würden massiv Kosten gespart und die Nerven der Nutzer geschont. Die wollen – vorausgesetzt, die Usability stimmt – ohnehin, dass alles möglichst lange so bleibt, wie es ist. Das gilt besonders im E-Commerce. Man sollte sich jedenfalls keine Illusionen machen, was die Wirkung von "neuem, frischem Design" auf die Konversionsrate anbelangt. Wer es nicht glaubt, schaue sich die boomenden Webshops an – gerade die Speerspitze des Webdesigns sind die ja nicht.

Die Lebenserwartung verlängern, aber wie?

Vorausdenken lohnt sich. Es sollte bereits in der Kreationsphase vertieft darüber nachgedacht werden, wie die Site aufgebaut werden muss, damit sie flexibel genug für ein langes Leben ist. Es gilt etwa, das Layout und die Navigation so anzulegen, dass sie später an geänderte Bedürfnisse angepasst werden können. Es braucht ein Pflichtenheft für den Webmaster, das ihm eine wirksame Handhabe (sprich: Kompetenzen) gegen organisches Wachstum gibt.

Weniger ist mehr. Es gehört nur ins Netz, was sich auch dafür eignet, womit sich online wirklich Geschäfte machen lassen oder was die Firma wirkungsvoll positioniert. Das zu entscheiden ist Aufgabe einer unabhängigen Instanz, die frei von internen Zwängen und Abhängigkeiten prüft.

Geduld hilft. Häufig ist es gar nicht nötig, dass jede neue Information raschestmöglich im Web landet. Wichtiger ist, dass die Dinge im rechten Licht, im korrekten Kontext und in nutzerfreundlicher Art präsentiert werden. Zeitdruck führt oft dazu, dass die Nutzer mit Unausgegorenem konfrontiert werden. Das lässt die Absprungraten steigen und den Druck von "oben" für schnelle Hacks wachsen, die der Site meist nicht gut bekommen.

Das Internet ist kein Sonderfall. Websites sollen Teil eines Multikanal-Konzepts sein. Damit dies im Alltag gelebt wird, braucht es jemanden, der alle Kontaktpunkte zur Kundschaft im Auge behält. Der achtet darauf, dass die Botschaften und Interaktionen über die am besten geeigneten Kanäle laufen. Das verhindert, dass Geld ins Web fliesst, das besser in Drucksachen, Kundendienst oder Mailings investiert worden wäre. So bleibt die Site frei von Inhalten, die sich nicht web- und empfängergerecht nutzen lassen.

Und die Usability? Neu Hinzugekommenes soll von Fachleuten daraufhin geprüft werden, ob es Brüche im Bedienkonzept verursacht, ob es verständlich und nachvollziehbar ist. Solche Checks zeigen, wo die Site steht und wo durchdachte Regenerationsmassnahmen dazu führen, dass Qualität und Wirkung länger erhalten bleiben.

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