Strategie "Digitale Schweiz"

Die Vision des Bundes in der Hand der Kantone

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von Reto Gutmann, CEO, Abraxas Informatik AG

Mit der Strategie «Digitale Schweiz» zeichnet der Bundesrat ein breites Bild, wie sich unser Land – von der Wirtschaft über die Forschung, Bildung und Verwaltung bis hin zur Bevölkerung – in das digitale Zeitalter einbringen soll. Dem E-Government wird dabei Nachholbedarf ­attestiert, was verglichen mit anderen Ländern definitiv der Fall ist. Dabei haben die Kantone längst vielversprechende Initiativen aufgegleist.

Reto Gutmann, CEO, Abraxas Informatik AG
Reto Gutmann, CEO, Abraxas Informatik AG

Im April 2016 hat der Bundesrat die Strategie «Digitale Schweiz» vorgestellt. Die Regierung attestierte der Schweiz eine gute Ausgangslage, verwies aber auch auf bestehendes Verbesserungspotenzial – etwa hinsichtlich des E-Government-Angebots. Die grösste Herausforderung zur Realisierung dieses Potenzials ortet der Bundesrat bei der föderalen Struktur der Schweiz.

Ein weiterer Knackpunkt sei das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der zentralen Datensammlung. Letzteres lässt sich verbessern: Zum einen demografisch (je jünger die Zielgruppe, desto kleiner das Misstrauen), zum anderen, indem man den Bürgerinnen und Bürgern die Hoheit über ihre persönlichen Daten überträgt. Der föderalen Struktur zu begegnen, ist jedoch schwieriger.

Keine digitale Schweiz ohne digitale Identitäten

Die vom Bundesrat vorgestellte Strategie ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Sie setzt die Leitplanken für die weitere Diskussion und hilft bei der Priorisierung der notwendigen Massnahmen. Der Weg weg von einzelnen E-Government-Angeboten hin zu einer digitalen Gesellschaft führt jedoch an einem Schlüsselelement nicht vorbei: einer weit verbreiteten und sicheren digitalen Identität. Hier ist der Bund gefordert, zeitnah eine realisierbare und landesweit verfügbare Lösung vorzustellen und umzusetzen. Jeder Bürger sollte sie einfach haben. Nur eine hohe Verbreitung ermöglicht die Erstellung der entsprechenden Services. Denn nur wenn sich Bürgerinnen und Bürger im Netz rechtskräftig identifizieren, lassen sich sämt­liche amts- und privatwirtschaftlichen Geschäfte medienbruchfrei abschliessen.

Die Informatik muss den Prozessen folgen

In unserem föderalen System sind die Kantone natürlich relevante Akteure. Sie werden massgeblich mitentscheiden, ob die «Digitale Schweiz» eine Vision bleibt oder Realität wird. Folgende Herausforderungen sind zu meistern:

  1. Die prozessorientierte IT: Prozesse dürfen durch die IT nicht eingeschränkt werden. Sie müssen sie unterstützen und vereinfachen. Die Aufgabe gibt die Arbeitsmittel vor, nicht umgekehrt.

  2. Die interne Vernetzung: Egal ob auf Bundes-, Kantons- oder Gemeindeebene, die IT-Infrastruktur muss die departementsübergreifende Zusammenarbeit ermöglichen.

  3. Die externe Vernetzung: Prozesse müssen kantonsübergreifend abgebildet und hin zu Bevölkerung und Wirtschaft verlängert werden können.

Ein gutes Beispiel einer prozessorientierten Infrastruktur ist der neue «Arbeitsplatz 2015» (APZ2015) des Kantons St. Gallen. Dessen Cloud-Architektur erlaubt es, rasch auf sich verändernde Ansprüche hinsichtlich der Performance reagieren zu können, den Einsatz aller möglichen Endgeräte zu erlauben und so für flexible Einsatzmöglichkeiten entlang der Geschäftsprozesse zu sorgen. Voraussetzung für eine optimale Vernetzung innerhalb der Verwaltung ist der politische Wille. Mit seiner neuen «IT-Strategie SG 2016+» setzt etwa der Kanton St. Gallen genau hier an.

Auch im Bereich der kantonsübergreifenden Zusammenarbeit und der Vernetzung von Verwaltung und Wirtschaft gibt es bereits gelungene Lösungen. Ein gutes Beispiel hierfür ist etwa die Datendrehscheibe DBLAP 2. Sie dient der schweizweiten Übermittlung von betrieblichen und überbetrieblichen Bewertungen in der beruflichen Grundbildung. Bereitgestellt wird DBLAP im Auftrag der kantonalen Erziehungsdirektorenkonferenz. Auch Polizei und Justiz gehen mit Initiativen wie HPI (Harmonisierung Polizeiinformatik) oder HIS (Harmonisierung in der Strafjustiz) mit gutem Beispiel voran. Die Initiative «eUmzug» ist ein weiteres positives Beispiel.

Diese Bemühungen stimmen zuversichtlich. Sie beweisen aber auch einmal mehr, dass das, was auf Bundesebene an Visionen entwickelt wird, nur in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen realisiert werden kann. Mit ihren IT-Strategien gestalten sie die «Digitale Schweiz» – und mit ihrer freiwilligen Einigung auf gemeinsame Standards (E-Government Schweiz. eCH).

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ITFG1601