E-Government-Symposium

E-Government braucht offene Innovationen

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Auf dem 10. E-Government-Symposium haben namhafte Vertreter aus Politik und Wissenschaft einen Einblick in die Digitalisierung der Verwaltung gegeben. Die Schweiz hat noch einen weiten Weg vor sich.

Am Mittwoch, dem 30. November, ist in Bern das 10 E-Government-Symposium über die Bühne gegangen. Der Event fand im Burgersaal des Kulturcasinos Bern statt. Entscheidungsträger von Schweizer Unternehmen und Verwaltungen nahmen daran teil. Der Event stand unter dem Motto "Open Innovation".

Peter Fischer, Präsident des E-Government-Symposiums hielt die Begrüssungsrede. Seiner Einschätzung nach habe sich im Bereich E-Government in letzter Zeit viel getan. Vor allem die E-Government-Strategie des Bundes hob er in diesem Zusammenhang lobend hervor. In Bereichen wie dem E-Umzug, der elektronischen Identität (eID), der E-Mehrwertsteuer und auch dem E-Voting bewege sich vieles. "Es geht schweizerisch vorwärts", fasste er die Entwicklungen zusammen. Die vorhandenen E-Government-Instrumente würden auch sehr rege genutzt. Dies beweise, dass die richtigen Prioritäten gesetzt wurden.

"Gemeinsam statt einsam"

Als erste Gastreferentin trat Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch, Staatssekretärin am Seco, auf die Bühne. Sie gab Einblick in den Stand von E-Government in der Schweiz und die wichtigsten anstehenden Projekte. Ihrer Meinung nach ist die Digitalisierung auch für Schweizer Behörden zentral. Nur so könne die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen erhalten und gestärkt werden.

Als eines der zentralen Projekte für die kommenden Jahre nannte sie das nationale Transaktionsportal für Unternehmen, welches das Seco in Zusammenarbeit mit anderen Behörden entwickelt. Dieser sogenannten "One-Stop-Shop" nehme in der E-Gov-Strategie des Bundes eine Schlüsselrolle ein. Im Jahr 2019 sollen die 10 häufigsten Behördenanfragen ohne Medienunterbrechung online erledigt werden können, gab sie als Zeitrahmen bekannt. Die Beta-Version soll schon Anfang 2017 in Betrieb gehen und dann stetig erweitert werden.

Die Digitalisierung könne jedoch nicht allein bewältigt werden. Mit dem Spruch "gemeinsam statt einsam", brachte Ineichen-Fleisch es auf den Punkt. Nur unter Einbeziehung von Partnern, auch aus der Wirtschaft, und einem engen Austausch zwischen den Behörden könne die Digitalisierung effizient gestaltet werden. Damit spannte sie auch den Bogen zu den "offenen Innovationen". Diese seinen gerade für einen föderalistischen Staat wie die Schweiz auch nichts Neues, sagte sie. Diese Erfahrungen aus der analogen Welt müssten nun in die digitale Zukunft überführt werden, schloss sie mit einem positiven Ausblick.

Digitalisierung muss das Leben vereinfachen

"Auch wenn es einigen im Raum schwerfällt, es lohnt sich, einen Blick nach Zürich zu werfen", mit diesen Worten kündigte der Moderator die nächste Referentin an: Jacqueline Fehr, Regierungsrätin des Kantons Zürich. Ihrer Meinung nach kann die Digitalisierung nur erfolgreich sein, wenn sie das Leben erleichtert.

Weiterhin sei die Digitalisierung auch in der Verwaltung vor allem ein Kulturprojekt. Die Mitarbeitenden müssten vom Mehrwert der Digitalisierung überzeugt und auf dem Weg aktiv mitgenommen werden. Alles unter dem Aspekt, das Leben und Arbeiten zu vereinfachen. Daher sei es auch nicht sinnvoll, sich zu hohe Ziele zu setzen, die dann nicht erfüllt werden können. Vielmehr brauche es einen realistischen Blick auf machbare Schritte.

In ihrer Rede kritisierte Fehr auch die politischen Entscheidungsträger. "In der Vergangenheit hat es an politischer Führerschaft gefehlt", sagte sie. Zu wenige Politiker hätten in der Digitalisierung ein Zukunftsprojekt gesehen, dies werde erst langsam nachgeholt. Vor allem die fehlende Risikobereitschaft kritisierte Fehr.

Bürger schreiben mit an Wiens neuer digitalen Agenda

Wie die Bürger in die Digitalisierung eingebunden werden können, zeigte ein Gast aus Wien. Brigitte Lutz von der Magistratsdirektion der Stadt Wien berichtete aus den Erfahrungen in der österreichischen Hauptstadt. Im Jahr 2014 entschied sich die Stadt, den Schritt zum sogenannten "Government 4.0" zu gehen. Durch neue digitale Kanäle soll dabei mehr Transparenz in der Verwaltung erzeugt und die Bürger sollen gleichzeitig in Entscheidungsprozesse eingebunden werden.

Daher wurden die Bürger aktiv in die Ausarbeitung der "Digitalen Agenda Wiens" beteiligt. Die vorherige Agenda aus dem Jahr 2008 sei noch im "stillen Kämmerlein" entstanden, sagte Lutz. Beim neuen Projekt konnten Bürger schon sehr früh ihre Ideen auf einem Onlineportal kundtun, darüber diskutieren und abstimmen. Im Anschluss wurde dieser Input offline aufgearbeitet, um die Ergebnisse dann erneut den Bürgern zur Diskussion zu stellen. Fast 1000 Bürger der Stadt beteiligten sich laut Lutz an dem Prozess. Damit erhielt die Stadt wertvollen Input. Auch völlig neue Handlungsfelder seien so in die Agenda mit eingeflossen. Ohne die Bürgerbeteilung wäre die Stadt nicht so schnell auf die Ideen gekommen, hob Lutz den Mehrwert dieses Open-Innovation-Ansatzes hervor.

Den Kuchen vergrössern

Am Nachmittag hielt Dirk Helbing ein Plädoyer für offene Innovationen. Er ist Professor für Computational Social Science an der ETH Zürich und bezeichnet sich als Soziophysiker. Seiner Meinung nach ist eine nicht nachhaltige Wirtschaft die Ursache für die grössten globalen Probleme. Er nannte hierbei etwa den Klimawandel, die Finanzkrise oder die Flüchtlingswellen.

Daher genüge es nicht, "nur die Parameter der Gleichung zu ändern", sagte er. Die Gleichung an sich müsse ungeschrieben werden. Es brauche einen Paradigmenwechsel – auch in der Wirtschaft. Die Digitalisierung biete hier eine grosse Chance. Denn Daten könnten anders als andere Rohstoffe beliebig häufig vervielfältigt werden. Zentral sei jedoch, dass diese Daten offen und frei zugänglich seien. Nur so könnten neue Geschäftsmodelle und Ideen entstehen. Anders als in der aktuellen Wirtschaft liesse sich so der Kuchen der Wirtschaft vergrössern, anstatt sich um die einzelnen Stücke des immer gleich grossen Kuchens zu schlagen, sagte er.

Auch Unternehmen müssten ihre Daten öffnen, zeigte sich Helbing überzeugt. Diese offenen Daten sind seiner Vorstellung nach wie Blätter an einem Baum, die herunterfallen und dann am Boden einen Humus für neue Ideen schaffen. Der freie Zugang zu Daten wird gemäss Helbing in der Zukunft über die Innovationskraft einer Volkswirtschaft entscheiden. Nur durch mehr Offenheit und eine engere Zusammenarbeit der Unternehmen in Europa könnte der Kontinent gegen Wettbewerber aus Asien und den USA bestehen.

Gleichzeitig befähigt ein offener Zugang zu Daten die Bevölkerung zu Innovationen. Ähnlich wie Legosteine könnten die Daten zu immer neuen Produkten zusammengefügt werden. So würden Plattformen entstehen, die es ermöglichten, Probleme aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Die kollektive Intelligenz verspreche mehr Innovationen, die nicht nur die Wirtschaft voranbringe, sondern auch zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen könne.

Opendata.swiss ausgezeichnet

Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch ein Preis verliehen. Das Bundesarchiv erhielt für seine Arbeit mit dem Portal opendata.swiss von Bearingpoint eine Auszeichnung. Alljährlich schreibt das Unternehmen einen Preis für E-Governement-Projekte im DACH-Raum aus. Erstmals gewann mit opendata.swiss auch ein Schweizer Projekt. Das Portal erhielt die Auszeichnung in der Kategorie "Bestes Kooperationsprojekt 2016".

Jean-Luc Cochard, Mitarbeiter des Bundesarchivs, nahm den Preis entgegen. Im Anschluss ging er auf die Erfolge des Portals ein. Das Portal wurde Anfang Februar dieses Jahres in der überarbeiteten Form lanciert. Seitdem verdreifachte sich die Zahl der Datensätze auf rund 2000. 8 neue Organisationen steuerten Datensätze bei. Aktuell sind knapp 30 Organisationen auf dem Portal aktiv. Vorrangig sind dies jedoch Bundesbehörden. Mit den SBB ist nur ein einziges Unternehmen verzeichnet. Laut Cochard sollen aber in Zukunft noch viele weitere Teilnehmer folgen.

Die Veranstaltung schloss mit einem Apéro und anschliessenden Dinner. Die Gäste nutzten die Gelegenheit intensiv, um sich über den Input aus den Vorträgen auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen.

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