Mike Blackman, ISE

"Der Content wird stets ausgeklügelter"

Uhr | Aktualisiert
von Coen Kaat

Die AV-Messe Intergrated Systems Europe (ISE) hat gezeigt, dass sich der AV- und der IT-Sektor immer stärker annähern. Was das für die Branche, aber auch für Kunden des stationären Handels bedeutet, erklärt Mike Blackman, Managing Director ISE, im Interview.

Mike Blackman, Managing Director der ISE. (Quelle: ISE)
Mike Blackman, Managing Director der ISE. (Quelle: ISE)

Die ISE hat sich zur Leitmesse im Bereich Digital Signage (DS) entwickelt. Woran liegt das?

Mike Blackman: Wir hören auf den Markt und auf unsere Aussteller. Wir möchten wissen, was sie wollen und ihnen das auch bieten. Wir hatten zudem einige Erfolge mit unserer Konferenzreihe Digital Signage Summit. Das Feedback aus diesen Konferenzen nutzen wir, um auch die ISE mit mehr DS-Inhalten und -Austellern anzureichen. Dieses Jahr führten wir erstmals auch einen Summit an der ISE durch. Für uns war es der nächste logische Schritt. Der Reiz der Messe für DS-Anbieter liegt darin, dass sie sich an der Messe mit einer Vielzahl von Endkunden aus vertikalen Märkten vernetzen können. Zudem könnten auch unter den anderen Ausstellern potenzielle Kunden sein.

 

Wie erklären Sie sich den Erfolg der Messe?

Wir versuchen, so nah wie möglich am AV- und Integratoren-Business zu bleiben. Zudem prüfen wir unsere Vorgehensweise laufend. Unser Mantra lautet: "Wie ist es gelaufen? Was können wir besser machen?" Ein weiterer Vorteil ist unsere enge Zusammenarbeit mit Cedia und Infocom International sowie zahlreichen anderen Berufsverbänden, Medien- und Technologiepartnern. Das bietet uns einen einmaligen Einblick in das AV-Geschäft.

 

Was unterscheidet die ISE von anderen AV-Messen?

Die ISE bringt viele Technologien zusammen, deren Wirkungsbereiche sich überlappen und die daher untereinander kommunizieren müssen. DS, Audio und Unified Communications sind zwar vertikale Sektoren, doch operieren diese nicht mehr separat. Mit IP ist nun noch viel mehr möglich. Da sich dieses Thema durch die ganze Messe zieht, wählten wir es auch zum diesjährigen Marketing-Slogan: "All the connections you need". Das gilt auf einem technischen und einem persönlichen Level.

 

Wie hat sich die Messe 2017 im Vergleich zum Vorjahr verändert?

Sie wurde grösser! Dieses Jahr erstreckte sich die ISE über zwei neue Hallen – Halle 9 und Halle 14. Wir hatten mehr als 130 neue Aussteller und boten Education-Technologien erstmals einen dedizierten Bereich. Zusammen mit unserem Partner Holovis gestalteten wir zudem eine Fläche für immersive Technologien wie Virtual, Augmentend und Mixed Reality. Dort zeigten wir, wie diese Technologien im Geschäfts- und Entertainment-Umfeld verwendet werden können.

 

Wie hoch ist der Anteil Schweizer Aussteller an der ISE?

Dieses Jahr waren 14 Unternehmen aus der Schweiz vertreten.

 

Die ISE begann in der Schweiz. Wie wichtig ist sie heute noch für die ISE?

Das scheint mittlerweile schon wirklich lange her, aber angefangen hat die ISE in Genf. Auch heute ist die Schweiz noch ein wichtiger Teil unserer Geschichte. Dementsprechend freuen wir uns natürlich über jeden Schweizer Aussteller und jeden Schweizer Besucher.

 

Was sind Ihre persönlichen Ziele für die ISE 2018 und darüber hinaus?

Wir wollen den Event weiterentwickeln. Ich will sicherstellen, dass die ISE weiterhin die Destination für AV-Profis und Systemintegratoren bleibt. Ich bin sehr stolz auf alles, was mein Team und ich bereits erreicht haben. Aber ich bin mir auch bewusst, dass es nun unsere Verantwortung ist, uns selbst jedes Jahr neuen Herausforderungen zu stellen, um die ISE voranzubringen. Noch haben wir aber keine konkreten Änderungen geplant.

 

Die Messe wächst jedes Jahr weiter. Werden Sie eines Tages zu gross für Amsterdam und das RAI sein?

Das RAI wächst ja mit! Die Eigentümer des Kongresszentrums planen, mit dem Wachstum der ISE und der anderen Messen auf dem Gelände Schritt zu halten. Wir planen also gemeinsam für die Zukunft. Amsterdam ist definitiv eine fantastische Stadt, um eine Messe zu veranstalten.

 

Welche technologischen Trends werden das Digital-Signage-Jahr 2017 prägen?

Ich glaube, dass der Fokus auf dem Retail-Sektor liegen wird. Wie können Händler mithilfe von DS Daten gewinnen, die ihnen helfen, die Waren zu verkaufen. Schaufenster-Displays mit hoher Helligkeit werden hier eine wichtige Rolle spielen. Man sollte jedoch auch Smart-City-Lösungen, wie etwa digitale Touch-Points für öffentliche Plätze, im Auge behalten. Dieses Segment wird sich schnell entwickeln.

 

IT nimmt eine stetig grössere Position an der ISE ein. Wie viel IT steckt heutzutage in einer Digital-Signage-Lösung?

Das hängt natürlich von der Installation ab, aber der Anteil nimmt zu. Neue Tools verwischen die Grenze zwischen der Wirklichkeit und dem dargestellten Content. Interaktive Lösungen beginnen Digital Signage etwa mit Sprach- oder Gestensteuerung zu kombinieren. So könnte eine Konferenzlösung etwa automatisch die Kamera auf die sprechende Person in einer Videokonferenz richten. Der visuelle Input aus dem AV-Bereich ergänzt dabei effektiv die IT, um die Benutzererfahrung und vor allem dessen Möglichkeiten zu erweitern.

 

Was für Bereiche könnten ebenfalls davon profitieren?

Ich stelle mir zum Beispiel eine interaktive und individualisierte Shopping-Erfahrung in einem stationären Laden vor. Wenn der Kunde einen Kopfhörer in die Hand nimmt, erscheint auf einem Display eine Werbebotschaft zu diesem Gerät. Setzt er es auf den Kopf, streamt automatisch der Lieblingssong des Kunden von seinem Smartphone auf die Kopfhörer. Zugleich wechselt auch das Display und zeigt dem Kunden ein Bild von sich mit dem Kopfhörer. Eine KI-Assistentin schaltet sich ein und beantwortet alle Fragen des Kunden zu dem Produkt. Sowohl akustisch als auch auf dem Bildschirm. Sollte die KI eine Frage einmal nicht beantworten können, verbindet sie den Kunden mit einem menschlichen Experten per Videochat. Wenn der Kunde die Kopfhörer in seinen Einkaufswagen legt, sieht er sogleich eine Auswahl an Zubehör auf dem Display, und die KI-Assistentin fragt, ob sie das Foto von ihm mit dem Kopfhörer in den sozialen Medien veröffentlichen darf.

 

Was hätte der Händler davon?

Die KI-Assistentin könnte eine Meinungsumfrage beim Kunden durchführen. Wieso hat er sich für den Kopfhörer entschieden? Welche Produkte will er künftig im Laden sehen? Im Hintergrund werten Algorithmen das Foto des Kunden aus und erstellen demografische Analysen der Kundschaft. Diese werden für den Filialleiter und die Marketingabteilung gespeichert. Das ist aber nur ein Beispiel, wie AV und IT zusammenarbeiten können. Künftig werden digitale Unternehmen komplett um diese Technologien herum aufgebaut sein.

 

Inwiefern sind aktuelle IT-Trends wie etwa Big Data auch für Signage-Experten von Interesse?

Der Content wird stets komplexer und ausgeklügelter. Diese Inhalte müssen erstellt, dargestellt und gespeichert werden. Folglich steigen die Datenanforderungen, weil immer mehr Informationen gespeichert und verarbeitet werden müssen. Und somit wächst auch der Bedarf nach Big-Data-Expertise.

 

Was könnten die beiden Branchen voneinander lernen?

Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass der AV- und der IT-Sektor sich annähern. Vergleichbare Trends stellt man auch in anderen Bereichen fest. In der Telefonie etwa. Sprachkommunikation gehört nun zum Hoheitsgebiet der Datendienste und Apps. Tatsächlich steckt dahinter keine simple Annäherung, sondern eine komplexe Neuausrichtung, die neue Geschäftsmöglichkeiten kreiert. Das setzt jedoch voraus, dass sich beide Bereiche gegenseitig besser verstehen müssen. Die derzeitigen Trends im AV- und IT-Bereich benötigen eine konvergente Infrastruktur, die auf den besten Eigenschaften beider Sektoren aufbaut. Wer heute IT effektiv einsetzen will, muss über ein tiefgehendes Verständnis von AV-Lösungen und deren Platz in der IT-Landschaft verfügen. Die ISE ist der ideale Ort für Systemintegratoren, Berater, aber auch für CIOs und Enterprise Manager, um zusammenzukommen und mehr über diese Bewegungen zu erfahren.

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