Zwischen Hype und Realität

Die Trends in der Webentwicklung

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Alle reden von Chatbots, Artificial Intelligence, Cognitive Computing, Machine Learning und Mobile ­Payment. Wie relevant sind diese Technologien wirklich? Was ist nur ein Hype? Und wie sehen das die Entwickler? Die Redaktion hat bei Schweizer Webagenturen nachgefragt.

(Quelle: exdez / iStock.com)
(Quelle: exdez / iStock.com)

"Schweizer Programmierer sind die hartnäckigsten der Welt", schrieb Hackerrank im September 2016. Das Unternehmen wertete aus, wer seine im Web gehosteten "Coding Challenges" abbricht und wer nicht. Schweizer tun das offenbar kaum – sie landeten im Ranking auf Platz 1. Hackerrank untersuchte auch, wer in welchen Bereichen heraussticht. Die Schweiz schnitt gut ab. Sie lag bei den Datenbanken auf Platz 1, bei der funktionalen Programmierung auf Platz 2, bei SQL, Ruby und Sicherheitsthemen auf Platz 3.

Wer weitere Daten über Schweizer Entwickler sucht, findet nur wenig. Einige interessante Zahlen liefert die jährlich durchgeführte Developer Survey von Stack­overflow. An ihr nahmen 2016 rund 56 000 Personen aus 173 Ländern teil – 574 davon aus der Schweiz. Die Schweiz generiert auf der Website jeden Monat rund 1,6 Millionen Visits. Laut der Umfrage sind 123 318 der aktiven Nutzer auf Stackoverflow beruflich als Entwickler in der Schweiz tätig.

 

Rust, Notepad++ und Star Wars

Die Entwicklerumfrage von Stackoverflow ist die grösste der Welt. Sie zeigt aktuelle Trends in der Branche auf. Die Redaktion zeigt die wichtigsten im Überblick:

  • 28 Prozent der Befragten waren "Full-Stack Developer". Sie beherrschen fünf oder sechs Programmiersprachen oder Frameworks.

  • 85 Prozent der "Full-Stack Developer" nutzen Java­script, 59 Prozent SQL, 37 Prozent C#. Darauf folgen PHP (35 Prozent), Angular (32 Prozent), Java (31 Prozent), SQL Server (28 Prozent), Node.js (27 Prozent), Python (18 Prozent) und LAMP (16 Prozent).

  • 79 Prozent der Befragten lieben Rust. Gefolgt von Swift (72 Prozent), F# (70 Prozent), Scala und Go (je 69 Prozent), Clojure (67 Prozent), React (66 Prozent) und ­Haskell (64 Prozent).

  • 80 Prozent der Befragten hassen Visual Basic, ­gefolgt von Wordpress (74 Prozent), Matlab (73 Prozent), Sharepoint (72 Prozent), Coffeescript (71 Prozent), LAMP (69 Prozent), Cordova (67 Prozent) und Salesforce (65 Prozent).

  • Programmierer nutzen durchschnittlich zwei bis drei IDEs. Die beliebtesten Entwicklungsumgebungen sind Notepad++, Visual Studio, Sublime Text, Vim, Eclipse und IntelliJ.

  • Besonders wichtig: Entwickler unter 50 Jahren finden Star Wars tendenziell besser als Star Trek. Wer 50 Jahre oder älter ist, bevorzugt hingegen eher Star Trek.

 

Aktuelle Trends: Bots, AI, Cognitive Computing

Die Redaktion sprach mit den Schweizer Agenturen Hinderling Volkart, Liip, Namics, Netcetera, Notch Interactive und Unic. Auch Sascha Corti, Technical Evangelist bei Microsoft Schweiz, und Matthias Stürmer, Vorstandsmitglied der Swiss Open Systems User Group CH Open und der Verantwortliche für die Website opensource.ch, äusserten sich.

Für Corti sind Bots, künstliche Intelligenz und Cognitive Computing die wichtigsten Trends in der Webentwicklung. "Konversation als Plattform wird immer wichtiger", sagt er. Mit Bots würden Firmen ihre Kunden nicht nur auf Websites, sondern auch über gängige Chat-Plattformen erreichen. Aus Sicht von Microsoft sei ausserdem .Net Core spannend. Es erlaube eine serverseitige Web­entwicklung ohne Plattformeinschränkungen auf Open-Source-Basis. Corti erwähnte zudem Type­script und Angular2.

 

"Chatbots werden stark gehyped"

Für Peter van der Touw, CEO von Notch Interactive, gehören Bots ebenfalls zu den heissesten Technologietrends. Er listet zudem Virtual und Augmented Reality sowie Machine Learning und künstliche Intelligenz auf. "Big Data ist nur über künstliche Intelligenz sinnvoll zu verarbeiten", sagt van der Touw. "Chatbots werden momentan sehr stark gehyped", teilt Liip mit. Die meisten der heutigen Chatbots seien allerdings noch nicht wirklich smart. In Kombination mit Machine Learning und APIs wie zum Beispiel Wit.ai sei das Potenzial aber gross.

Auch Hinderling Volkart sieht künstliche Intelligenz, Deep Learning, Chatbots sowie Virtual und Augmented Reality als Trendthemen. Die Agentur verspricht sich zudem viel von Headless CMS, dem Javascript-Webframework React und der 3-D-Entwicklung, etwa mit WebGL.

 

IT-Sicherheit bleibt ein heisses Thema

Unic nennt ebenfalls das maschinelle Lernen. Die Agentur rückt zusätzlich "Quantencomputer oder zumindest viele Quantengatter" und die Zunahme von billigen Geräten für das Internet der Dinge in den Fokus. Letztere erhöhten die ausnutzbaren Schwachstellen im Web. "DDOS-Angriffe auf die Infrastruktur des Internets werden auch 2017 ein sehr heisses Thema bleiben", teilt Unic mit.

"An erster Stelle steht Machine Learning und die damit verbundene Nutzbarmachung von bestehenden Daten", schreibt Namics. Wichtig seien ausserdem Everything-as-a-Service, neuartige Bezahl­modelle, Alles-on-Demand-Lösungen und Security by Design.

 

Reactive Systems und Mobile Payment

Netcetera antwortet auf die Frage nach den Trends kreativ: "Die Thermodynamik lehrt uns: Je heisser etwas ist, desto schneller kühlt es ab. Unter dieser Prämisse sind Machine Learning, das IoT und Reactive Systems die heis­sesten Trends." Letztere sind Architekturen und Technologien für asynchrone und message-basierte Systeme, die responsive, robust und fehlertolerant sind und besonders gut skalieren.

Liip nennt Mobile Payment als weiteren Trend. "Bezahlen per Fingerabdruck ist immer noch eine Seltenheit in den Schweizer Onlineshops, obwohl es sehr benutzerfreundlich ist", teilt die Webagentur mit.

 

"Open Source ist fundamental für das Web"

Wer über Webtechnik spricht, kommt auch am Thema Open Source nicht vorbei. "Open Source ist fundamental für die IT und insbesondere für das Web", sagt Stürmer von CH Open. Der Verein setzt sich für quelloffene Software ein. "Dienste wie Twitter oder Spotify etwa laufen auf Linux-Servern."

Auch grosse IT-Unternehmen wie Google und Microsoft setzen heute laut Stürmer stark auf Open Source. Einige würden ihre Lösungen oder Teile davon auch selbst freigeben. Etwa Microsoft, das seine Programmiersprache Typescript offen anbiete. Ein anderes Beispiel sei die Frontend-Entwicklungslösung Bootstrap von Twitter. Auf den Trend hin zu Frontend-Technologien wird die Redaktion in der nächsten "Netzwoche"-Ausgabe eingehen.

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