Investoren belästigen Unternehmerinnen

Sexuelle Belästigung in der US-Start-up-Szene

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In der amerikanischen Start-up-Szene werden immer mehr Stimmen über sexuelle Belästigung gegenüber Frauen laut. Besonders Investoren würden ihre Machtposition ausnutzen. Die Vorfälle werden nun aktiv angesprochen.

sellingpix / Fotolia.com
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Mitte Juni berichtete "The Information" über Fälle von sexueller Belästigung gegenüber Frauen in Start-ups durch Investoren. Der Beitrag enthielt Anschuldigungen gegenüber Justin Caldbeck von Binary Capital. Daraufhin stellten die New York Times Nachforschungen an. Die Zeitung wollte herauszufinden, wie verbreitet dieses Verhalten ist.

Laut dem nun vorliegenden Bericht sind Frauen in der Start-up-Szene oft sexistischem Verhalten ausgesetzt. Mehr als zwei Dutzend Frauen aus Technologie-Start-ups berichteten gegenüber der New York Times über sexuelle Belästigung. Wie dem Bericht zu entnehmen ist, haben sie auch Beweismaterial vorgelegt, dass etwa Investoren wie Chris Sacca von Lowercase Capital und Dave McClure von "500 Startups" belastet.

Sexuelle Angebote und unerwünschter Körperkontakt

In Finanzierungsrunden würden Investoren gegenüber Unternehmerinnen anzügliche und teilweise explizit sexuelle Angebote machen. Auch ungewollter Körperkontakt bleibe nicht aus. Die potentiellen Investoren hätten im Nachhinein das Geschehen kleingeredet. In einigen Fällen hätten sie den Frauen sogar mit Ausgrenzung gedroht, sollten sie über die Vorfälle sprechen.

Bereits Anfang dieses Jahres startete der Fahrdienstanbieter Uber eine interne Untersuchung bezüglich Belästigungsvorwürfen gegenüber CEO Travis Kalanick. Dieser trat vor kurzem von seiner Position zurück, was jedoch auch noch andere Gründe hatte.

Die New York Times vermutet, dass der geringe Anteil von Frauen in der Start-up-Szene ein Grund für sexuelle Belästigung sein könnte. Unternehmerinnen hätten letztes Jahr 1,5 Milliarden US-Dollar zur Start-up-Finanzierung erhalten. Bei den Männern seien es 58,2 Milliarden gewesen. Eine Erklärung könnte sein, dass sexuelle Belästigung Frauen abschreckt. Gleichzeitig könnten sich Frauen laut der New York Times nur schwer wehren, wenn sie auf eine Finanzierung angewiesen sind.

Es findet ein Umdenken statt

Gemäss der New York Times hat die aktuelle Diskussion einen positiven Aspekt. Sie signalisiere, dass es nun zu einem Umdenken im Silicon Valley komme. Gemäss der Zeitung wurde sexistisches Verhalten im Silicon Valley schon längst vermutet, aber selten aufgedeckt.

Nach bekanntwerden der Vorwürfen gegenüber Caldbeck im Juni, verlor er nicht nur seinen Job bei Binary Capital. Andere Investoren entzogen dem Unternehmen laut den New York Times auch die Geldmittel. Das dürfte ein klares Zeichen sein, dass ein solches Verhalten nicht geduldet werde.

Zusammen gegen das Problem

Auf Linkedin reagierte Reid Hoffman, einer der Gründer des Social-Media-Unternehmens, auf die Enthüllungen zu Caldbeck mit einer Forderung an die Industrie. Alle Player müssten zusammen an einer Industrieweiten "HR function" arbeiten. Das Ziel sei, dass Investoren, die Start-up-Mitglieder sexuell belästigen, die gleichen Konsequenzen tragen müssen, wie wenn sie das bei Angestellten tun würden.

Die Redaktion fragte bei mehreren Organisationen der Schweizer Start-up-Szene an, ob es ähnliche oder abweichende Berichte zu diesem Thema in der Schweiz gibt. Bisher antwortete nur eine Sprecherin von Swiss Finance Start-ups. Ihrer Ausführungen zufolge hat der Verband keine Daten.

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