Im Stade de Suisse

Cognitive Computing und künstliche Intelligenz am 17. CNO-Panel in Bern

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In Bern hat das 17. CNO-Panel stattgefunden. Es drehte sich um Cognitive Computing und künstliche Intelligenz. Die Schweizer Robotik-Legende Rolf Pfeifer hielt einen spannenden Vortrag.

Rolf Pfeifer auf der Bühne am CNO-Panel (Source: Netzmedien)
Rolf Pfeifer auf der Bühne am CNO-Panel (Source: Netzmedien)

Was kommt auf unsere Gesellschaft zu? Welche Veränderungen bringt der globale Markt für Unternehmen? Und sind Computer bald eigene Persönlichkeiten? Das 17. CNO-Panel werde Antworten auf diese Fragen liefern, versprachen die Organisatoren.

Die Veranstaltung, die gestern in Bern stattfand, enttäuschte nicht. Da das Kultur Casino bis mindestens Sommer 2019 renoviert wird, ging der Event erstmals im Stade de Suisse in Bern über die Bühne.

Pfeifer widerlegt Mythen

Highlight des Abends war Rolf Pfeifer. Er befasste sich sein gesamtes Berufsleben mit (künstlicher) Intelligenz. Pfeifer ist ehemaliger Direktor des Artificial Intelligence Lab der Universität Zürich, Wissenschaftsberater bei Living with Robots Inc. und nahm zwei Professuren in Osaka und Shanghai an. Seine Forschung erlangte Weltruhm.

Die Redaktion sprach mit Pfeifer schon vor dem Event. Er kündigte an: "Ich werde über den Hype rund um Robotik und Artificial Intelligence sprechen. Und über die nächste Generation von intelligenten Maschinen." Genau das tat er dann auch.

Pfeifer ging auf einige Aussagen ein, die man immer wieder hört: Automatisierung und Robotik zerstören massenhaft Jobs, Technologien wachsen heute alle exponentiell und sind kaum noch kontrollierbar, und eine künstliche Intelligenz werde sich irgendwann über die Menschheit erheben und diese versklaven. Das sei alles Blödsinn und nicht belegbar, sagte Pfeifer.

"iPhones auf Rädern"

Die Robotik im Jahr 2017 habe ein ganz anderes Problem: Die Menschen würden enorm hohe Erwartungen an sie stellen, die sie noch nicht erfüllen könne. Pfeifer bezog diese Aussage nicht etwa auf Industrieroboter, die seit Jahren gute Dienste leisten. Sondern auf Consumer und Social Robots. Diese seien heute nicht viel mehr als "iPhones auf Rädern", sagte Pfeifer.

Einer der Gründe dafür sei, dass Investoren kaum in komplexe Robotik-Projekte investieren würden. Die Herstellung eines Roboters ohne Sensomotorik koste 200 bis 800 US-Dollar. Mit sensomotorischen Fertigkeiten seien es 20'000 bis 100'000 Dollar. Einen Return on Investment erziele man bei Robotik-Projekten oft erst nach 10 oder 20 Jahren. Bei Software hingegen liege die Zeitspanne bei bloss 3 bis 5 Jahren.

In China zum Beispiel gebe es im Markt für Robotik zwar viel Bewegung und viel Hype. Die Investoren würden sich aber vor allem für den Massenmarkt interessieren und seien kaum an langfristigen Investitionen in Robotik interessiert, so Pfeifer.

Kompetenz vs. Performance

Der Roboter- und Artificial-Intelligence-Hype habe 2013 angefangen. Medien berichteten damals, dass Google 8 Robotik-Firmen in 6 Monaten gekauft habe. Heute sei der Hype noch grösser. AlphaGos Entwickler verglichen ihre künstliche Intelligenz gar mit der Mondlandung. Das sei absurd, sagte Pfeifer.

AlphaGo sei zwar ein extrem leistungsfähiger Algorithmus. Er habe aber null Kompetenz und wisse nicht einmal, dass er Go spiele und dass Go ein Spiel sei, sagte Pfeifer. Man müsse immer zwischen Performance und Kompetenz unterscheiden. Es reiche, das Spielfeld von 19x19 auf 18x18 Felder zu verkleinern – und AlphaGo könne keinen einzigen Zug mehr machen. Der Mensch hingegen schon.

"Wo sehen Sie selbstfahrende Autos?"

Pfeifer zeigte am Beispiel der selbstfahrenden Autos, dass die Entwicklung der Technik alles andere als schnell voranschreitet. Der deutsche Robotiker Ernst Dickmanns habe das erste selbstfahrende Auto bereits 1987 an der Universität der Bundeswehr in München entwickelt. Es konnte schon damals auf einer normalen Strasse fahren, mit 90 Kilometern pro Stunde. Seither sind 30 Jahre vergangen. "Und jetzt schauen Sie mal nach draussen! – Wo sehen Sie selbstfahrende Autos?"

Doch was können wir gegen den Hype tun? Es sei wichtig, ehrlich und realistisch über den aktuellen Stand der Robotik zu informieren. Ohne grosse Erwartungen zu schnüren. Man müsse den Menschen klar machen, dass Roboter sie nicht ersetzen können. Die Zukunft seien Kooperationen zwischen Menschen und Robotern.

Einfach den Stecker ziehen

Nach dem Vortrag gab es eine Diskussionsrunde. An ihr nahmen ausser Pfeifer auch Edy Portmann von der Universität Freiburg und Stuart Robinson vom Centre for Cross-Cultural Conflict Conciliation teil.

Portmann sagte, dass der Hype um Robotik und KIs uns dazu anrege, über Menschen nachzudenken. Pfeifer merkte an, dass wir nicht auf den Terminator warten müssten und schon längst von der Technologie versklavt seien. "Wir können uns nicht mehr entscheiden, einfach den Stecker zu ziehen – sonst würde alles zusammenbrechen."

Robinson sagte, dass es nicht schlecht wäre, wenn sich Richter vor KIs verantworten müssten. Menschliche Schwachstellen könnten so vielleicht ausgemerzt werden.

Swiss Software Industry Survey 2017

An der CNO-Academy stellte ICTswitzerland zudem am Nachmittag die Ergebnisse der Swiss Software Industry Survey 2017 vor. Die Redaktion berichtete darüber.

Der Abend fand mit einem gemeinsamen Dinner und einem Bier an der Bar sein Ende. Das nächste CNO Panel wird am 30. Oktober 2018 stattfinden.

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