Neue Studienergebnisse

Computerunterstützte Roboter-Reha statt Physiotherapie

Uhr | Aktualisiert

Was hilft Patienten mit Lähmungserscheinungen am besten? Eine konventionelle Therapie oder eine roboterassistierte Therapie mit Computersimulationen? Eine Studie zeigt erste Ergebnisse.

So kann eine Computersimulation für Alltagsbewegungen beispielsweise aussehen. (Quelle: Hocoma)
So kann eine Computersimulation für Alltagsbewegungen beispielsweise aussehen. (Quelle: Hocoma)

Eine neue ETH-Studie zeigt, dass Patienten mit Lähmungserscheinungen mit einer roboterassistierten Therapie im Durchschnitt leicht bessere Ergebnisse erzielen als diejenigen, die ein klassisches Training mit einem Physio- oder Ergotherapeuten durchführen. Die Studie entstand im Rahmen einer Zusammenarbeit von Forschenden der ETH um Robert Riener, Professor am Labor für Sensomotorische Systeme.

Eine Art Roboter-Physiotherapie

Der Unterschied dieser neuen Therapie zu den herkömmlichen Methoden wie Physio- oder Ergotherapie liegt darin, dass der Patient statt mit einem Menschen mit einem Roboter bestimmte Bewegungen übt und diese mittels Computersimulationen unterstützen kann. Dazu gehört beispielsweise, virtuell Wasser in ein Glas einzuschenken.

Die Reha-Therapie eignet sich laut Riener für Menschen mit Lähmungserscheinungen, die beispielsweise durch neurologische Schädigungen, inkomplette Querschnittlähmung oder Schädel-Hirn-Trauma verursacht werden. Sie kann auch bei Multiple Sklerose (MS), Parkinson, oder Kindern mit Zerebralparesen eingesetzt werden. Bei degenerativen Erkrankungen, wie MS oder Parkinson kann sie den Verlauf aber nicht stoppen, sondern nur verlangsamen oder die Einschränkungen mildern.

Drei Trainingsmodi

Für die Therapie existieren drei verschiedene Trainingsmodi. Beim "Mobilisieren", also dem Verbessern der Bewegungsabläufe durch Bewegung, dient die Computersimulation laut Riener nur als Ergänzung.

Bei den Spielen und bei der Übung von Alltagsaktivitäten, die die Computersimulation bietet, brauche man die Visualisierung hingegen zur Darstellung und Durchführung der Aufgabe.

Sicherheit sehr wichtig

Laut Riener erfordert die roboterassistierte Therapie höchste Sicherheitsstandards. "Industrieroboter werden in Käfige gesteckt. Unser Roboter teilt nicht nur den Arbeitsraum mit dem Menschen, sondern befindet in direktem mechanischen Kontakt mit dem Menschen", gibt er zu bedenken.

Was die Übungen betrifft, können die Patienten diese in Computerspiele integrieren. Ziel dabei ist, die Patienten zu motivieren. "Eines der Hauptprobleme der konventionellen Therapie ist, dass die Patienten die Lust am Training verlieren", so Riener. "Mit Spielen kommen sie wieder gerne in die Therapiestunde." Ausserdem könne man die Bewegungsaufgabe sehr intuitiv erklären. "Nur durch Hinschauen wird dem Patienten aus dem Kontext heraus klar, was er machen muss."

20 Übungen für den Alltag

Zur Verfügung stehen ungefähr 20 verschiedene, alltagsrelevante Übungen. Durch eine "multimodale Interaktion" mittels Bewegung, Bild und Ton werde zudem das Hirn stärker angeregt und kombiniert durch eine erhöhte Motivation mehr Dopamin ausgeschüttet, was das Lernpotenzial und damit die Heilung fördert, so Riener.

Für die Kommunikation zwischen dem Roboter und der Computersimulation werden zuerst Bewegung und Kraft des Patienten gemessen. Anhand dieser Daten steuert der Computer die Grafik und Akustik, der Schwierigkeitsgrad wird automatisch angepasst. Der Patient wird dabei laut Riener nur so viel wie nötig unterstützt.

Produkt bereits auf dem Markt

Eine Gruppe von Forschern hat bereits 2003 mit dem Reha-Projekt begonnen. Der erste Roboter war Anfang 2005 fertig, samt Computeranimation. Das Gerät kam 2011 erstmals als Betaversion auf den Markt. Das Schweizer Unternehmen Hocoma mit Hauptsitz in Volketswil entwickelt die automatisierten Therapiegeräte.

Trotzdem sind laut Riener weitere Studien notwendig, um zu zeigen dass der Fortschritt-Effekt vorhanden ist und er verstärkt werden kann.