Test der Onlineprozesse

Scheindigitalisierung bei Schweizer Banken

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von Gianna Crivelli

Namics hat den Online-Onboardingprozess von 14 Banken in der Schweiz und in Deutschland untersucht. Die Agentur liefert ein ernüchterndes Fazit: Der Prozess laufe grösstenteils offline ab. Zwei grosse Schweizer Banken schneiden schlecht ab.

Namics hat eine Studie zur Digitalisierung von Banken veröffentlicht. Die Digitalagentur analysierte den Onboardingprozess von 14 Banken in der Schweiz und in Deutschland, wie das Unternehmen mitteilt. Das Fazit: Viele Banken seien "scheindigitalisiert". Sie würden den Kunden ein Onlineerlebnis versprechen, die meisten Dienste seien jedoch offline.

Kunden, die online ein Konto eröffnen und eine Kreditkarte bestellen wollen, müssen den Prozess laut der Analyse zu beinahe zwei Dritteln offline durchlaufen. Bis das Onlinekonto freigeschaltet und die Kreditkarte zugestellt wurde, erhielten Kunden durchschnittlich neun Postzusendungen, drei Anrufe und mussten mindestens ein Mal in der Filiale vorbeigehen. Nur Fintechs wie Number26 würden bis zu 90 Prozent des Prozesses online ermöglichen.

Kanalwechsel und lange Wartezeiten

Der Prozess sei ausserdem ineffizient, zeitaufwändig und fehleranfällig. Im Schnitt konnte eine erste Inlandsüberweisung mit dem eröffneten Konto nach 11,5 Tagen getätigt werden. Das Fintech Number26 schnitt dabei mit 2 Tagen am besten ab. Auf dem vorletzten Platz landete die UBS mit 22 Tagen Wartezeit, gefolgt von der Credit Suisse mit 17 Tagen.

Bis Kunden das erste Mal mit der Kreditkarte bezahlen konnten, dauerte es zudem durchschnittlich 11 Tage. Antragsteller müssen in den meisten Fällen 20 Schritte durchlaufen, um Kunde zu werden, und erhalten durchschnittlich 22 Dokumente. Dabei erfahren sie im Schnitt zehn Kanalwechsel, bei der schlechtesten Bank waren es sogar 26 Wechsel. Kontaktdaten müssen wiederholt angegeben werden und gehen beim Kanalwechsel teilweise verloren, wie Namics schreibt.

Online angepriesen, offline geliefert

"Online ist Pflicht. Unsere Analyse zeigt jedoch, dass meist 'online' versprochen wird, der Kunde aber schnell beim Offlinekanal landet. Damit sind viele der untersuchten Banken scheindigitalisiert und steuern an den heutigen digitalen Trends vorbei", äussert sich Matthias Bitzer, Senior Consultant bei Namics, in der Mitteilung.

Namics führte zur Erhebung der Daten von Februar bis Mai 2016 ein Mystery-Shopping durch. Getestet wurden in der Schweiz die UBS, Credit Suisse, Migros Bank, Postfinance, Raiffeisen und Zürcher Kantonalbank. In Deutschland wurden unter anderem die Commerzbank, die Deutsche Bank und die Postbank untersucht.

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