Datenschutztag 2014

Big Data und Datenschutz – ein Widerspruch?

Uhr | Aktualisiert

Wo liegen die Grenzen zwischen Big Data und dem Datenschutz? Was darf man, was nicht? Die Antworten sind nicht eindeutig. Das hat eine Polit-Diskussion gestern in Bern gezeigt.

Von links: Hanspeter Thür, Ruedi Noser, René Zeller (Moderator), Anita Fetz und Alexis Roussel. (Quelle: Netzmedien)
Von links: Hanspeter Thür, Ruedi Noser, René Zeller (Moderator), Anita Fetz und Alexis Roussel. (Quelle: Netzmedien)

Gestern Dienstag haben sich im Politforum des Käfigturms in Bern vier Vertreter aus Bund und Politik zum Datenschutztag 2014 getroffen. Unter der Leitung von René Zeller, Ressortleiter Schweiz bei der NZZ, haben sie das Thema "Datenklau und Lauschangriff – ist unsere Privatsphäre noch zu retten?" diskutiert.

Mit dabei waren Anita Fetz, Ständerätin (SP/BS), Ruedi Noser, Nationalrat (FDP/ZH), Alexis Roussel, Präsident der Piratenpartei Schweiz und Hanspeter Thür, Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter.

Wo liegen die Probleme?

Die Teilnehmer haben unter anderem die Fragen diskutiert, was die Schweizer Politiker im Rahmen des Datenschutzes unternehmen, vor allem in Bezug auf die Enthüllungen der NSA-Affäre. Zudem diskutierten sie die Grenzen von Big Data, auch in Bezug auf Konsumenten. Wo müssen Unternehmen, die ihre Kunden via Cookie-Tracking oder andere Methoden "aushorchen", Grenzen setzen, um den Datenschutz nicht zu verletzen?

Im Laufe der Diskussion wurde schnell klar: Das Thema Datenschutz ist hochkomplex. Für die involvierten Politiker und Vertreter des Bundes wird es nicht einfach sein, sich auf einen gemeinsamen Nenner zu einigen. Kommt hinzu, dass auch zukünftige Regeln auch für die involvierten Unternehmen tragfähig sein müssen, weil sie sonst sowieso umgangen werden wird.

Kavaliersdelikt Datenschutzverletzung

Thür beispielsweise wies darauf hin, die heutigen Regeln und Gesetze nicht mehr der Realität von Big Data genügen. Daher stehe die Frage im Raum, ob es eine Änderung des bestehenden Gesetzes brauche. Komme hinzu, dass es heute als Kavaliersdelikt gelte, wenn man eine Datenschutzverletzung begeht. "Es gibt keine Bestrafung. Das muss sich definitiv ändern", so Thür.

Ihm zufolge besteht dann ein Problem, sobald mit Hilfe von Analysen von Big Data Wahrscheinlichkeitsaussagen getroffen werden können, die Menschen betreffen und eine Entscheidung nach sich ziehen. Ein einfaches Beispiel: Eine Person erhält keinen Kredit, weil sie in einer Region wohnt, in der mehr kreditunwürdige Personen leben als anderswo.

Dem widersprach Noser: Man müsse unterscheiden zwischen Situationen, in denen man sich den Datenschutz wünsche und solche, in den man froh sei, auf Analysen von Big Data zurückgreifen zu können – zum Beispiel dann, wenn ein Arzt im Rahmen einer Behandlung auf Erfahrungswerte von anderen Patienten zugreifen könne. "Der Datenschutz ist heute viel komplexer als früher, wir müssen dieses Gesetz von Grund auf neu erarbeiten", war seine Forderung.

Fehlendes Verständnis der Gesellschaft

Fetz indes beklagte sich über das fehlende Verständnis bezüglich Datenschutz, das in der Bevölkerung vorherrsche. "Mich nervt es, wenn ich auf der Skipiste einfach so gefilmt werde", sagte sie. Aber auch die Faszination der Technik problematisch, weil sie quasi alles überwiege und die Menschen dazu bringe, ihre Daten überall preiszugeben.

Roussel wies darauf hin, dass es Zeit brauchen werde, um mit der neuen Situation zurechtzukommen. Man müsse daher versuchen, das Verständnis in der Bevölkerung zu fördern. "Die Situation wird nicht besser mit der Einführung von Google Glass und Autos, die am Netz hängen", gab er zu bedenken.

BÜPF und Nachrichtendienstgesetz

Konkrete Entscheide stehen mit der Revision des BÜPF sowie dem Vorschlag des Bundesrates zum neuen Nachrichtendienstgesetz auf dem Tapet. Letzter wurde ausgehandelt, bevor Snowden die Geheimnisse der NSA ausplauderte. Die Anwesenden waren sich einig, dass der Vorschlag in seiner derzeitigen Form nicht akzeptabel ist, weil er beispielsweise präventive Überwachungsmassnahmen vorsieht.