Fujitsu Storage Days 2019

Warum Storage morgen im RAM-Slot steckt und Tinder Kosten senkt

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Die Fujitsu Storage Days 2019 in Safenwil haben sich um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gedreht. Besucher erfuhren, wie die Produktstrategie des japanischen Unternehmens aussieht, wie sich die Storage-Welt wandelt und warum Daten eben doch das Öl des digitalen Zeitalters sind.

Michael Marticke zeigt ein Optane-Modul für den NVDIMM-Slot. (Source: Netzmedien)
Michael Marticke zeigt ein Optane-Modul für den NVDIMM-Slot. (Source: Netzmedien)

Im Oldtimer-Museum von Emil Frey in Safenwil sind die Fujitsu Storage Days 2019 über die Bühne gegangen. Der japanische IT-Hersteller nutzte die Veranstaltung, um auf die Geschichte seiner Speicherlösungen zurückzublicken, Neuheiten vorzustellen und einen Ausblick auf die Zukunft zu geben.

Quantencomputer, das Internet der Dinge und 5G sind die nächsten Technologien, welche die IT-Welt bewegen werden, wie Martin Nussbaumer, Fujitsus Head of Product Sales Switzerland, zur Begrüssung sagte. Auch wenn sie nicht bereits Morgen auf dem Markt zu haben seien, müssten sich Unternehmen heute bereits überlegen, wie sie mit den riesigen Datenmengen umgehen können, welche die IT künftig produzieren wird.

Martin Nussbaumer begrüsste das Publikum in Safenwil. (Source: Netzmedien)

Channel wird Teil der Fertigungskette

Fujitsu vollzieht aktuell die Wandlung vom Produkthersteller zum Dienstleister, wie Sie im Bericht zum Fujitsu Forum 2018 nachlesen können. Trotz dieser Neuausrichtung seien Produkte und Partner für das Unternehmen nach wie vor wichtig. "Hardware ist ein wichtiges Standbein und wir investieren in Forschung und Entwicklung", sagte Nussbaumer im Gespräch mit der Redaktion.

Im Messebereich zeigten Partner von Fujitsu ihre Lösungen. (Source: Netzmedien)

Die Differenzierung am Markt finde allerdings nicht mehr allein mit dem Produkt, sondern in der Assemblierung statt. Was in Deutschland bereits Usus ist, will Fujitsu deshalb ab März 2019 auch in die Schweiz bringen. Die Partner werden gewissermassen Teil der Fertigungskette.

"Assembling bietet die Möglichkeit, Produkte wie Storage und Server spezifisch zu konfigurieren. Der Channel-Partner kennt die konkreten Bedürfnisse des Kunden und kann diese bei der Produktwahl gezielt berücksichtigen. Er kann selbst Veränderungen an den Architekturen vornehmen, beispielsweise in Bezug auf Geschwindigkeit, Flexibilität und der Integration zusätzlicher - auch eigener - Services. Aus Japan kommt das Basisfabrikat, der Channel-Partner macht das Assembling", so Nussbaumer.

Fujitsu brachte ein Modell aus der neuen Eternus-Familie mit. (Source: Netzmedien)

Speicher gestern, heute, morgen

Stefan Roth, Head of Storage bei Fujitsu Central Europe, nahm das Publikum in seinem Referat mit auf einen Streifzug durch die Geschichte des Unternehmens. Er führte von der Gründung 1935 über die Entwicklung der ersten Magnetbänder und Festplatten in den 60er-Jahren bis zu den Hyperconverged-Lösungen der Gegenwart. "Wir wollen den Storage-Markt revolutionieren", sage Roth. Dafür setze Fujitsu auf intelligente Apps, Analytics, Edge Computing, Datensicherung und Hybride IT.

Im Zentrum des Storage-Angebots von Fujitsu steht die neue Generation der "Eternus"-Familie. Sie wurde von Michael Marticke, Evangelist Datacenter und Fujitsu Distinguished Engineer, vorgestellt. Marticke, der seit längerem den Umstieg von Festplatten auf SSD-Speicher predigt, gab sich überrascht vom nach wie vor hohen Anteil von HDDs, die in den Fujitsu-Racks verbaut sind.

Storage auf Magnetband: LT 140. (Source: Netzmedien)

Mit dem Preis lasse sich dieses Festhalten am Magnetspeicher nicht mehr rechtfertigen, sagte Marticke. Anhand eines Vergleichs zwischen zwei 335-Terabyte-Systemen rechnete er vor, dass unter Berücksichtigung der Betriebskosten (OPEX) 15K-Platten nicht mehr günstiger seien als Flash (0,47 Euro pro Gigabyte versus 0,95 Euro pro Gigabyte). "Kaufen sie keine 15K-Platten mehr", riet Marticke.

Und auch bei 10K-Modellen und Nearline-SAS-Platten müssten Kunden genau rechnen. Auf die Frage, wie Fujitsu im Vergleich mit seinen asiatischen Mitbewerbern aufgestellt sei, gab Marticke eine knappe Antwort: "Im Gegensatz zu chinesischen Anbietern ist bei uns das Datenloch nicht gleich eingebaut."

NAND-Flash tritt ab, Bänder bleiben

Michael Marticke zeigte, wie die Storage-Reise für Fujitsu weitergeht. Das überraschende Statement: "Auch NAND-Flash ist für mich schon tot." Der Grund dafür ist die Speichertechnologie "3D X-Point" (gesprochen: Crosspoint), von Intel und Micron, auch unter dem Namen "Optane" bekannt. Die Technologie sei zwar immer noch 10 mal langsamer als DRAM, aber auch viel günstiger als Arbeitsspeicher.

Neben Storage stand eine Führung durch das Emil-Frey-Museum auf dem Programm. (Source: Netzmedien)

Crosspoint gehöre die Zukunft, auch weil es den Wear-Nachteil von NAND-Flash nicht mitbringe, sagte Marticke. Es lasse sich zudem an der PCI-Express-Schnittstelle via NVMe sowie direkt im RAM-Slot betreiben, was höhere Übertragungsraten und geringere Latenzen verspreche. Wann erste Appliances mit Crosspoint-Speicher auf den Markt kämen, hänge von Intel ab.

Einstweilen setzt Fujitsu auf den neuen "Eternus DX8900 S4". Das Gerät sei sowohl innerhalb der Modellreihe wie auch mit der letzten Eternus-Generation kompatibel und von klein nach gross skalierbar, so Marticke. Das vereinfache die Datenmigration und Integration in bestehende Systeme. Es bringe zudem eine Hardware-beschleunigte Datenkompression mit.

In die dazu passende Management-Software habe Fujitsu nun Veeam-Snapshots integriert. Das entsprechende Plugin soll im April 2019 ready sein, wie Marticke sagte. Neu im Angebot habe Fujitsu ausserdem das für kleinere Kunden konzipierte All-Flash-Modell "AF 150 S3" sowie das Magnetband-Gerät "LT 140". Letzteres soll auch in Zeiten von Flash-Speicher wichtig bleiben, insbesondere für die Langzeit-Archivierung.

Die grosse Illusion

Von der technischen auf die menschliche Ebene ging es mit dem Vortrag von Klemens Skibicki, seines Zeichens Wirtschaftshistoriker und Professor für Marketing und Marktforschung an der Cologne Business School. Skibicki zeigte mit Beispielen aus der Vergangenheit auf, dass technische Innovation zuerst einen Wandel in den Köpfen auslösen musste, um eine transformative Kraft zu entfalten.

Bis der Mensch sich mit Veränderung abgefunden habe, könne es lange dauern. Das sei bei der Digitalisierung nicht anders als etwa nach der Erfindung des Autos. Wir hätten uns an die Regeln des Industriezeitalters gewöhnt, doch diese Regeln seien nicht mehr gültig - in allen Branchen. Es sei nicht schwer, neue Ideen zu finden. Schwer sei es, die alten loszuwerden.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel lag deshalb gar nicht so falsch, als sie das Internet vor wenigen Jahren als "Neuland" bezeichnete, wie Skibicki sagte. In vielen Köpfen - und Managements - sei es tatsächlich noch Neuland. Die Frage laute: "Wie erobern wir es?" Eine Strategie dazu gebe es in Europa noch nicht, wie ein Blick auf die Herkunftsländer der grössten IT-Firmen zeige. Erobert werde das Internet aktuell von den USA und China.

Wie wenig wir den digitalen Wandel wirklich begriffen hätten, illustrierte Skibicki daran, dass laut einer Umfrage 21 Prozent der Business-Entscheider der Meinung seien, sie hätten die digitale Transformation bereits abgeschlossen. Frage man dann aber genauer nach, zeige sich schnell, das der Begriff gar nicht klar sei. Wer darauf antworte: "Ich hab' im Büro keine Kravatte mehr an", habe das digitale Zeitalter nicht verstanden.

Klemens Skibicki gab Tipps für die digitale Transformation. (Source: Netzmedien)

Daten, Öl und Transaktionskosten

Der Schlüssel zur digitalen Transformation sind laut Skibicki die Daten - das Öl des 21. Jahrhunderts. John D. Rockefeller habe im 19. Jahrhundert Öllampen verschenkt, um sein eigentliches Produkt - Öl - verkaufen zu können. In der gleichen Manier böten Google, Facebook oder Tinder heute eine Gratis-Dienstleistung an, um an das eigentlich Wertvolle zu kommen: Daten.

Für Unternehmen heisse dies, mit Hilfe des wachsenden Datenbergs bessere Entscheidungen zu treffen; nicht nur in der Marketing-Abteilung sondern in allen Geschäftsbereichen. Und es dürfe nicht mehr zwischen online und offline unterschieden werden. Das mobile Internet sei längst Normalität, offline sei eigentlich kaum mehr jemand.

Warum das so ist, dafür hatte Skibicki eine einfache Erklärung. Digitale Plattformen senkten Transaktionskosten und machten so unser Leben einfacher. Beispiel Dating. Wenn jemand vor die Wahl gestellt werde, sich einen Abend lang in Clubs einen Partner zu suchen oder auf Tinder in wenigen Sekunden erste Matches zu bekommen, müsse er nicht lange nachdenken. "Total unromantisch, aber effizent", so Skibicki. Dieses Prinzip liege den Plattformen des digitalen Zeitalters zu Grunde - und die Kunden orientierten sich an den besten Anbietern. Das müsse IT-Entscheidern bewusst sein.

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