Tour durch die Digital Factory

Schluss mit Wasserfall: UBS setzt Entwickler, Berater und Operations an einen Tisch

Uhr | Aktualisiert

In der UBS "Digital Factory" sollen Business, Entwickler und Kunden agil zusammenwirken. So will das Unternehmen nicht nur schneller IT-Lösungen entwickeln, sondern sich auch intern neu erfinden. Eine Tour durch das neue digitale Herz der Bank.

Group COO Sabine Keller-Busse und Axel Lehmann, President UBS Schweiz, eröffneten die Digital Factory. (Source: Netzmedien)
Group COO Sabine Keller-Busse und Axel Lehmann, President UBS Schweiz, eröffneten die Digital Factory. (Source: Netzmedien)

UBS will Schluss machen mit dem Wasserfallmodell. Schluss mit Projekten, die jahrelang in der Mache sind und am Ende stellt sich heraus, dass sie für viel Geld an den Erfordernissen des Markts und des Unternehmens vorbei entwickelt wurden. Agil, flexibel und schnell soll die IT stattdessen sein. Möglich machen soll all dies die "Digital Factory" in Zürich West. Am 21. Mai stellte UBS den neuen Standort vor.

Das Ziel der Digital Factory bestehe darin, bessere Lösungen in kürzerer Zeit auf den Markt zu bringen, sagte Sabine Keller-Busse, Group Chief Operating Officer bei UBS. Dahinter stecke aber mehr, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Am neuen Standort fänden bis zu 600 Mitarbeitende Platz. Darunter befänden sich nicht nur Informatiker. Personal aus 20 Disziplinen der Bank, etwa Kundenberater, könnten sich in die digitalen Projekte einbringen.

Der neue Standort der Digital Factory, zuvor war sie am Paradeplatz beheimatet, sei auf die agile Arbeitsweise zugeschnitten. Erfahrungen aus zwei Jahren seien in die Innenarchitektur eingeflossen. Offene Flächen mit flexibler Möblierung böten Projekt-Teams Raum auf drei Etagen und insgesamt fast 4100 Quadratmetern. Das moderne Arbeitsumfeld erleichtere mit der Nähe zu den Hochschulen und der Universität den Zugang zu jungen Talenten und trage zur Attraktivität als Arbeitgeber bei.

 

Direkter Draht nach Innen und Aussen

Kurze Entscheidungswege, enger Kontakt zu den Kunden und Gelegenheiten zur Begegnung sollen die Digital Factory zu einem Ort machen, an dem anders gearbeitet werde, als man es in der Bank gewohnt sei, sagte auch Axel Lehmann, President von UBS Schweiz. Man wolle mit der digitalen Brille von der Kundenseite her denken. Auch das Feedback der Kunden soll schneller als bis anhin in die Entwicklung einbezogen werden. "Wir arbeiten hier mehr oder weniger im hierarchiefreien Raum, so der UBS-Schweiz-Chef.

Aber warum braucht UBS überhaupt so ein "digitales Herz", wie Lehmann die Digital Factory bezeichnete? Ein Grund sei die wachsende Konkurrenz durch Tech-Giganten aus den USA und China, sagte COO Keller-Busse. Banken müssten im digitalen Bereich mithalten. Dabei habe die Branche nicht gerade den Ruf, in Sachen Technologie besonders innovativ zu sein. 7 Digital Factorys auf der ganzen Welt sollen dies ändern.

Gleichzeitig hätten sich die Erwartungen der Kunden gewandelt, sagte Axel Lehmann. E-Banking müsse heute stets verfügbar, einfach zu bedienen und vor allem schnell sein. Das heisse aber nicht, dass bei der Zuverlässigkeit Abstriche gemacht werden dürften. Trotz Agilität und "Minimum Viable Products" stünden beim Banking Vertrauen, Effizienz und Sicherheit weiterhin im Zentrum. Das zeige sich auch daran, dass viele Menschen einen persönlichen Berater einem Chatbot vorzögen.

 

Die Digital Factory von UBS bietet neben Arbeitsplätzen auch Begegnungsorte. (Source: UBS)

 

Apps testen, Prozesse verschlanken

In der Digital Factory entwickelt und testet UBS Apps für die Kundenseite, etwa für die Kontoeröffnung. Ebenso wichtig ist auf den drei Stockwerken des neuen Standorts aber auch die Realisierung von Bank-internen Anwendungen, wie eine Tour mit Mike Dargan, Global Head Information Technology, und Karin Oertli, COO von UBS Schweiz zeigte. Denn während das Front-end bereits vielerorts digitalisiert sei, steckten hinter den Kulissen oftmals noch manuelle Prozesse. "Der Papierberg ist in unserer Bank immer noch hoch", sagte Oertli.

Die Finanzbranche ist wie kaum eine andere von der digitalen Transformation betroffen. IT-Technik wandelt sich rasant, Start-ups versuchen, das traditionelle Bankengeschäft aufzubrechen. Weshalb es in diesen Zeiten dennoch reizvoll ist, IT-Leiter einer Grossbank zu sein, erklärt Mike Dargan im Interview.

UBS erhofft sich deshalb gerade nach Innen eine Wirkung der Digital Factory. Man wolle mit ihr auch an den internen Prozessen und dem IT-Back-end arbeiten. Zu sehen waren auf der Tour beispielsweise eine App, die Kundenberater bei der Administration unterstützen soll. UBS will digitalisieren, was heute noch auf Papier stattfindet, und automatisieren, wo aktuell noch manuelle Zwischenschritte notwendig sind. Dies soll Zeit und Geld sparen - und den Mitarbeitenden ermöglichen, sich auf den Kontakt mit ihren Kunden zu konzentrieren.

 

Schneller von der Idee zum fertigen Produkt

Wenn ein Pilotprodukt einmal reif für den Einsatz sei, lasse es UBS zuerst einmal in ausgewählten Filialen testen. So könnten Entwickler und Business Fehler erkennen und eine Lösung erarbeiten. Der unternehmensweite Roll-out könne dann - im Vergleich mit früher - relativ rasch folgen. Dabei arbeite die Bank auch mit Fintech-Start-ups und Partnerfirmen zusammen.

Die Digital Factory ist mit diesem Ansatz nicht nur ein Ort, wo eine Bank sich von traditionellen Arbeitsweisen lösen will. Sie steht auch stellvertretend für den Versuch des Schweizer Finanzplatzes, sich digital neu zu erfinden und von kulturellen Altlasten zu trennen. Am Ende aber machen Menschen die Banken, nicht nur die Technologie, wie Schweiz-Chef Axel Lehmann sagte.

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