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Dos und Don'ts bei E-Signaturen

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von Florian Prantl, Legal Counsel Lexr und Christian Meisser, CEO Lexr

Digitale Dokumente prägen den Geschäftsalltag – auch im Bereich der Verträge. Elektronische Unterschriften sind entsprechend praktisch und zeitgemäss. Eine E-Signatur hat aber nicht in jedem Fall die gleiche Rechtskraft wie eine physische Unterschrift auf Papier.

(Source: Unsplash)
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Wenn Sie einen Vertrag mittels elektronischer Signatur (E-Signatur) gültig unterzeichnen möchten, müssen Sie zwei Punkte beachten.

 

Punkt 1: Bestehen Formvorschriften?

Um einen Vertrag zu schliessen, verlangt das Gesetz "die Äusserung eines übereinstimmenden Willens" zwischen den Vertragsparteien. Je nach Art des Vertrages (zum Beispiel Kaufvertrag oder Arbeitsvertrag) bestehen gewisse Anforderungen danach, wie die Parteien ihren Willen äussern. Dies bezeichnet man als Formvorschriften. Es gibt vier unterschiedliche Formvorschriften:

  • Formfreiheit: Wann immer das Gesetz für einen Vertrag keine Formvorschrift vorsieht, gilt das Prinzip der Formfreiheit. Dies bedeutet, dass die Parteien ihren Willen zum Vertragsschluss beliebig äussern können – beispielsweise schriftlich auf Papier, in einer E-Mail, mittels einer Standard-E-Signatur oder gar rein mündlich. Damit jedoch der Vertragsschluss später auch nachgewiesen werden kann, empfehlen wir stets Textform.

  • Einfache Schriftlichkeit: Gewisse Verträge verlangen eine Erklärung in Schriftform und die eigenhändige Unterschrift aller Vertragsparteien. Dies umfasst die physische Unterschrift auf Papier sowie die qualifizierten E-Signaturen. Nicht ausreichend ist etwa das Einfügen einer gescannten Unterschrift in ein PDF- oder Word-File oder reiner E-Mail-Verkehr.

  • Qualifizierte Schriftlichkeit: Bei der qualifizierten Schriftlichkeit müssen zusätzliche (inhaltliche oder formelle) Vorgaben eingehalten werden. Diese Fälle sind jedoch selten und jeweils sehr spezifisch: Beispielsweise muss der Vermieter zwingend ein kantonales Formular verwenden, wenn er eine Mietwohnung kündigen möchte.

  • Öffentliche Beurkundung: Letztlich verlangen gewisse Verträge eine öffentliche Beurkundung durch einen Notar.

Für die überwiegende Mehrheit von Verträgen gilt das Prinzip der Formfreiheit und sie können damit in einer beliebigen Form abgeschlossen werden. Die soeben beschriebenen gesetzlichen Vorgaben sind jedoch nur eine Seite der Medaille. Zusätzlich können Sie auch im Vertrag selbst Formvorschriften vorsehen. Dabei gilt folgender Grundsatz: Es kann jederzeit eine strengere Formvorschrift vereinbart werden, aber nicht umgekehrt.

Beispiel: Sie beziehen von Ihrem Lieferanten regelmässig Hardware und schliessen dazu Kaufverträge. Das Gesetz sieht für solche Kaufverträge keine besondere Form vor – entsprechend steht es Ihnen frei, ob Sie diese Kaufverträge schriftlich, via E-Mail oder übers Telefon abschliessen. Dennoch werden sowohl Sie wie auch Ihr Lieferant regelmässig ein Interesse daran haben, vertraglich gewisse Grundregeln festzulegen und etwa telefonische Bestellungen auszuschliessen. Möchten Sie hingegen ein Grundstück erwerben – ein Grundstückskaufvertrag muss nach Gesetz öffentlich beurkundet werden – können Sie nicht vertraglich vereinbaren, dass dieser Kauf via E-Mail abgeschlossen wird.

Überprüfen Sie also stets, ob ein Vertrag Klauseln zu Formvorschriften enthält. Seien Sie sich aber auch bewusst, dass nicht immer eine ausdrückliche Klausel nötig ist. Bezogen auf obiges Beispiel zum Kauf von Hardware: Wenn Sie die Bestellungen bei Ihrem Lieferanten immer schriftlich tätigen (obschon der Vertrag dies nicht verlangt), kann das als implizite Vereinbarung aufgefasst werden, dass auch künftige Bestellungen schriftlich erfolgen müssen.

Letztlich haben Sie vertraglich viel Gestaltungsspielraum und können auch gezielt die Verwendung von E-Signaturen erleichtern. So können Sie beispielsweise vereinbaren, dass "Schriftlichkeit" auch E-Signaturen umfasst, oder Sie vereinbaren gar "Textform", was dann aber zusätzlich auch E-Mails oder Textnachrichten beinhaltet.

 

Punkt 2: Welche E-Signatur verwenden Sie?

Es gibt nicht die E-Signatur und unterschiedliche Anbieter bieten unterschiedliche Lösungen. Aus rechtlicher Sicht lassen sich jedoch zwei Kategorien bilden:

Qualifizierte E-Signaturen: Qualifizierte E-Signaturen erfüllen gewisse technische Standards und sind von einer offiziellen Stelle akkreditiert. Um eine qualifizierte E-Signatur zu verwenden, müssen Sie sich zuerst bei einem Anbieter registrieren und Ihre Identität verifizieren (vor Ort oder per Video). Der Registrierungsvorgang ist umständlich – entsprechend wird die qualifizierte E-Signatur in der Praxis bisher nur spärlich verwendet. Die qualifizierte E-Signatur ist rechtlich gleichgestellt mit der einfachen Schriftlichkeit.

Standard-E-Signaturen: Sämtliche anderen E-Signaturen fallen unter den Begriff der Standard-E-Signaturen. Beliebte Standard-E-Signaturen sind etwa DocuSign oder die Unterschriftenfunktion von Adobe Acrobat. Erfasst sind aber grundsätzlich alle Lösungen, mit denen Sie ein digitales Dokument auf digitale Weise unterschreiben können. Die Funktionalitäten und Sicherheitsstandards können je nach Anbieter variieren. Um allfällige Beweisproblematiken zu vermeiden, sollte nachvollzogen werden können, wann ein Dokument von wem unterzeichnet wurde (z.B. durch eine entsprechende Verschlüsselung des Dokuments). Vermeiden Sie deshalb auch, bloss ein Bild einer Unterschrift in ein Dokument einzufügen – dies hat allenfalls nur beschränkte Beweiskraft.

 

Zulässige Kombinationen

Wie gesehen, müssen Sie zuerst prüfen, welche Formvorschriften für den Vertragsabschluss gelten, sei dies aufgrund des Gesetzes oder weil diese vertraglich vereinbart wurden. Zweitens müssen Sie unterscheiden, ob Sie eine qualifizierte oder eine Standard-E-Signatur verwenden. Die Tabelle unten gibt einen Überblick, welche Kombinationen zulässig sind und was wir in praktischer Hinsicht empfehlen.

 

 

Ausländische E-Signaturen

Im Ausland anerkannte E-Signaturen gelten nicht ohne Weiteres als qualifizierte E-Signaturen nach Schweizer Recht und vice versa. Die gegenseitige Anerkennung bedarf internationaler Abkommen, wobei die Schweiz bisher keine solche Abkommen geschlossen hat. Entsprechend können Sie Verträge, welche Schweizer Recht unterliegen und einfacher Schriftlichkeit bedürfen, grundsätzlich nicht mit einer ausländischen E-Signatur unterzeichnen – auch wenn diese im Ausland anerkannt ist. Verträge, für welche die Formfreiheit gilt, können aber auch mit ausländischen E-Signaturen unterzeichnet werden. Hier gilt generell wieder, dass Sie die Anbieter vergleichen und eine sichere Lösung wählen sollten.

 

Fazit

Die grosse Mehrheit von Verträgen kann unter Schweizer Recht gültig mit einer Standard-E-Signatur unterzeichnet werden. Um Beweisproblematiken zu umgehen, sollten Sie jedoch die unterschiedlichen Anbieter von Standard-E-Signaturen vergleichen und eine Lösung mit hohen Sicherheitsstandards auswählen. Wichtige Ausnahmen, bei denen eine Standard-E-Signatur nicht ausreichend ist, umfassen etwa die Übertragung von Aktien und Stammanteilen sowie gewisse Klauseln im Arbeitsvertrag – oder sofern Sie und Ihr Vertragspartner eine spezifische Form vereinbaren. Stellen Sie in diesem Fall sicher, dass Sie den Vertrag physisch unterzeichnen (und das Original sicher verwahren) oder arbeiten Sie mit einer qualifizierten E-Signatur.

Webcode
DPF8_197364