Status-quo-Verzerrung

Wie das Alter die Einstellung gegenüber Technologien beeinflusst

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von Yannick Chavanne und Übersetzung: René Jaun, kfi

Die Macht der Gewohnheit beeinflusst, wie Menschen Technologien beurteilen. So haben neue Technologien bei älteren Menschen oft einen schweren Stand. Wissenschaftler untersuchen, woran das liegt.

(Source: Dahua)
(Source: Dahua)

Widerstand gegen Technologie und Widerstand gegen Veränderung gehören zusammen – so lassen sich die Erkenntnisse zweier amerikanischer Forscher aus den Bereichen Psychologie und Marketing zusammenfassen. In vier aufeinanderfolgenden experimentellen Studien untersuchte das Duo, welchen Einfluss das Alter einer Person auf die Art und Weise hat, wie sie Technologien beurteilt. Dabei berücksichtigten sie auch das Alter der beurteilten Technologie selbst.

Konkret beurteilten die Testpersonen technologische Innovationen wie die Nintendo DS, die Xbox 360, den Herzschrittmacher, die Floppy-Disk, die Audiokassette, den Mikrowellenherd oder die elektrische Zahnbürste. Dabei mussten sie bewerten, ob die Geräte einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft haben.

Was schon da war, findet man gut

In einer ersten Studie stellten die Forscher zunächst fest, dass die Probanden eine Technologie besser bewerten, wenn sie glauben, sie sei 15 Jahre vor ihrer Geburt erfunden worden und nicht 15 Jahre danach. Die Studienautoren führen dies auf den Status-quo-Bias zurück, umgangssprachlich auch als "Macht der Gewohnheit" bekannt. "Tatsächlich bewerten Menschen Technologie positiv, wenn sie noch nicht alt genug sind, um sich an die Einführung dieser Technologie in die Gesellschaft zu erinnern. Technologien, die im Laufe des Lebens einer Person erfunden werden, beeinträchtigen hingegen den Status quo und werden daher weniger positiv bewertet", schreiben die Forschenden.

In den folgenden Studien stellte sich heraus, dass auch das Alter der Menschen einen Einfluss darauf hat, wie sie eine Technologie beurteilen. Wer zum Zeitpunkt einer Erfindung älter ist, bewertet diese demnach tendenziell negativer. Dieser Effekt sei am stärksten bei Personen, bei denen die Ausprägung des Status-quo-Bias am höchsten ist, merken die Autoren an.

Frühe Erfahrungen beeinflussen das Bild positiv

Auch der Zeitpunkt, zu dem man im Laufe des Lebens mit einer Technologie in Berührung kommt, spielt eine Rolle. Eine frühe Erfahrung mit einer Technologie führt demnach zu einer günstigeren Einschätzung.

"Im Vergleich zum Zeitpunkt der Erfindung früher geboren zu sein und früher im Leben damit in Berührung gekommen zu sein, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen die Technologie als Teil des Status quo betrachten", fassen die Forscher zusammen. Damit liesse sich etwa die oft vorherrschende Skepsis gegenüber künstlicher Intelligenz erklären.

Wird über neue Technologien berichtet oder für sie geworben, sollten sie laut der Forschenden mit bestehenden Technologien verknüpft werden, sodass Menschen die neuen Erfindungen mit ihrem eigenen Status quo verknüpfen könnten.

Wie sich ein konkreter Aspekt neuer Technologien auf das Altern auswirkt, hat die University of Oregon untersucht. Das dortige Forscherteam stellte fest, dass blaues Licht von Handys & Co. Fruchtfliegen schneller altern lässt. Welchen Effekt künstliches blaues Licht auf den Menschen hat, ist noch nicht klar. Die Ergebnisse dürften aber ähnlich sein wie bei den Fruchtfliegen, wie Sie hier lesen können.

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