Wie es zur Übernahme kam

Whatsapp-Gründer leben den American Dream

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Facebook ist seit Jahren Spitze bei den sozialen Netzwerken, musste dafür aber die Führungsposition im Social Messaging vor einiger Zeit an Whatsapp abgegeben. Mit der Übernahme des Kurznachrichtendienstes ist Facebook wieder top.

In der Internet- und Smartphonewelt kann es innert kürzester Zeit zu grossen Umwälzungen kommen. Die gestern Nacht bekannt gewordene Übernahme von Whatsapp durch Facebook ist ein Beispiel hierfür. Insgesamt lässt Mark Zuckerberg sich die Übernahme des Kurznachrichtendienstes bis zu 19 Milliarden US-Dollar kosten. Eine enorme Summe, wenn man bedenkt, dass Whatsapp erst vor fünf Jahren gegründet wurde. Auch Google war laut CNN an Whatsapp interessiert. Mit zehn Milliarden Dollar lag das Angebot der Suchmaschinenexperten aber klar unter demjenigen des sozialen Netzwerks.

Brian Acton wollte schon früher zu Facebook

Dabei ist die Entstehung von Whatsapp wohl einem aus heutiger Sicht interessanten Zufall zu verdanken. In einem Tweet von 2009 schrieb Whatsapp-Gründer Brian Acton nämlich, dass er sich für einen Job bei Facebook beworben hatte, aber schliesslich nicht eingestellt wurde. Dafür entschied er sich zusammen mit Jan Koum noch im selben Jahr zur Gründung von Whatsapp, das er nun für die erwähnten 19 Milliarden an Facebook verkaufen konnte. Vor allem für den 37-jährigen Koum ist dieser Deal der vorläufige Höhepunkt eines märchenhaften Aufstiegs. Geboren wurde er 1976 in der damals noch zur Sowjetunion gehörenden Ukraine. Erst in den 90er Jahren zog er als Teenager in die USA.  

Keine Werbung

Bei ihrem Geschäftsmodell liessen Koum und Acton sich von einer einfachen Mission leiten: Ziel war es, ein "cooles Produkt zu schaffen, das überall auf der Welt von allen genutzt wird."

Dabei waren die beiden von Anfang an grosse Gegner von Werbung. Ihre Zeit bei Yahoo, wo die zwei sich kennenlernten, fassen sie wie folgt zusammen: "Wir arbeiteten hart daran Anzeigen zu verkaufen, weil das das war, was Yahoo tat." Heute sei Google in die Fussstapfen von Yahoo getreten – der Internetriese sei mithilfe seiner Datensammelaktivitäten zum grössten Anzeigen- und Werbeverkäufer aufgestiegen. Genau das störe die Menschen jedoch: "Als wir uns zusammensetzten, um etwas Eigenes zu machen, wollten wir etwas aufbauen, das nicht nur eine weitere Werbeplattform sein sollte."

Stark steigende Nutzerzahlen

Den Kunden sagt das werbefreie Geschäftsmodell von Whatsapp anscheinend zu. Wie eine von "On Device" durchgeführte Studie von November 2013 zeigt, war der Kurznachrichtendienst Ende letzten Jahres trotz einer jährlichen Nutzungsgebühr von einem Dollar weltweit zum führenden Social-Messaging-Dienst aufgestiegen. Bei der Frage "Welche Kurznachrichten-App nutzen Sie mindestens einmal pro Woche" nannten 44 Prozent der Befragten Whatsapp, das somit klar vor Facebook Messenger mit 35, Wechat mit 28 und Twitter mit 19 Prozent lag. Ob die werbefreie Geschäftsstrategie nun nach der Übernahme durch Facebook beibehalten wird, bleibt allerdings trotz anderslautender Aussagen von Jan Koum abzuwarten.

Auch bei der Zunahme von Nutzern in den ersten Jahren ab Gründungzeitpunkt schneidet Whatsapp ausserordentlich gut ab, wie von Facebook publizierte Zahlen zeigen. Dem Social-Messaging-Dienst gelang es sich innert vier Jahren von 0 auf 450 Millionen Nutzer zu steigern. Vergleicht man dies mit Facebook, ist das ein ausserordentlicher Erfolg. Das soziale Netzwerk hatte 2008, das heisst ebenfalls vier Jahre nach dessen Gründung, erst circa 150 Millionen Nutzer.

1,8 Milliarden Nutzer für 2014 erwartet

Analysten bewerten den Whatsapp-Kauf als geschickten Schachzug von Facebook und gehen von einem weiteren Marktwachstum aus. Die Experten von Ovum beispielsweise erwarten, dass der Kurznachrichtenmarkt 2014 ein Volumen von 69 Billionen Nachrichten weltweit erreichen wird, dies bei insgesamt 1,8 Milliarden Nutzern.

Für Facebook ergeben sich laut den Analysten von Ovum ausserdem verschiedene Vorteile aus der Übernahme. Erstens werde Whatsapp damit vom "Gegenspieler zum Teammitglied". Gerade die Tatsache, dass der Kurznachrichtendienst sowohl in Schwellen- als auch in Industriestaaten stark ist, sei für Facebook von grossem Nutzen. Zweitens erhält das soziale Netzwerk durch die Übernahme Zugang zur Telefonnummern-Datenbank von Whatsapp. Somit verbreitere sich der bereits grosse Daten-Pool von Facebook weiter und es werde eine "Brücke zwischen Off- und Online-Welt" gebaut. Drittens dürfte es für das soziale Netzwerk leichter werden Mobile-First-Nutzer zur Eröffnung eines Profils zu bewegen.

Schliesslich bleibt die Frage, wie Facebook Whatsapp gerade im Vergleich zur eigenen Messenger-App positionieren wird. Die für den Moment angekündigte getrennte Standalone-Lösung dürfte laut Ovum kaum längerfristig Bestand haben. Eine Zusammenlegung unter Verwendung des erfolgreichen Brands Whatsapp sei vorstellbar.