Intelligente Software

Ein Meilenstein der Computergeschichte?

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Haben Mensch und Maschine ein gleichwertiges Denkvermögen? Ja, sagt der Chatbot Eugene Goostman. Die Software hat am Samstag den Turing-Test bestanden. Was das genau bedeutet, ist allerdings umstritten.

Ein Chatbot hat laut der University of Reading zum ersten Mal überhaupt den Turing-Test bestanden. Mit diesem wird geprüft, ob eine Maschine gleich intelligent sein kann wie ein Mensch. Eine russische Software namens Eugene Goostman habe dies nun geschafft - das sei ein "Meilenstein der Computergeschichte", schreibt die Universität Reading in ihrer Mitteilung.

Der Turing-Test wurde vom britischen Mathematiker Alan Turing entwickelt, der letzten Samstag 60 Jahre alt geworden wäre. Er formulierte 1950 folgende These: Wenn sich Software und Mensch nicht unterscheiden lassen, muss es sich beim Computer um eine denkende Maschine handeln. Beim Test chattet ein Proband mit zwei Gesprächspartnern - einer Mensch, der andere Maschine. Wird der Bot in über 30 Prozent der Fälle für einen Menschen gehalten, gilt der Test als bestanden. Im neusten Test glaubten 33 Prozent der Prüfer, die Software sei ein Mensch.

Eugene ist nicht der Erste

"Eugene Goostman" wird seit 2001 von Wissenschaftlern unter der Leitung von Vladimir Veselow in Russland entwickelt. Das Team hat der Software die Persönlichkeit eines 13-jährigen Jungen aus der Ukraine gegeben. Dass dieser aufgrund Alter und Herkunft nicht perfekt Englisch kann, dürfte das Testergebnis beeinflusst haben. Es erstaunt darum nicht, dass Kritiker im Web nun aufschreien.

Die Online-Publikation Techdirt weist darauf hin, dass die Software Cleverbot den Turing-Test bereits 2011 bestanden habe. Der Chatbot konnte damals 59,3 Prozent der Jury überzeugen, dass er ein Mensch sei. Und der New Scientist schreibt, dass es der Software "PC Therapist" gar schon 1991 gelungen sei, sich für die Hälfte der Jury als denkender Mensch zu maskieren.

Keine exakte Wissenschaft

Auch io9 hält vom Test wenig: In einem Artikel betont das Portal, das die Programmierung eines Chatbots kaum Einfluss auf Entwicklungen rund um künstliche Intelligenz habe. Der Turing-Test sei zudem veraltet und genüge den heutigen Massstäben in der Wissenschaft nicht mehr.

Der Telegraph kritisiert zudem die University of Reading: Die Zeitung wollte die Test-Protokolle einsehen, doch die Universität lehnte ab. Auch die Rolle des Testorganisators Kevin Warwick sei zweifelhaft. Bereits in der Vergangenheit habe er versucht, einfache News in Sensationsmeldungen zu drehen. In einem Interview mit IDG weist Warwick die Vorwürfe allerdings von sich.