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Die X.Days haben sich einen festen Platz in den Agenden erobert

Uhr | Aktualisiert
von René Mosbacher

Mehr Besucher und mehr Aussteller denn je lockten die achten X.Days Mitte März ins Casino noch Interlaken. Dort wurden Kontakte gepflegt, neue geknüpft und interessante Dinge gesagt.

Die achten X.Days waren die grössten bisher: 1489 Besucher haben sich heuer registriert und 1301 fanden am 14. und 15. März den Weg ins Casino nach Interlaken. Trotz dem mehr an Besuchern gelang es dieses Jahr besser, die Menschenströme im relativ kleinen und verwinkelten Casino Interlaken zu steuern. Die Staus vor neuralgischen Punkten wie den Kaffeebars jedenfalls waren deutlich kleiner. Das schien sich auf die Stimmung auszuwirken, die im Vergleich zum Vorjahr als lockerer bezeichnet werden kann.

Von Ausstellern und Besuchern war eigentlich nur Gutes zu hören. Der Anlass scheint sich einen festen Platz in den Agenden der ICT-Entscheider erobert zu haben. Die Qualität der Kontakte wurde gerühmt und der Gehalt der Referate – besonders der Keynotes – gelobt. An die X.Days kommt man erstens, um vorhandene Kontakte zu pflegen, zweitens um neue zu gewinnen und drittens, um gute Referate zu hören. Das zeigte auch eine kleine Umfrage, die vor Ort gemacht wurde.

Twitter kein Hype

Zum Twittern hingegen vermochte man die Anwesenden trotz mehrerer Appelle nicht so recht bewegen. Drei Prozent nur nutzten diesen Kanal bis zum Ende des ersten Tages. Das darf wohl als Hinweis darauf verstanden werden, dass die meisten Gescheiteres zu tun wussten. Apropos Twitter: Für die X.Days gibt es dort einen neuen Spitznamen: Grosse Pinguinshow. Der muss wohl mit dem massierten Auftreten von dunklen Anzügen und weissen Hemden zusammenhängen.

Neu gab es eine Art Veranstaltungsplaner für Geräte mit Android, iOS und Windows Phone. Die App wurde 500-mal installiert. Als elektronischer Messeführer sei sie durchaus brauchbar, war von den Besitzern kompatibler Handys zu hören. Viele wünschten sich aber etwas mehr Funktionen und Interaktivität. Bleibt die Frage, warum man überhaupt eine App und nicht eine mobile Website angeboten hat. Damit wären auch die vielen vor Ort gesichteten Blackberrys zu erreichen gewesen. Die App sei auf Nachfrage der Partner lanciert worden, liess der Veranstalter ausrichten. Man werde nächstes Jahr sicher wieder ein mobiles Angebot haben, ob es dann eine App oder eine Site sein werde, könne man noch nicht sagen.

Was bleibt

Soviel zum Drum und Dran, aber was bleibt inhaltlich in Erinnerung? Einer der Schwerpunkte war natürlich die Cloud. Hierzu erhielt man viele Visionen und einige gute Ratschläge vermittelt. Insgesamt wurde der Begriff aber nicht unbedingt schärfer, bestimmter. Bedenkenswert war der Hinweis von Jacques Boschung, Managing Director EMC Schweiz, an der Podiumsdiskussion, man solle bei der Cloud nicht nur ans Sparen denken, sondern auch daran, dass man damit seine internen Prozesse verbessern kann. Interessant war auch die Bemerkung des Coop-CIOs August Harder, er gehe davon aus, dass er wohl künftig keine Grossrechner mehr anschaffen werde.

Sehr präsent in den Referaten waren auch die Sozialen Medien. Einige Branchengrössen gestanden vor Publikum ihre zwiespältige Haltung ein, was die Nutzung solcher Kanäle betrifft. Während sie sich privat sehr zurückhalten, setzen sie sich geschäftlich durchaus intensiv damit auseinander. Exemplarisch die Botschaft von Markus Nägeli, CEO Canon (Schweiz) AG: Er sagte sinngemäss, er stelle erst dann Privates in die sozialen Netzwerke, wenn er wisse, wie er die Daten im Griff behalten könne.

Cyberspace ja oder nein?

In eine ganz ähnliche Richtung argumentierte auch der deutsche Starblogger Sascha Lobo, der ja oft als wandelndes Beispiel für ein Leben im Cyberspace gehandelt wird. In seinem quirligen Referat mahnte er eindringlich, die Sozialen Netze auf ihre Chancen fürs Geschäft hin abzuklopfen. Man müsse jetzt damit experimentieren, um morgen mit dabei zu sein – wohl wissend, dass damit auch gewisse Risiken verbunden sind. Als Privatperson hingegen solle man sich gut überlegen, was in den Cyberspace gehöre und was nicht.

Dass er Informationen wie etwa seinen momentanen Aufenthaltsort oder seine Handynummer ins Netz stelle, habe berufliche Gründe. Sein Privatleben behalte er lieber für sich. Als Faustregel gab er den Zuhörern mit: "Stelle keine Informationen über dich ins Netz, die du nicht auch auf die Titelseite einer Zeitschrift stellen würdest."

Der Philosoph Richard David Precht wiederum lieferte eine recht plausible Erklärung für Auswüchse in der real existierenden Marktwirschaft. Er geht davon aus, dass der Mensch keineswegs einen angeborenen Sinn für Fairness habe, wohl aber einen für Unfairness, die einem selbst widerfahre. Dies zu Ende gedacht, seien überrissene Managergehälter kein Zeichen von Gier, sondern vielmehr der Ehre. Und vom Internet wünschte sich Precht im Übrigen, dass es bald einmal erwachsen werden möge – nicht in technischer, sondern in moralischer Hinsicht natürlich.