Jugendliche weichen vermehrt auf andere soziale Netzwerke aus

Junge finden Facebook uncool

Uhr | Aktualisiert

Eine Studie von Bernet PR beleuchtet die Nutzung von Facebook in der Schweiz und stellt fest, dass die Zahl der aktiven Profile 2013 über alle Altersgruppen hinweg gewachsen ist. Allerdings weichen Jugendliche vermehrt auf andere soziale Netzwerke aus.

Laut einer aktuellen Studie von Bernet PR und Serranetga haben die Nutzerzahlen von Facebook 2013 im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent zugenommen. 3,3 Millionen Menschen besitzen nun gemäss der Studienautoren ein aktives Profil beim sozialen Netzwerk. Das sind 41 Prozent der Gesamtbevölkerung der Schweiz und mehr als 50 Prozent derjenigen Personen, die über einen Internetanschluss verfügen. Noch 2008 lag die Anzahl der Nutzer in der Schweiz erst bei einer Million. Das bedeutet, dass Facebook über die letzten fünf Jahre hinweg bei den aktiven Profilen um ungefähr 330 Prozent gewachsen ist.

Rückgang bei den Jugendlichen

Das letztjährige Wachstum verdankt Facebook den älteren Nutzern. Die Zahl der über 50-Jährigen beispielsweise erhöhte sich von Dezember 2012 bis Dezember 2013 um knapp 22 Prozent. Anders sehen die Zahlen bei jüngeren Nutzern aus. Bei der Gruppe der 15-19 Jährigen verzeichnen die Studienautoren eine Stagnation der aktiven Profile. Bei den unter 15-Jährigen beobachten sie einen starken Rückgang. Konkret hat die Anzahl in der Kategorie der jüngsten Nutzer letztes Jahr um fast 30 Prozent abgenommen. Im Vergleich zu 2011 hat sie sich in etwa halbiert.

Mögliche Ursachen

Warum verlieren die Jugendlichen das Interesse an Facebook? Ist der bahnbrechende Erfolg des sozialen Netzwerks schon bald vorbei? Eine mögliche Antwort auf diese Fragen liefert die Medienpsychologin Isabel Willemse. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Departement für Angewandte Psychologie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und beschäftigt sich mit dem Medienkonsum von Jugendlichen. Willemse erklärt, dass Facebook bei den Jungen einerseits an Attraktivität verloren habe, da sich auf der einst angesagten Plattform heute zu viele Erwachsene aufhielten. Jugendliche hätten das Bedürfnis, eine Pionierrolle einzunehmen und sich Freiräume zu schaffen. Da Facebook heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei, könne die Plattform dies den Jugendlichen kaum noch bieten. Andererseits hält sie die Konkurrenz von Diensten wie Instagramm oder Whatsapp für entscheidend. "Diese lassen sich spezifischer und zielgerichteter einsetzen. Das entspricht den Jungen besser", so Willemse. Die Psychologin sagt ausserdem, dass sie mit Spannung auf die neusten Daten zur Twitter-Nutzung der Jugendlichen warte, da auch dort theoretisch ein weiteres Wachstum noch möglich sei.

Michael Latzer, Professor für Media Change and Innovation am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich (IPMZ) argumentiert ähnlich wie Willemse: "Facebook kommt durch die wachsende Konkurrenz von innovativen Online-Netzwerken wie Snapchat, Vine, Pinterest, Tumblr oder Instagram in Bedrängnis. Jugendliche sind auf der Suche nach einer neuen Social-Media-Heimat, nach einer eigenen und eigenständigen Identität. Neben den niedrigeren Altersgrenzen als Eintrittsbarriere bei den genannten Diensten ist der Coolness-Faktor entscheidend", erklärt der renommierte Medienforscher. Er meint, dass bei Jugendlichen die Frage, was gerade bei den Freunden im Trend ist, eine grosse Rolle spiele. Laut Latzer fragen sich die Jugendlichen ständig: "Was ist neu? Was muss ich haben?" Dabei wollten sie eine Plattform, auf der sich nicht auch Papa, Mama und die Grosseltern tummeln.

Was bringt 2014?

Für Michael Walther von Bernet PR hat Facebook bei den Nutzerzahlen im Moment eine Art natürliche Decke erreicht. Er erwartet, dass das soziale Netzwerk 2014 seine starke Position halten, aber nicht weiter zulegen wird. Will Facebook in der Schweiz längerfristig weiter wachsen und seine starke Position beibehalten, muss der Zugang zu den Jugendlichen erneut gefunden werden. Dazu muss sich das soziale Netzwerk beständig neu erfinden, wie Publizistikprofessor Latzer erklärt. Nur so kann es im Gespräch der Menschen bleiben. Geschieht dies nicht, könnte es so schnell wieder verschwinden, wie es entstanden ist.