iO, Threema und Myenigma

Schweizer Chat-Apps profitieren von Whatsapp-Deal

Uhr | Aktualisiert

Die Schweizer Alternativ-Dienste zu Whatsapp verzeichnen seit gestern einen enormen Nutzer-Zuwachs. Es ist anzunehmen, dass das Bedürfnis nach mehr Datenschutz bei dem Wechsel eine Rolle spielt.

Seit gestern Donnerstag bekannt wurde, dass Facebook Whatsapp kauft, verzeichnen Schweizer Alternativen mit verschlüsselter Kommunikation wie Threema, Swisscom iO und Myenigma einen erhöhten Nutzer-Zuwachs.

Die Redaktion hat die drei Unternehmen angeschrieben und hat sie zu den aktuellen Nutzerzahlen sowie der eigenen Infrastruktur befragt und wollte wissen, warum sich Whatsapp-Nutzer derzeit vermehrt anderen Chat-Diensten zuwenden.

Swisscom: Gestern 10'000 neue Downloads

Wie Swisscom-Mediensprecher Olaf Schulze auf Anfrage mitteilt, verzeichnete die iO-App gestern 10'000 neue Downloads, was dreimal mehr sei als an einem normalen Arbeitstag. Ob sich dieser Trend auch heute fortsetzen wird, konnte er am Vormittag noch nicht sagen. Die App hatte per Ende 2013 total 450'000 Nutzer. Der Ansturm schadet der Infrastruktur von iO nicht: Die Plattform ist Schulze zufolge für 10 Millionen Nutzer ausgelegt.

Als möglichen Grund, warum sich Nutzer von Whatsapp abwenden und auf andere Messaging-Dienste ausweichen, nennt Schulze den Schutz der persönlichen Daten. Dieses Thema spiele für viele Kunden eine immer wichtigere Rolle. Bei der kostenlosen iO-App blieben alle persönlichen Daten auf Swisscom-Servern in der Schweiz, so Schulze.

Threema: Grosser Ansturm

Auch Threema konnte sich gestern nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen: Gemäss Martin Blatter, Mitentwickler der Android-App, verzeichnet die Threema-App derzeit einen regelrechten Ansturm. Die aktuelle Nutzerzahl habe sich in der Zwischenzeit verdoppelt und liege aktuell bei etwa 400'000 Nutzern. "Das Bedürfnis nach mehr Privatsphäre und Sicherheit steigt immer mehr. Der Kauf von Whatsapp durch Facebook hat das Missbehagen der Menschen vermutlich zusätzlich gefördert", zeigt sich Blatter überzeugt.

Die Infrastruktur von Threema habe diesen Ansturm bisher problemlos verkraftet und verfüge auch noch über genügend Reserven.

Enigma: Bis zu 100 Downloads pro Minute

Myenigma gibt grundsätzlich keine Nutzerzahlen bekannt, wie Myenigma-Spercherin Marlène Frey auf Anfrage sagt. Einige Informationen lässt sie sich dennoch entlocken: "Wir hatten im Schnitt zehnmal mehr Downloads als üblich, wobei es zu Spitzenzeiten auch einmal rund 100 Downloads pro Minute waren."

Bei einem solchen Ansturm wie gestern könne es denn auch zu Verzögerungen beim Versand der Registrierungsdaten kommen. "Wir arbeiten derzeit mit unserem ganzen Team daran, diesen Prozess zu optimieren und Verzögerungen für neue Benutzer so kurz wie möglich zu halten", so Frey.

Gewinnt der Datenschutz an Bedeutung?

Der Grund, warum derzeit so viele Nutzer wechseln, sieht auch Frey in der aktuellen Diskussion rund um Datenschutz und Privatsphäre: "Wir glauben, dass ein gesellschaftliches Umdenken stattfindet. Konsumenten sind wachsamer, wenn es um ihre Daten geht, und beginnen Anbieter und Services zu hinterfragen", so Frey.

Sie wollten selbst entscheiden, mit wem und in welchem Ausmass sie persönliche Daten wie beispielsweise ihre Telefonnummern und Kontaktdaten teilten. Deswegen steige das Misstrauen gegenüber Diensten, die nachweislich und auf gesetzlicher Grundlage solche Daten sammeln und zu ihren eigenen Zwecken verwenden würden.

Nachtrag vom 21. Februar 2014, 15:47 Uhr: Wir haben den Artikel um die Reaktionen von Threema und Myenigma ergänzt und den Artikel entsprechend umgestellt.