Bund veröffentlicht Open-Source-Gutachten

Staatliche Open-Source-Förderung braucht Verfassungsgrundlage

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Ein juristisches Gutachten, das der Bund gestern veröffentlicht hat, behandelt den Umgang mit Open-Source-Software in der Bundesverwaltung. Dieser führte in der Vergangenheit zu Auseinandersetzungen.

(Quelle: Parlamentsdienste / Services du Parlement, Bern/e)
(Quelle: Parlamentsdienste / Services du Parlement, Bern/e)

Das Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB) hat ein juristisches Gutachten publiziert, dass sich mit der Freigabe von Informatiklösungen der Bundesverwaltung als Open-Source-Software (OSS) befasst. Ausgangspunkt für den Bericht war eine Interpellation vom Nationalrat Thomas Weibel im Jahr 2012, die den Bund im Februar 2013 zu einem juristischen Gutachten veranlasste. Der Bericht soll Aufschluss darüber geben, ob und unter welchen Bedingungen die Bundesverwaltung Open-Source-Softwarelösungen weitergeben dürfe.

Die Frage ist in erster Linie, ob der Bund Software, die durch eine Dienststelle der Bundesverwaltung oder in ihrem Auftrag entwickelt wurde, als OSS anderen weitergeben darf. In Frage kommen dafür zum Beispiel Dienstellen des Bundes, kantonale und kommunale Dienststellen, Gerichte, Private oder öffentliche Verwaltungen anderer Länder, sofern keine Immaterialgüterrechte verletzt werden.

Nicht mit Bestimmungen vereinbar

Der Bericht kommt zum Ergebnis, dass eine OSS-Lösung in der Regel nicht erforderlich ist, wenn Bundesstellen zu 100 Prozent eigenständig entwickelte Softwareprogramme mit anderen staatlichen Organen teilen möchten. Für solche Fälle sei die Bildung einer "closed community" angemessen. Gewaltenübergreifende Leistungen unterliegen gemäss dem Gutachten gewissen Schranken, brauchen aber keine gesetzliche Grundlage. Eine Weitergabe an Kantone ist ebenfalls zulässig, sofern öffentliche Ziele verfolgt werden.

Die vertraglichen Auflagen (Copyleft) aus der Verwendung einer OSS-Basis-Software zwingen gemäss dem Gutachten weder zur Freigabe von Fortentwicklungen, noch verhindern sie eine Einbindung anderer interner Stellen. Falls eine Weiterentwicklung nicht nur intern genutzt wird, verlangen die Lizenzbestimmungen jedoch, den OSS-Bestimmungen zu folgen.

Für die Gewährleistung der Wettbewerbsneutralität müsse die Abgabe staatlicher Software an Drittpersonen (insbesondere Private) zu kostendeckenden Preisen erfolgen, was eine Grundlage in einem Gesetz voraussetzt. Eine gewisse Wettbewerbsneutralität lasse sich aber auch dadurch gewährleisten, dass sich der Staat an (privaten) OSS-Projekten lediglich in einer untergeordneten Rolle beteilige oder indem die betroffene Software eine besondere Staatsnähe und – damit verbunden – geringe Marktfähigkeit aufweise, heisst es im Bericht. Für eine umfassende staatliche Förderung von OSS wäre nach Ansicht der Gutachter die Schaffung einer entsprechenden Verfassungsgrundlage nötig.

Openjustitia als OSS

Die Diskussion um die Gerichtssoftware Openjustita gilt als ursprünglicher Grund für die Interpellation und wird im Bericht ebenfalls behandelt. Die Weitergabe dieser Software sei nur als OSS möglich, müsse aber mit entsprechender Vorsicht behandelt werden. Sie sei aber zulässig, solange sie auf staatliche Stellen beschränkt bleibe und nicht gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit verstosse.