Swisscom baut an seiner Zukunft

"APIs sind die neuen digitalen Visitenkarten"

Uhr | Aktualisiert
von George Sarpong

Swisscom arbeitet an der Modernisierung ihrer Arbeitsprozesse. Agile Arbeitsmethoden sollen den Telko fit für die ­Zukunft machen. Viel verspricht sich das Unternehmen dabei von APIs. Eine Wette auf die Zukunft.

Mitte Mai veranstaltet das Analystenhaus Gartner sein Application Architecture, Development & Integration Summit in London. Mit vor Ort ist Swisscom. Der Provider referiert unter dem Titel "Changing the DNA of a Telco: Finding the Balance between Agile and Waterfall". In dem Vortrag wird auch das Thema API behandelt. Weshalb APIs für den Telko immer bedeutender werden, erklärten in einem Hintergrundgespräch im Vorfeld des Kongresses Frank Fitzlaff, Head of API Program bei Swisscom, und Reto Kohlas, Associate Partner beim API-Spezialisten Innovation Process Technology (IPT). Sein Unternehmen ist auf APIs und Integration spezialisiert und arbeitet seit einiger Zeit mit Swisscom in diesem Bereich zusammen. In der Schweiz treiben derzeit ein Dutzend Unternehmen API-Initiativen voran, wie Kohlas sagte. Darunter seien Firmen aus allen Branchen, von Banken, Medien bis hin zu Technologieunternehmen wie Swisscom. "APIs sind die neuen digitalen Visitenkarten", sagte Kohlas. Sie würden künftig zum Fundament des Business werden.

Kürzere Entwicklungszyklen verstärken den Druck

Der Provider muss sich mehreren Entwicklungen stellen. Hierzu zählen technische wie die ISDN-Abschaltung 2017 oder das Cloud Computing. Doch es wirken noch weitere Trends auf Swisscom ein, denen sich das Technologieunternehmen anpassen muss. Swisscom beschäftigt fast 20'000 Mitarbeiter. Bis Neuerungen ausgedacht, entwickelt und umgesetzt werden, vergeht viel Zeit. Für heutige Verhältnisse zu viel. Denn Produktzyklen werden immer kürzer, auch bei Swisscom, wie Fitzlaff erklärte. Es brauche deshalb neue Prozessmethoden für kürzere Go-to-Market-Zeiten. Swisscom verspricht sich deshalb viel von agilen Organisationsformen wie DevOps in Ergänzung zu traditionellen wie der Wasserfall-Methode.

Die Basis für diesen Entwicklungsprozess sollen APIs, bilden. APIs sind Schnittstellen (oft basierend REST), die es erlauben, Anwendungen rasch miteinander zu verbinden. Swisscom initiierte mit einem hauseigenen API-Programm Anfang des vergangenen Jahres ein entsprechendes Förderprogramm. Fitzlaff will mit seinem Team von 30 Mitarbeitern die wichtigsten Telko-­Assets internen und externen Partnern bereitstellen. Von aktuell 30 APIs können drei auch von externen Partnern eingesetzt werden, darunter sind Schnittstellen zur Einbindung von SMS oder für die Token Validation. Bevor eine API publiziert wird, evaluiert das Enterprise-Architektur-Team die Schnittstelle nach internen Kriterien. Dahinter steht für Fitzlaff die Frage: "Welche API könnte uns einen Business Value liefern." Swisscom bietet diese über das Portal Developer.swisscom.com an. Mit seinen APIs will der Telko neue Möglichkeiten für Entwickler, KMUs und Enterprise anbieten.

Entwickler könnten so langfristig zu einer neuen Kundengruppe werden. Finanzielle Ziele stünden aber zurzeit im Hintergrund. Es geht Fitzlaff um mehr: "Uns bietet sich eine unglaubliche Chance zu lernen. Wir wollen dabei Enabler sein, mit dem Blick auf die Technik." Die Vermarktung liege hingegen bei den geschäftlichen Abteilungen und stehe erst ganz am Anfang. Dafür brauche es die Diskussion mit den Business-Units.

Die richtige Balance finden

Fitzlaff geht es darum, den Mindset der Mitarbeiter auf schnelle Iteration auszurichten. Dafür wollen er und sein Team gute Beispiele liefern, von diesen lernen und die Erfahrungen wieder in die operativen Prozesse einfliessen lassen. Im Laufe der Zeit sollten die Business-Units ebenfalls die Möglichkeiten mit APIs erkennen und darüber neue Methoden anwenden und neue Geschäftsmöglichkeiten entwickeln.

Um die eigenen Mitarbeiter für die neuen Konzepte zu begeistern, veranstaltet Swisscom etwa "API-Kitchens". Wie der Name sagt, wird an diesen Events an Schnittstellen gearbeitet. Programiert wird beispielsweise auf der internen Entwicklerplattform Greenfield. Soviel programmieren macht hungrig. Und deshalb wird anschliessend gemeinsam gekocht.

Neben den API-Kitchens gibt es Hackathons als weiteres Experimentierfeld. Interssant ist auch die Innovationswoche, in der Swisscoms Mitarbeiter während mehreren Tagen entwickeln und zum Abschluss ihre Ergebnisse präsentieren. Diese Präsentationen sind auch für das oberste Management spannend. Denn bei Swisscom zählen APIs derzeit zu den Top-Prioritäten, wie Fitzlaff sagt. Entsprechend erhält sein Team auch Rückendeckung von ganz oben. Dies sei wichtig, um die neuen Prozesse anzuschieben. Letztlich sind aber APIs und agile Arbeitsmethoden nicht der Weisheit letzter Schluss. "Die Kunst wird sein, die Methoden aufeinander abzustimmen und zu evaluieren, was für uns stimmt."

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