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R.I.P. freies Internet! What’s next?

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von Marcel Dobler, Präsident ICT-Switzerland und FDP-Nationalrat

Wie frei soll das Internet sein? Rechtfertigt die Konzessionierung von Onlinecasinos die Einführung von Netzsperren? Internetregulierungen sind seit Kurzem salonfähig. Jüngste Beispiele sind die Netzsperren bei ausländischen Geldspielanbietern und die Abschaffung der Vertragsfreiheit bei Buchungsplattformen. Man darf sich die Frage stellen: "What’s next?"

Marcel Dobler, Präsident ICT-Switzerland und FDP-Nationalrat
Marcel Dobler, Präsident ICT-Switzerland und FDP-Nationalrat

Viele Branchen investieren jede Menge Geld in Innovation und sichern damit Arbeitsplätze. Bei anderen scheint jedoch ein neues Businessmodell aufzukommen. Sie verzichten auf diese Ausgaben und nehmen lieber in Bern Einfluss. Ist diese Behauptung überspitzt oder trägt sie einen Funken Wahrheit in sich? In Bern versuchten die IT-affinen Politiker vergebens, gegen die Netzsperren zu kämpfen – zu übermächtig war das Lobbying der Geldverteilinstitution.

Sind Netzsperren nur der Anfang?

Am 1. März entschied der Nationalrat, wie zuvor auch der Ständerat, bei ausländischen Geldspielanbietern Netzsperren einzuführen. Ein Entscheid, der für mich als Digital Native schwer zu verstehen ist. Die Netzsperren sind sehr leicht via VPN-Client, Online- oder Webproxy zu umgehen. Warum brauchen wir also ein solches Gesetz?

Es besteht auch die Gefahr, dass viele weitere Sperren folgen werden. Während der Debatte im Parlament wurde offensichtlich, dass diejenigen, die sich für die Freiheit des Internets einsetzen, keine Chance haben. Zu viele Interessengruppen erhalten Gelder aus dem Lotteriefonds. Die Nutzniesser dieser Gelder setzen sich stark für die Netzsperren ein, schliesslich müssen sie ihre Einnahmen sichern. Wenn ein paar IT-affine Politiker gegen Sport, Kultur, Kantone und die Spielbanken kämpfen, bleiben sie chancenlos.

Protektionismus im Internet – das neue Businessmodell?

Sogenannte enge Preisparitätsklauseln verpflichten die Hotels aktuell, den Preis auf Buchungsplattformen auf ihrer eigenen Website nicht zu unterbieten. Eine Motion fordert nun ein Verbot dieser Klauseln. Solche Verbote schränken den Handlungsspielraum der Buchungsplattformen wie Booking und HRS ein, obwohl mit dem Status quo erreicht werden konnte, dass die Angebote transparenter wurden, der Bekanntheitsgrad der Hotels weltweit gesteigert werden konnte und die Auslastung der Hotels dank der Buchungsplattformen wesentlich erhöht wurde.

Einmal mehr greift das Parlament mit Verboten in die Vertragsfreiheit der Unternehmer ein und macht das Internet zu einem Ort des Protektionismus. Viele weitere Branchen wittern deshalb ihre Chance in Bern.

Verbote und Sperren – what’s next?

Die Digitalisierung bringt unglaublich viele Vorteile mit sich, wieso nutzt gerade «das» Innovationsland Schweiz diese nicht voll aus? Im Gegenteil, neuen Chancen und Entwicklungen steht man zuerst einmal skeptisch gegenüber und versucht, zu beeinflussen und regeln. Anscheinend gehen täglich Briefe beim Bundesrat ein, die Markteingriffe fordern. Erfolgreiche Firmen aber arbeiten, sind innovativ und suchen Lösungen. Die anderen kommen als Bittsteller nach Bern und fordern Markteingriffe. Aktuell zahlt sich dies aus.

Muss der Bund in einen Markt eingreifen, wenn die Firmen, Verbände oder Branchen die Zeichen der Zeit ignorieren? Ist Protektionismus die Waffe gegen fehlende oder verpasste Innovation? Diese Mentalität des Bewahrens und der lenkenden Verbote muss die Schweiz dringendst ablegen, nur so werden wir weiterhin erfolgreich und letztlich gegenüber den umliegenden Ländern auch konkurrenzfähig sein. Lasst uns mit der Digitalisierung und den damit einhergehenden neuen Möglichkeiten mitgehen!

Marcel Dobler, Präsident ICT-Switzerland und FDP-Nationalrat

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