Wild Card von Daniel Liebhart

Lassen Sie sich über die Schulter blicken!

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Eine neue Generation von Anwendungen für die Steuerung von Unternehmen steht vor der Tür. Sie kombinieren klassische Business Intelligence mit modernen Expertensystemen und sollen helfen, schneller die richtigen Entscheide zu fällen.

(Source: anyaberkut / iStock)
(Source: anyaberkut / iStock)

Lange Zeit war klar: Jedes Unternehmen setzt zwei grundlegende Systemtypen ein. Zum einen die operativen Systeme für die Unterstützung der Leistungsprozesse und zum anderen die dispositiven Systeme für die Unterstützung der Führungs- und Entscheidungsprozesse. Erstere produzieren Daten, die im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit anfallen, zweitere sammeln die Daten, um ebendiese Tätigkeiten ständig weiterzuentwickeln. 
Beide Systemtypen sind tief in unseren Firmen verankert. Branchenlösungen und Standardsoftware gibt es für beide Systemtypen. Die Trennung zwischen operativen und dispositiven Systemen hat jedoch einen grossen Nachteil. Das Sammeln von Daten für die Steuerungs- und Entscheidungsprozesse ist alles andere als einfach und braucht viel Zeit. 

Traditionelle Business Intelligence

Dispositive Lösungen basieren aus diesem Grund immer auf einer guten Datensammlung. Die Unternehmensdaten werden meist über komplexe Einlieferungsprozesse und eine Vielzahl von Schnittstellen in einem grossen Datentopf (Data Warehouse oder Data Lake) gesammelt. Damit können sie dann als Grundlage dienen für ein breites Spektrum von Anwendungen wie etwa CPM (Corporate Performance Management) für die operative und taktische Steuerung sowie für Anwendungen für die Simula­tion und Planung zukünftiger Tätigkeiten oder jedoch für die Analyse und das Mining. 

Wir alle kennen diese Systeme unter dem Begriff «Business Intelligence» (BI). Definiert hat diesen Begriff Hans Peter Luhn im Jahr 1958 als «Technologie, um Daten zu sammeln und zu analysieren, sie in nützliche Informationen umzuwandeln und ‹vor der Konkurrenz› darauf zu reagieren». Wir haben also 60 Jahre gebraucht, um die dafür notwendigen Systeme zu etablieren. 

Der nächste Schritt

Die Umwandlung von Daten in nützliche Informationen, die dann zu vernünftigen Entscheidungen der Unternehmensleitung führen, braucht Zeit. In vielen Fällen zu viel Zeit. Diese Zeit wird nun mit einem neuen Ansatz radikal verkürzt. Statt die Daten, die während der Firmentätigkeit entstehen, umständlich zu sammeln, um sie im Nachgang zu analysieren, wird die Firmentätigkeit als Ganzes und damit auch alle anfallenden Daten mithilfe eines Expertensystems laufend in Echtzeit beobachtet und ausgewertet. Als «Nutzung von Informationen auf der Oberflächenebene, um zu verstehen, was intern tatsächlich vorhanden ist», beschreibt die Gartner-Analystin Frances Karamouzis diesen Ansatz. Ein Unternehmen lässt sich mittels «beobachtbarer Daten» über die Schultern blicken. 

Die neue Generation von Anwendungen kann ein Unternehmen und seine Tätigkeiten verstehen, indem sie die externen Daten, die von den verschiedenen operativen Systemen der Firma produziert werden, verbindet und laufend analysiert. Die Anwendungen sind Systeme, die «in jeder Hinsicht die Entscheidungsfähigkeit eines menschlichen Experten» – der Unternehmensleitung – unterstützt oder «nachahmt», wie es der «Vater der Expertensysteme», Edward Feigenbaum, beschreiben würde. Gartner bezeichnet diese Technologie als «Applied Observability». Der Unterschied zu einer traditionellen BI-Infrastruktur ist der Einsatz einer künstlichen Intelligenz als Schlüsselkomponente für die Beobachtung der Daten in Echtzeit. So können Unternehmen sehr viel direkter und besser gesteuert werden.

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