IBM Symposium

"Social Software ist nicht gleich Facebook"

Uhr | Aktualisiert
von Janine Aegerter

Online-Shopper wollen ernst genommen werden und Social Software ist kein Facebook für Unternehmen. Dies sind zwei der Schlüsse aus dem gestrigen IBM Symposiums 2012 in Luzern.

Personalisierte Werbung kann Erfolg haben – aber nur, wenn der Anbieter sein Handwerk beherrscht. Im Bild: Marcel Kuster von IBM.
Personalisierte Werbung kann Erfolg haben – aber nur, wenn der Anbieter sein Handwerk beherrscht. Im Bild: Marcel Kuster von IBM.

Wer dem Management eines Unternehmens Social Software verkaufen will, sollte das Wort Social nicht in den Mund nehmen. Denn der Begriff bedeutet für Entscheidungsträger oft nur eins: Mitarbeiter, die miteinander chatten oder sonstwie ihre Arbeitszeit vergeuden - statt zu arbeiten. Das sagte zumindest Christian Frey von Sika in seinem Referat am gestrigen IBM Symposium 2012 in Luzern.

Social Software als Unterstützung

Dabei kann Social Media durchaus sinnvoll eingesetzt werden, wie Frey in seinem Referat ausführte. "Oft ist das gesuchte Wissen im Unternehmen schon vorhanden, nur wissen es die anderen nicht". Zudem führe ein geschäftsinternes Social-Media-Tool – also Social Software - zur verbesserten Zusammenarbeit bei Projekten und verringere unter anderem auch die Mailflut, mit der sich Mitarbeiter tagtäglich herumschlagen müssen.

Sika ist derzeit mit einem Testpiloten (IBM "Connections") unterwegs, um Erfahrungen mit Social Media zu sammeln. Die Idee dabei ist, die Benefits von Social Software gegenüber dem Management aufzeigen zu können um zu beweisen, dass es sich dabei um ein Collaboration Tool handelt und nicht um ein "Facebook für Unternehmen".

Vorteile erkannt

Laut Frey haben schon einige, auch ältere Mitarbeiter die Vorteile von Social Software erkannt. Es handelt sich dabei vor allem um diejenigen, die in ihrer sogenannten Community Informationen, Dateien oder Anfragen direkt posten statt Mails oder Newsletters zu verschicken. Andere wiederum, auch junge Mitarbeiter, nutzen das Tool überhaupt nicht - "aus welchen Gründen auch immer".

Zudem, so Frey, habe es für diejenigen Mitarbeiter, die "Connections" nun aktiv nutzen, eine Art Übergangsfrist gegeben, während der sie sich daran gewöhnen mussten, von Mails auf die Social Software umzustellen. In dieser Umstellungszeit hätten sie beide Instrumente gleichzeitig genutzt und dadurch eine Zeit lang mehr Aufwand betreiben müssen als zuvor.

Kunden werden unterschätzt 

In einem weiteren Referat sprachen Marcel Kuster und Moshe Rappoport, beide von IBM, über "Smarter Commerce". Wie es scheint, gibt es im Bereich Online-Shopping noch viel Entwicklungspotenzial, da die Intelligenz der Kunden offensichtlich unterschätzt wird. In einer Umfrage wurden Unternehmen und ihre Kunden befragt, was der Grund sei, dass sich Kunden mit einem Unternehmen vernetze. Dabei mussten beide Parteien eine Liste von möglichen Gründen der Wahrscheinlichkeit nach anordnen.

Dabei stellte sich heraus, dass diejenigen Punkte, die Unternehmen als am wenigsten wahrscheinlich klassiert hatten, bei den Kunden ganz oben in der Liste zu stehen kamen. "Unternehmen denken oft, die Kunden würden sich mit ihnen vernetzen, weil sie unter anderem über neue Produkte informiert werden wollen", erklärte Kuster. Tatsächlich ist es aber so, dass Kunden primär auf Schnäppchen aus sind.

Rappoport zeigte in seinem Referat auch Missverständnisse auf. So habe er beispielsweise ein einziges Mal ein paar Mini-Kopfhörer gekauft, die ihm besonders gefallen hätten. "Ich habe gleich drei Stück davon bestellt – sie waren gerade Aktion". Seither bekomme er immer wieder Angebote für diese Kopfhörer, obwohl er nicht die Absicht hege, diese momentan wieder zu kaufen.

Oder, ein noch extremeres Beispiel: Er kaufe seine Anzüge, Hemden, etc. immer online ein, immer beim gleichen Anbieter. Seltsamerweise erhalte er dort immer wieder Angebote, die ihn nicht im geringsten interssierten – und dies, obwohl er immer das Gleiche einkaufe. "Ich erhalte sogar Angebote für Frauenkleider!"

Glaubwürdigkeit ist wichtig

Rappoport wies auch darauf hin, wie wichtig es für Anbieter ist, glaubwürdig zu erscheinen. So mache sich beispielsweise ein Callcenter, das seine Kunden mit dem nervigen Spruch "Please hold on – your call is important to us" in der Warteschlange stehen lasse, sicher keine Freunde. "Denn der Kunde weiss genau, dass der Callcenter-Betreiber nur Geld sparen will und deswegen so wenige Mitarbeiter wie möglich anstellt". Da helfe auch ein netter Spruch nicht – zumindest dann nicht, wenn er offensichtlich nicht stimmen kann.