Verbesserungspotenziale

Stolperfallen im E-Commerce

Uhr | Aktualisiert

Selbst E-Commerce-Profis ziehen im einen oder anderen Fall den stationären Handel dem Onlineeinkauf vor, wie sie gegenüber der Netzwoche verraten. Eine Lösung aus Berlin könnte den Online-Modeshops neue Möglichkeiten eröffnen.

Die E-Commerce-Profis gehen mit gutem Beispiel voran. Sie kaufen selbst fast nur online ein – fast. Zwei Einschränkungen sind es, die E-Commerce-Berater Thomas Lang von Carpathia davon abhalten. Zum einen würde er gerne mehr Lebensmittel online einkaufen.

Ihm ist jedoch die Mindestbestellmenge, die für eine gebührenfreie Lieferung nötig ist, heute noch zu gross. Er kaufe manchmal auch für kleinere Beträge ein, aber dann lohne es sich nicht. Zum anderen sind es für ihn die kurzfristigen Bedürfnisse, die die E-Commerce-Player noch nicht so recht befriedigen könnten.

Heiner Kroke, CEO des grössten Schweizer E-Commerce-Unternehmens Ricardo.ch, sieht das ähnlich. "Um rasch das Sandwich zum Mittagessen zu kaufen, bin ich auf den stationären Handel angewiesen."

Vermessung mit Webcam

Für Sebastian Schulze, Mitgründer des Berliner Start-ups Upcload, gibt es mindestens noch eine weitere Branche, in der es für die E-Commerce-Player noch viel Luft nach oben gibt: die Modebranche. Nur rund 7 Prozent der verkauften Modeartikel werden in den USA laut Schulze online bestellt. Dagegen werden Bücher zu rund 60 Prozent online eingekauft. Zwar würden sich die Märkte in absoluten Zahlen unterscheiden, doch die Tendenz sei klar.

Klar sei auch, weshalb die Modebranche bei den Verkäufen einen derart geringen Onlineanteil aufweist: "Es gibt viele Unsicherheiten. Der Kunde weiss nicht, wie sich das Kleidungsstück anfühlt, wie die Farbe wirkt und nicht zuletzt, ob die Grösse passt", so Schulze. Genau für Letzteres hat das Start-up eine Lösung entwickelt: Der Nutzer stellt sich mit einer CD als Referenzgrösse vor eine Webcam, die Softwarelösung Upcload vermisst den Körper zentimetergenau und spuckt dem Kunden die genauen Kleidergrössen aus.

Gründer wollen hoch hinaus

Das deutsche "Start-up des Jahres 2011" will mit der Lösung nicht nur den Kunden den Online-Kleiderkauf erleichtern, sondern auch den Modeshops den Verkauf. Diese sollen mit der Lösung das Problem der hohen Retourenraten in den Griff bekommen und höhere Conversion-Raten erreichen. Das heisst, der Anteil der Kaufinteressenten, die eine bestimmte Website besuchen und dabei zu Käufern werden, soll erhöht werden.

Die Unternehmer haben gemeinsam mit israelischen Entwicklern an der Nutzerfreundlichkeit gefeilt. "In einer ersten Version mussten die Kunden vor eine weisse Wand stehen, damit es funktioniert. Das ist unterdessen nicht mehr nötig" erzählt Schulze. Seit Februar testen erste Shops und rund 5000 Nutzer jeden Alters Upcload. Im Juli soll die Testphase abgeschlossen sein.

Für den Endkunden ist Upcload gratis. Modeshops, die Upcload verwenden, bezahlen pro Nutzer und Tag. Das heisst, loggt sich ein Nutzer ein, bezahlt der Shop einmalig für zwölf Stunden, egal ob ein Kauf getätigt wird. Die Nutzerdaten bleiben bei Upcload, wie Schulze versichert. Das Start-up will vorab im DACH-Markt wachsen und dann möglichst rasch in den USA Fuss fassen. «Wir kooperieren bereits mit The Northface und prüfen derzeit, was wir als Nächstes tun werden», so Schulze.

3-D-Secure-Verfahren als Conversion-Killer

Thomas Lang würde bei Modeshops auch noch woanders ansetzen, nämlich bei der Beratung. Bei Artikeln und Marken, die er nicht kenne, fehlten ihm spezifische Hinweise, wie er sie im stationären Handel erhalte, zum Beispiel, ob ein Anzug klein oder gross geschnitten sei. Zudem mangele es häufig an Bildern, auf denen das Objekt nicht nur isoliert zu betrachten ist. "enn ich einen Stuhl kaufen möchte, dann will ich den an verschiedenen Tischen stehen sehen, um vergleichen zu können" so Lang.

Zudem gab der Einbau des zusätzlichen Sicherheitselements 3-D-Secure zu reden. Das Authentifizierungsverfahren soll sicherstellen, dass der rechtmässige Inhaber einer Kreditkarte und der rechtmässige Onlinehändler an einer Transaktion teilnehmen. Ist ein Karteninhaber am Verfahren angemeldet, wird ihm während des Bezahlvorgangs im Onlineshop des Händlers eine Eingabeseite seiner Bank angezeigt, auf der er sein Passwort eingibt. Nur mit dem korrekten Passwort, das ausschliesslich dem Kunden und seiner Bank bekannt ist, wird die Zahlung durchgeführt.

Lang hat, wie er verrät, zum 3-Secure-Verfahren viele negative Feedbacks von Händlern bekommen. Kunden hätten sehr häufig den Kauf abgebrochen. "Es ist ein Conversion-Killer." Hanspeter Maurer, CEO des Zahlungsdienstleisters Datatrans, bestätigt die Probleme, geht aber davon aus, dass sich die Situation laufend verbessert: "Die Schweizer Kartenherausgeber haben den schwierigste Teil, den Aktivierungsprozess, praktisch abgeschlossen."