Opendata.ch 2018

Offene Daten allein führen nicht zum Erfolg

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Offene Daten sind auf dem Vormarsch. Wo, wie und welche Hindernisse es gibt, das erfuhren die Gäste auf der jährlichen Open-Data-Konferenz in St. Gallen. Am Event traf sich da Who's who der Schweizer Open-Data-Szene.

Die Konferenz war gut besucht und die Pausen wurden rege für den Austausch genutzt. (Source: Netzmedien)
Die Konferenz war gut besucht und die Pausen wurden rege für den Austausch genutzt. (Source: Netzmedien)

Der Verein Opendata.ch hat zu seiner jährlichen Konferenz geladen. Die dritte Auflage des Events fand diesmal in St. Gallen in den Räumen der Fachhochschule St. Gallen direkt am Bahnhof statt. Opendata.ch ist die Schweizer Sektion der weltweit aktiven Open Knowledge Foundation und die zentrale Organisation für die Förderungen von Open Data in der Schweiz. Die Fussball-WM und das bis dahin gute Abschneiden der Schweiz machten den Veranstaltern fast einen Strich durch die Rechnung. Mit einem etwas gestrafften Programm und einem öffentlichen Streaming der zweiten Halbzeit kamen die Veranstalter den Gästen entgegen.

Alle Verwaltungen sitzen im gleichen Boot

Thomas Scheitlin, Stadtpräsident von St. Gallen, begrüsste die Gäste. Er hob die Bedeutung der Stadt als Dienstleistungsstandort und die vielen IT-Firmen, die sich dort angesiedelt haben, hervor. Zudem habe sich die Stadt dazu verpflichtet, bis 2020 mehr in Bezug auf Open Government Data (OGD) zu tun und ein OGD-Portal aufzuschalten. Die Konferenz passe daher sehr gut hierher.

Thomas Scheitlin, Stadtpräsident von St. Gallen (Source: Netzmedien)

Zu Beginn der Veranstaltung diskutierten der Mitarbeiter Scheitlins, Christian Geiger, CDO von St. Gallen, und Brigitte Lutz, Data-Governance-Koordinatorin Open Government Wien, über ihre Erfahrungen mit Open Government Data (OGD). Beide kennen sich seit 2011 und propagieren seitdem OGD in den Verwaltungen.

Geiger und Lutz betonten im Gespräch, dass es die schwierigste Aufgabe sei, die Verwaltungsmitarbeiter von OGD zu überzeugen. Viele sehen es als ein zeitlich begrenztes Projekt an, dabei ist es ein stetig andauernder Prozess, wie Lutz betonte. So langsam sei dies in Wien angekommen und ein gewisses "Datenbewusstsein" entstanden. Vor allem brauche es begeisterte Leute in der Verwaltung, die sich für OGD einsetzten, und eine Überzeugung der Mitarbeiter, dass es etwas bringe. Dies könne nicht per Gesetz verordnet werden, zeigte sich Lutz überzeugt.

Christian Geiger, CDO von St. Gallen, und Brigitte Lutz, Data-Governance-Koordinatorin Open Government Wien (Source: Netzmedien)

Für Wien ist OGD eine Erfolgsgeschichte. Mehr als 400 Anwendungen sind in den letzten sechs bis sieben Jahren entstanden. Das erste Projekt wurde gleich in der Nacht des Aufschaltens der OGD-Plattform realisiert. Es war eine Karte mit allen öffentlichen Toiletten der Stadt. Das Angebot ist inzwischen sehr vielfältig, weil immer mehr Datenquellen zur Verfügung stehen, wie Lutz betonte.

Sie habe auch auf einen aktiven Dialog mit der Community gesetzt. So wollten die Verantwortlichen herausfinden, wie die Daten aufgenommen werden und welche Daten gewünscht sind. Für Lutz ist diese aktive Pflege der Community einer der Schlüssel zum Erfolg.

Open Data allein reicht zum Erfolg nicht aus

An den meisten Konferenzen sind nur Erfolgsgeschichten von "führenden Unternehmen" zu hören. Nicht so an der Opendata.ch-Konferenz. Daniel Schwarz, Projektleiter Smartmonitor, berichtete davon, warum sein Open-Data-Projekt bisher nicht so richtig zum Fliegen gekommen ist. Bereits 2004 sei ihm und einigen Mitstreitern die Idee gekommen, eine Art Beobachtungstool für das Schweizer Parlament aufzubauen. Da die Parlamentsdienste noch keine Schnittstellen zu ihren Daten gehabt hätten, habe alles per Hand gemacht werden müssen. Dies sei möglich gewesen, da das Projekt eine Förderung als SNF-Forschungsprojekt erhalten habe.

Daniel Schwarz, Projektleiter Smartmonitor (Source: Netzmedien)

Mit dem Geld und den Ressourcen konnten die Forscher eine Website aufbauen, die über Daten wie das Abstimmungsverhalten von Politikern oder die Anwesenheiten informiert. Selbstkritisch räumte Schwarz jedoch ein, dass sie noch weit weg vom Ziel seine, wirkliche Transparenz in der Politik zu schaffen. Denn es gebe noch keine Verknüpfung zu anderen Quellen wie den Wahlaussagen von Politikern oder deren Verhalten in der Vergangenheit. "Wir sind noch weit weg von einer smarten Überwachung des Parlaments", räumte Schwarz daher ein.

Das grösste Problem seien jedoch nicht der fehlende Zugriff auf Daten oder mangelndes Know-how bei den Beteiligten. Die Parlamentsdienste würden inzwischen eine gute API bereitstellen und auch die Verknüpfung und Interpretation verschiedener Daten seien machbar. Woran es vor allem mangle, sei die Nachhaltigkeit und hier insbesondere eine nachhaltige Finanzierung.

Es sei schwierig, Organisationen zu finden, die das Projekt ausreichend finanziell unterstützten, sagte Schwarz. Vor allem die Medien nahm er hier in die Pflicht. Diese würden sich nach dem Motto "Hop-On Hop-Off" nur kurzfristig für die Daten auf der Plattform interessieren. Nach einigen Beiträgen sei die Plattform dann schnell vergessen, bis sie Jahre später wieder ausgegraben werde. Dabei sollten vor allem Medien laut Schwarz das grösste Interesse an den Daten haben. Für Unternehmen, wie es auch Medienhäuser sind, ist der ROI das entscheidende Kriterium. Diesen mit offenen Parlamentsdaten zu erreichen, sei fast unmöglich. Darin liege das Haupthindernis, betonte Schwarz.

Die Nutzer für den Dienst zahlen zu lassen, sei auch keine Option, schränkte Schwarz ein. Die kritische Masse zu erreichen, sei in der kleinen Schweiz schwierig, und sonst müssten die Abo-Kosten so hoch sein, dass sie unattraktiv würden. Schwarz betonte zwar, dass er mit dem Projekt schon recht weit gekommen sei, für eine Weiterentwicklung und Nachhaltigkeit fehlten aber die Ressourcen, klang der Vortrag mit einem negativen Ausblick aus.

Digitalpolitik entsteht

Der scheidende Vorsitzende von Opendata.ch, André Golliez, nutzte den Event, um eine kurze Abschiedsrede zu halten. Er wolle sich in Zukunft in der Swiss Data Alliance engagieren, deren Vorsitz er übernehme. Für ihn war das Wort Datenpolitik ganz wichtig. Golliez zeigte sich überzeugt, dass Datenpolitik in einigen Jahren wie Verkehrs- oder Gesundheitspolitik ein integraler Bestandteil des politischen Diskurses sein werde. Noch entwickle sich die Datenpolitik, und Open Data sei nur ein kleiner Teil davon.

André Golliez, Swiss Data Alliance (Source: Netzmedien)

Danach blickte Golliez auf die Entwicklung von OGD in den letzten Jahren zurück. Mit der Präsidentschaft von Barack Obama und eines zentralen Beschlusses der G8 habe es einen grossen Schub gegeben. Inzwischen scheint das Pendel aber wieder in eine andere Richtung auszuschlagen, vor allem mit der Präsidentschaft von Donald Trump. "Es ist berechtigt, sich Sorgen zu machen", sagte Golliez. Viele zuvor als selbstverständlich angesehene Dinge im Bereich OGD seien es heute, zumindest in den USA, nicht mehr. Golliez zeigte sich jedoch optimistisch, dass OGD auch in den nächsten Jahren weiter wachsen werde.

In der Schweiz gebe es noch einiges zu tun. Im internationalen Vergleich hinke das Land etwas hinterher. Der Trend gehe aber in die richtige Richtung. Auch auf regionaler Ebene entstünden immer mehr OGD-Plattformen. Die zentrale Plattform opendata.swiss zähle mehr 6000 Datensätze. "In der Schweiz ist eindeutig mehr Open Data möglich", spornte er die Gäste an.

Es gibt nicht nur Open Data allein

Die Welt bestehe aber nicht nur aus offenen Daten, schränkte Golliez im Anschluss ein. Daher wolle er sich mit der Swiss Data Alliance grösseren datenpolitischen Fragen stellen. Erst seit einigen Jahren würden Daten als Teil frt Wertschöpfung verstanden. "Daten sind kein Erdöl, sondern Infrastruktur", sagte Golliez. Daher ist für ihn Datenpolitik Infrastrukturpolitik.

Grosse Monopolisten wie Facebook, Google und Co. dürften nicht mehr allein die ganze Wertschöpfung durch Daten abschöpfen. Die EU-DSGVO sei eine Antwort der EU darauf. Vor allem das Recht auf Datenportabilität ist für Golliez eine Zäsur. Das Recht, über die Daten zu verfügen, komme somit zu den Nutzern zurück. Der Entwurf für das neue Schweizer Datenschutzgesetz sehe dies noch nicht vor. Er werde sich jedoch dafür einsetzen, das Recht auch in der Schweiz zu verankern, kündigte er an. Von Daten sollen alle und nicht nur einige wenige profitieren, sagte Golliez zum Abschluss. Mit der Swiss Data Alliance wolle er dies erreichen und es gebe noch Platz für Mitglieder, auch für Einzelpersonen, sagte er zum Abschluss.

Open Data Student Award

Erstmals wurde im Rahmen der Konferenz der Open Data Student Award vergeben. Er zeichnet herausragende Leistungen von Studenten und Doktoranden im Umgang mit offenen Daten aus. Initiiert wurde der Preis von Stefan Keller, Professor am Geometa Lab der HSR Rapperswil. Nach Angaben der Veranstalter gingen acht Bewerbungen ein, darunter vier vom Open-Data-Studiengang der Uni Bern. Die Arbeiten mussten von den Betreuern der Studenten eingereicht werden.

Stefan Keller, Professor am Geometa Lab (Source: Netzmedien)

Unter den Projekten waren etwa Visualisierungen von Rheinüberwachungsdaten, Jugendbefragungen oder Arbeiten zum Einfluss von Lobbygruppen auf die Politik. Das Siegerprojekt war Teil einer Masterarbeit von Jonas Oesch, FHNW Windisch. Er nannte es "The Hitchhiker’s Guide to Swiss Open Government Data". In der Arbeit wertete Oesch alle öffentlich zugänglichen Daten in der Schweiz aus und visualisierte sie. Diese Meta-Analyse der OGD-Landschaft in der Schweiz überzeugte die Jury. Da er gerade in der Prüfungsphase war, konnte Oesch nicht am Event teilnehmen. Die Glückwünsche für den Sieg sprach ihm die Jury am Event auf die Mailbox, da er auch telefonisch nicht zu erreichen war.

Das Publikum applaudierte dem Sieger, was auf dessen Mailbox aufgezeichnet wurde. (Source: Netzmedien)

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