TI&M Breakfast News

Warum Blockchain nicht gleich Blockchain ist

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TI&M hat seine Breakfast News den Anwendungen der Blockchain in Unternehmen gewidmet. Hyperledger-Chef Brian Behlendorf zeigte, warum Firmen bei der Auswahl einer Lösung genau hinschauen sollten. Ein konkretes Beispiel gab es von der Hypothekarbank Lenzburg.

Stefan Weber, Thomas Zerndt, Brian Behlendorf und Martin Fabini an den TI&M Breakfast News. (Source: Netzmedien)
Stefan Weber, Thomas Zerndt, Brian Behlendorf und Martin Fabini an den TI&M Breakfast News. (Source: Netzmedien)

Die Blockchain ist in aller Munde, aber noch nicht wirklich in der Unternehmenswelt angekommen. Wie sich das Potenzial der Technologie konkret nutzen lässt und wie Firmen die Umsetzung angehen sollten, darum drehten sich die heutigen Breakfast News des IT-Dienstleisters TI&M.

Als erster Referent war Brian Behlendorf eingeladen. Der Executive Director des Hyperledger-Projekts dämpfte zunächst die hohen Erwartungen an die Kryptotechnologie. Nein, die Blockchain werde die Welt nicht retten, sagte er. Sie werde nicht einmal die Banken ersetzen. Trotzdem sei die Technologie für Unternehmen höchst interessant.

 

Langsame Datenbank für mehr Vertrauen

Im Prinzip sei die Blockchain "eine sehr langsame Datenbank", betonte Behlendorf. Gleichzeitig biete sie aber eine technische Lösung für ein politisches Problem: fehlendes Vertrauen und harzige Transaktionen zwischen Geschäftspartnern. Durch Dezentralisierung und Automatisierung könnte der "Distrubuted Ledger" den Austausch von Informationen sicherer und schneller machen.

Es gibt nicht "die" Blockchain und beim Einsatz in Unternehmen gilt es eine Reihe von Besonderheiten zu beachten, wie Behlendorf sagte. Die offenen Blockchains wie Bitcoin oder Ethereum seien etwa nicht immer die beste Wahl. Der Proof-of-Work-Ansatz, bei dem die Blockchain durch Rechenleistung erweitert wird, verbrauche sehr viel Energie. Ausserdem gebe es Szenarien, in denen nur bestimmte Informationen auf der Blockchain landen und andere vertraulich bleiben sollten.

 

Brian Behlendorf stellte Hyperledger als Blockchain für Unternehmen vor. (Source: Netzmedien)

 

Behlendorf stellte verschiedene Wege vor, mit denen Hyperledger die Blockchain verbessern will. Das Projekt ist Teil der Linux Foundation. IT-Grössen wie IBM, Intel oder Fujitsu riefen es Ende 2015 ins Leben. Zu Beginn sei das etwas merkwürdig gewesen, sagte Behlendorf. Alteingesessene Firmen trafen auf eine sehr junge Krypto-Community. Er sei sich vorgekommen wie ein 45-jähriger, der im Skaterpark den jungen Wilden sein Bier in die Hand drückt und dann auf der Halfpipe loslegt.

 

Per Design Thinking zum Blockchain-Prototyp

Martin Fabini, CTO von TI&M, zeigte, wie Firmen von einer Idee zu einer fertigen Blockchain-Anwendung gelangen könnten. Die Frage "Was leistet die Blockchain für mein Geschäft?" sei nicht einfach zu beantworten. Ein Schlüssel zur Antwort heisse: "Design Thinking".

Beim Design-Thinking-Ansatz gehe man von einem Problem und den Bedürfnissen des Nutzers aus, sagte Fabini. Da einem hierbei zu Beginn wenig Wissen zur Verfügung stehe, gehe es erstmal darum, Informationen zu sammeln und einen Lernprozess in Gang zu bringen. Dabei solle man nicht nur aus der Sicht der eigenen Firma denken, sondern sich in die Branche hineinversetzen.

Dann gehe es darum, die Ziele und möglichen Use Cases eines Projekts herauszuarbeiten. Hier komme Blockchain ins Spiel. Es müssten jene Teilprozesse eines Produkts identifiziert werden, in denen die Blockchain einen Nutzen bringe. Hilfestellung dazu böten die sogenannten "Business Patterns" der Blockchain. Also jene Fälle, in denen sie sich anwenden lässt. Fabini zufolge sind dies:

  • Tokenization (Abbildung von Werten)

  • Automatisierung (Smart Contracts)

  • Disintermediation (Schaffung von Vertrauen)

  • Digital Lock-in (Bindung von Kunden)

  • Crowdfunding (Finanzierung)

  • Digitale Identität (Identifikation)

Sind die sinnvollen Anwendungen der Blockchain einmal gefunden, könnten sie in den Use Case eingebaut werden. Anschliessend gehe es darum, eine konkrete Dienstleistung und eine Customer Journey zu erarbeiten. Am Ende dieses Prozesses stehe dann ein erster Prototyp, ein "Minimum Viable Product".

 

Martin Fabini stellte Design Thinking als Methode zur Umsetzung von Blockchain-Ideen vor. (Source: Netzmedien)

 

Mietkaution als Smart Contract

Wie eine Nutzung der Blockchain abseits von Kryptowährungen aussehen kann, zeigte das Referat von Thomas Zerndt und Stefan Weber. Die Hypothekarbank Lenzburg digitalisierte in einem Prilotprojekt die Vermietung einer Immobilie. Hierbei kommen Smart Contracts zum Einsatz. Beispielsweise, wenn ein zukünftiger Mieter die Mietkaution einzahlt. Der entsprechende Mietvertrag werde dann automatisch in Kraft gesetzt. Das Projekt sei ideal gewesen, um die Technologie in einem unkritischen Geschäftsbereich zu erproben.

Das Wichtigste sei, dass man sich als Unternehmen öffne und selbst über die Bücher gehe, sagte Thomas Zerndt, Geschäftsführer BEI & Leiter CC Sourcing. Die Hypothekarbank Lenzburg habe sich deshalb gefragt: "Was machen wir eigentlich?" Die Antwort lautete: "Wir sind Finanzdienstleister, aber nicht unbedingt eine Bank." Dieses Denken habe es dem Unternehmen ermöglicht, den Mietprozess mit anderen Augen anzuschauen und dafür neue Geschäftsideen zu entwickeln. So helfe die Blockchain der Bank, sich weiterzuentwickeln.

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