Wild Card von Daniel Liebhart

Halb voll oder halb leer?

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Es ist vollendet! Die Firma Valve Corporation hat mit dem Spiel "Half-Life: Alyx" einen von uns allen ersehnten Meilenstein erreicht: Virtual Reality (VR) ist endlich alltagstauglich. Es besteht also Hoffnung für einen Durchbruch dieser Technologie im Business.

Ende März dieses Jahres ist der offizielle Release von "Half Life: Alyx" gewesen, einem Spiel, das ausschliesslich für die virtuelle Realität entwickelt wurde. Gemäss "SRF"-Digital-Redaktorin Martine Gassner ist das Spiel "… das Beste, was die virtuelle Realität bis heute hervorgebracht hat". Im Spiel bewegen wir uns als Wissenschaftlerin Alyx Vance im Einzelspielermodus ("Ego Shooter") durch eine virtuelle Stadt, die durch Aliens bedroht wird. Es gilt, den Widerstand zu organisieren. Die Optik des Spiels erinnert an den Film "Alita: Battle Angel" von James Cameron, der vor einem Jahr im Kino zu sehen war.

Das realistische Erlebnis in der virtuellen Welt hängt davon ab, wie wir uns in dieser Welt bewegen können und wie wir sie wahrnehmen. Rechenleistung und VR-Brillen erlauben seit Jahren eine realistische Darstellung. Die Software hingegen, die dafür sorgen soll, dass wir uns elegant in der Virtualität bewegen können, hatte lange mit Kinderkrankheiten zu kämpfen. Die Konsequenzen waren schlechte Nutzerführung sowie Desorientierung bis hin zur Übelkeit. Aus diesem Grund haben die Erfinder von "Half-Life" ihre eigene Plattform gebaut und über Jahre weiterentwickelt. Herzstück war die sogenannte "Physics Engine", welche die Interaktion zwischen der realen und virtuellen Welt gewährleistet. Bereits vor sechs Jahren hat Sergiy Migdalskiy, einer der Entwickler der Firma Valve, an der Game Developers Conference in San Francisco über den Bau einer solchen Engine berichtet. Das auf VR spezialisierte News-Netzwerk "Upload" hat die Engine als die "Next Generation Physics Engine" bezeichnet und das Spiel "Half Life: Alyx" als ersten Beweis dafür, dass sich der grosse Aufwand lohnt. Die jahrelange Arbeit der 160 Mitarbeitenden der Firma Valve, die ohne Chef auskommt, hat sich ausbezahlt und es ist zu erwarten, dass das Spiel ein grosser Erfolg wird.

Ein später Durchbruch?

Seit Jahrzenten warten wir nun schon auf den Durchbruch dieser Technologie. "VR ist der humanistischste Umgang mit Daten", soll der VR-Pionier Jaron Lanier bereits 1984 gesagt haben. Ein direktes Eintauchen in die digitale Welt statt des umständlichen Umgangs mit Daten mittels Maus und Tastatur. Was würde uns das die tägliche Arbeit vereinfachen ...

Lange Zeit standen der Vision ausser der Komplexität der physikalischen Berechnungen die fehlende Rechenleistung oder Netzbandbreite für die Darstellung der virtuellen Welt im Weg. Obwohl diese Hindernisse heute ausgeräumt wurden, lässt der Durchbruch nach wie vor auf sich warten. So hat etwa Google seine VR-Plattform letztes Jahr beerdigt, und die "BBC" ihr ehrgeiziges Projekt "VR Hub" mangels Interesse vonseiten Kunden und Partner eingestellt.

Dennoch sehen die Analysten einen Markt und eine Vielzahl vielversprechender Anwendungen wie beispielsweise in der Medizin, in der Ausbildung, im Tourismus oder in der Produktentwicklung. Von einem stark wachsenden Markt gehen Forbes, IDC und andere Auguren aus. Selbst zurückhaltende Firmen wie etwa Axa sind der Meinung, dass VR im Operationssaal, in der Medizin­ausbildung, in der Rehabilitation und in der Psychotherapie eingesetzt werden wird. "Vor dem tatsächlichen Einsatz von erweiterter Realität im OP-Saal erfordert es jedoch noch etwas Entwicklung und Arbeit", steht allerdings noch auf der Website. Der Durchbruch von "Half Life: Alyx" zeigt den Weg zu einem solchen Einsatz.

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