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Fachabteilungen – Innovationstreiber oder Silobauer?

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In den vergangenen Jahrzehnten hat sich ein signifikanter Wandel in der Art und Weise vollzogen, wie ICT-Projekte in Unternehmen angestossen und auch realisiert werden. Fachabteilungen nehmen zunehmend das Ruder in die Hand und sind heute für mehr als die Hälfte aller ICT-Projekte verantwortlich.

(Source: alphaspirit / Fotolia.com)
(Source: alphaspirit / Fotolia.com)

Fachabteilungen übernehmen bei ICT-Projekten den Lead. Diese Entwicklung spiegelt eine Verschiebung des Einflusses wider – weg von den traditionellen ICT-Abteilungen und hin zu den Geschäftsbereichen – und steht für eine markante Veränderung im Zusammenspiel und den Rollen von Business und ICT. Für die Business Manager ist die ICT zum Schlüssel bei der Umsetzung neuer Geschäftsmodelle geworden. 

Bereits 2014 haben wir auf der Grundlage unserer Studie zum Business Impact auf die ICT festgestellt, dass mehr als die Hälfte der ICT-Projekte aus den Fachbereichen generiert wurden. Die ICT sollte nicht mehr Kostenfaktor sein, sondern zum Erfolgsfaktor im Wettbewerb und in der Differenzierung werden. 

Zehn Jahre später gingen wir im Rahmen unserer Studienarbeiten erneut dieser Frage nach und untersuchten den Einfluss der Fachabteilungen auf die ICT aufs Neue. So hat die Cloud in den vergangenen Jahren für einen weiteren Schub zugunsten der Fachbereiche gesorgt und die Grundlage geschaffen, sich mit Blick auf neue Technologien und Lösungen selbst zu bedienen. Sie hat die Implementierung und Nutzung neuer Lösungen demokratisiert und die Entwicklung in Richtung der Fachbereiche weiter vorangetrieben, die zunehmend auch über eigene Budgets zur Umsetzung von Vorhaben verfügen. 

Und nun erobert wiederum eine neue Technologie mit grossem disruptivem Potenzial die Unternehmenslandschaft: die generative künstliche Intelligenz (KI). Sie zählt heute neben den Themen Datenschutz und Workplace zu den drei Topthemen in den Business Units. Losgetreten im November 2022 durch ChatGPT hat sie in einem noch nie dagewesenen Tempo die Unternehmenswelt erreicht und bestimmt seither die Diskussionen um deren Einsatz und Möglichkeiten im Business und der ICT. Und es sind wiederum Fachabteilungen, welche die Chancen der Large Language Models wie ChatGPT möglichst rasch nutzen, damit experimentieren und konkret einsetzen wollen. Am Beispiel der absehbar disruptiven Veränderungen im Bereich Marketing und Vertrieb durch den Einsatz der künstlichen Intelligenz lässt sich der zunehmende Einfluss der Fachbereiche nachvollziehbar darstellen. KI verändert die Kundenkommunikation grundlegend, so kann durch KI-Tools, Chatbots, automatisierte Prozesse und durch kurze Reaktionszeiten die Wettbewerbsfähigkeit deutlich erhöht werden. 

Ein Alleingang durch die Fachabteilungen ist allerdings kein optimaler Weg, Innovationen und neue Ideen umzusetzen. Ohne enge Zusammenarbeit mit den ICT-Fachleuten und ohne Abstimmung mit strategischen ICT-Zielsetzungen können Sicherheitsprobleme, Doppelspurigkeiten und eine ausufernde Heterogenisierung mit Blick auf die eingesetzten Lösungen entstehen. 

Sehen wir nun wiederum eine Entwicklung, an deren Verhinderung und Beseitigung so mancher ICT-Chef in den vergangenen Jahren gearbeitet hat? Konkret: keine Silos, keine Schatten-ICT mehr, keine heterogene Landschaft mit vielen Insellösungen, die eine erfolgreiche Orchestrierung der Unternehmens-ICT gefährdet. Oder sind die Fachabteilungen die eigentlichen Innovatoren mit Blick auf die Nutzung der KI? Die zunehmende Verantwortung der Fachabteilungen bei der Gestaltung und Umsetzung von ICT-Projekten bietet sowohl Chancen als auch Risiken. Unternehmen müssen einen Weg finden, das Beste aus beiden Welten zu kombinieren. Nur so können sie das volle Potenzial neuer disruptiven Technologien wie die der KI erfolgreich ausschöpfen und für das ganze Unternehmen gewinnbringend einsetzen.

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