Fachbeitrag

ChatGPT und generative KI ­ für Arztberichte

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von Sophie Hundertmark, Beraterin und ­wissenschaftliche Mitarbeiterin, Hundertmark GmbH und Hochschule Luzern

Der Textroboter ChatGPT wird immer bekannter. Erste Arztpraxen haben begonnen, ChatGPT zum Erstellen von Arztberichten zu nutzen. Im folgenden kurzen Guide lesen Sie, wie das geht und was es zu beachten gilt.

ChatGPT ist ein fortschrittliches maschinelles Lernmodell, das entwickelt wurde, um Texte, ähnlich denen von Menschen, basierend auf den ihm gegebenen Eingabeaufforderungen zu generieren. Es funktioniert ähnlich wie ein neuronales Netzwerk im menschlichen Gehirn, jedoch in einer digitalen Umgebung, also in Form einer Software. Im Folgenden einige wichtige Merkmale:

Daten und Training: ChatGPT wurde mit einer enormen Menge an Textdaten trainiert. Ähnlich wie ein Medizinstudent, der durch das Studium von Büchern und klinischen Fällen lernt, hat ChatGPT aus diesen Textdaten gelernt, um «menschenähnlichen Text» zu generieren.

Neuronale Netzwerke: Das zugrunde liegende Modell von ChatGPT basiert auf sogenannten «Transformern». Das sind spezielle Arten von neuronalen Netzwerken, die in der Lage sind, komplexe Muster und Zusammenhänge in Daten zu erkennen, vergleichbar mit Synapsen und Neuronen im menschlichen Gehirn, die Informationen verarbeiten und speichern.

Interaktion: Erhält ChatGPT eine Frage oder eine Aufforderung, durchsucht es seine «Erinnerungen» (das heisst das, was es während des Trainings gelernt hat) und versucht, die relevanteste und kohärenteste Antwort zu generieren. Es ist so, als würde man einem Kollegen eine Frage stellen und er antwortet basierend auf seinem Wissen und seiner Erfahrung.

Anpassungsfähigkeit: Obwohl ChatGPT bereits mit einer riesigen Datenmenge trainiert wurde, kann es weiterhin angepasst und auf spezifische Aufgaben trainiert werden. Es ist vergleichbar mit einem Arzt, der sich auf ein Fachgebiet spezialisiert, nachdem er bereits eine allgemeinmedizinische Ausbildung erhalten hat.

Ethik und Grenzen: Während ChatGPT in der Lage ist, eine Vielzahl von Fragen zu beantworten, hat es keine Emotionen, kein Bewusstsein oder ethisches Urteilsvermögen. Es ist wichtig, sich dessen Grenzen bewusst zu sein, insbesondere in sensiblen Bereichen wie der Medizin.

ChatGPT für Arztberichte – ein Step-by-Step-Guide

ChatGPT beziehungsweise generative KI können den Arbeitsalltag der Ärzteschaft deutlich effizienter gestalten, indem die KI-Tools bei der Erstellung der Arztberichte unterstützen. Im Folgenden ein kurzer Guide, wie einzelne Arztpraxen ChatGPT heute schon zur Generierung von Arztberichten nutzen.

1. Datenvorbereitung

Bevor ChatGPT einen Arztbericht erstellen kann, muss die Basis der Inhalte erstellt werden. Diese Basis kann in Stichpunkten verfasst werden. Diese Stichpunkte sollten alle wichtigen Informationen enthalten, die später im Arztbericht stehen sollen. Dazu gehören unter anderem die folgenden möglichen Punkte zu den Patientendaten: Name, Geburtsdatum, Adresse, Krankenversicherungsnummer oder andere Identifikationsdaten, Anamnese, Hauptbeschwerden des Patienten, Dauer der Beschwerden, Vorgeschichte der aktuellen Erkrankung, allgemeine medizinische Vorgeschichte, einschliesslich früherer Krankheiten, Operationen und Medikationen, körperliche Untersuchung, Ergebnisse der körperlichen Untersuchung, einschliesslich Beobachtungen und Befunde, diagnostische Ergebnisse, Ergebnisse von Laboruntersuchungen, Bildgebung (z. B. Röntgen, MRI) und anderen diagnostischen Tests, Diagnosen, Behandlungen und Empfehlungen, verordnete Medikamente und ihre Dosierung, empfohlene Therapie oder chirurgische Eingriffe, Weiterleitung an Spezialisten oder zusätzliche Untersuchungen, Empfehlungen für Lebensstiländerungen oder Rehabilitation, Prognose, eine Einschätzung darüber, wie sich die Krankheit oder der Zustand des Patienten voraussichtlich entwickeln wird; Abschlussbemerkungen: Jede zusätzliche Information oder Anmerkung, die aus Sicht der Ärzteschaft in dem Bericht enthalten sein sollte. Übrigens können diese Basisinformationen auch per Spracheingabe diktiert und mit einer Voice-to-Text-App in schriftliche Stichpunkte umgewandelt werden.

2. Datenanonymisierung

Wenn ChatGPT für die medizinischen Berichterstattungen in Erwägung gezogen wird, muss beachtet werden, dass dieses System sämtliche eingegebenen Inhalte zu Trainingszwecken sowie für interne Weiterentwicklungen verwendet. Es ist von höchster Wichtigkeit, dass keinerlei vertrauliche oder personenbezogene Daten in das Eingabefeld von ChatGPT eingebracht werden.

Daher stellt die Anonymisierung der Grundinformationen einen essenziellen und höchst relevanten Schritt dar. Es ist meist ausreichend, die initialen, den Patienten betreffenden Informationen zu eliminieren.

Als Alternative können Tools wie SwissGPT von AlpineAI verwendet werden. Dieses Tool stellt automatisch sicher, dass alle vertraulichen Informationen anonymisiert werden. Es übernimmt also die nötige Datenanonymisierung für den Menschen.

3. Prompt-Erstellung

An dieser Stelle kommt eine der komplexesten Herausforderungen, die nicht unmittelbar in den Zuständigkeitsbereich eines Mediziners fällt. Es gilt, den sogenannten «Prompt» für ChatGPT zu formulieren. Dieser dient als Instruktion, auf deren Basis das System den medizinischen Bericht generiert.

Ein beispielhafter Ansatz könnte lauten: «Du agierst als Allgemeinmediziner und bist beauftragt, einen Überweisungsbericht für einen Facharzt zu verfassen. Der Bericht adressiert einen Chirurgen und sollte medizinische Fachterminologie beinhalten. Der Umfang des Berichts sollte zwei DIN-A4-Seiten nicht überschreiten und die folgenden Informationen beinhalten …» Es ist ratsam, sich während der Prompt-Formulierung vorzustellen, man würde einer neuen Kollegin in der Praxis den Auftrag erteilen, den Bericht zu verfassen. Die Präzision in den Anweisungen korreliert dabei direkt mit der Qualität des resultierenden Berichts.

4. Prompt-Überprüfung

Erfahrungsgemäss erweisen sich nicht alle Prompts direkt beim ersten Versuch als optimal. Es empfiehlt sich daher, den Prompt samt den Grundinformationen in ChatGPT zu testen und das Resultat kritisch zu bewerten. Dieser Vorgang kann so lange wiederholt werden, bis das gewünschte Ergebnis erzielt wird. Diese Erfahrungen zeigen auch meine Befragungen rund um das Prompten.

5. Prompt-Anwendung

Jetzt fängt der Spass an. Der zuvor überprüfte Prompt kann nun tatsächlich eingesetzt werden. Es hat sich als hilfreich erwiesen, den Prompt in einer Excel-Tabelle zu speichern und dort auch die Grundinformationen zu hinterlegen. Je nach Zielsetzung oder Funktion des medizinischen Berichts kann es sinnvoll sein, verschiedene Prompts zu verwenden (siehe QR-Code zum Beispiel eines Prompts).

6. Ergebniskontrolle

Trotz sorgfältiger Überprüfung des Prompts im vorherigen Schritt ist es dringend ratsam, die generierten Ergebnisse einer erneuten Kontrolle zu unterziehen, bevor diese weitergegeben werden. Es ist empfehlenswert, jeden medizinischen Bericht eigenständig oder durch eine dritte Partei kritisch zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen.

7. Persönliche Daten einfügen

Am Ende darf natürlich nicht vergessen werden, die vertraulichen und persönlichen Daten des Patienten und weitere schützenswerte Informationen wieder im Bericht zu ergänzen. An dieser Stelle soll nochmals betont werden, dass Datenschutz ein sehr wichtiges und heikles Thema ist. Es sollten keinesfalls vertrauliche Daten direkt in ChatGPT eingegeben werden.

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