Gefahren digitaler Technologien geben Bevölkerung öfter zu denken
Noch sieht über die Hälfte der Schweizer Bevölkerung in digitalen Technologien überwiegend Vorteile. Doch laut dem Digital-Radar der FHNW sorgt sich ein Drittel der Befragten um die Gefahren künstlicher Intelligenz.
Digitale Technologien bergen hohe Gefahren. Dies findet ein wachsender Teil der Schweizer Bevölkerung, wie aus der aktuellen Ausgabe des Digital-Radars hervorgeht. Die Studie ist ein Gemeinschaftswerk des Kompetenzzentrums Digitale Transformation der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), gfs-zürich sowie der Bank WIR und basiert auf einer Umfrage unter 1800 erwachsenen Personen aus der Deutschschweiz und der Romandie.
Mit 52 Prozent schätzt zwar mehr als die Hälfte der Befragten digitale Technologien als insgesamt vorteilhaft ein. Im Vorjahr waren es noch 53, im Januar 2022 wiederum 62 Prozent. "Je jünger die Befragten, desto höher beurteilen sie die Vorteile", merken die Studienautoren an. Auch ein höheres Einkommen wirkt sich positiv auf die Wahrnehmung digitaler Technologien aus.
IT-Sicherheit und Überwachung als grösste Gefahren
Insgesamt gestiegen ist jedoch die Wahrnehmung der Gefahren aufgrund der persönlichen Nutzung von digitalen Technologien. Insbesondere die junge und mittlere Altersgruppe sowie die mittlere und hohe Bildungsklasse äusserten sich skeptischer als in früheren Studien. Die meistgenannten Nachteile waren die Themen "Datenschutz/IT-Sicherheit" und "Überwachung durch Technologien".
Mit 14 Prozent beurteilt jede und jeder siebte Befragte die Gefahr von Arbeitsplatzverlust aufgrund digitaler Technologien als eher oder sehr gross. In der Studie weisen die Autoren darauf hin, dass dieser Nachteil auf einer 6er-Bewertungsskala zwar nur den Wert 2,9 erhielt. Das sei deutlich tiefer als alle anderen Nachteile, jedoch im Vergleich zu früheren Studien signifikant höher. "Angesichts der tiefen Arbeitslosenquote im Jahr 2023 (zwischen 1,9 Prozent und 2,3 Prozent gemäss SECO) ist diese Steigerung beachtlich", heisst es in der Studie weiter. Die Autoren verweisen auf das Aufkommen von KI-Anwendungen wie ChatGPT als möglichen Grund für den Anstieg.
Mehr Personen, nämlich 42 Prozent der Befragten, beurteilen die Gefahr einer Beeinflussung oder Gefährdung der Schweizer Demokratie durch Internetpropaganda von ausländischen Staaten als hoch bis sehr hoch, wobei gilt: "Je älter, desto höher beurteilen sie die Gefahr." Und was künstliche Intelligenz angeht, so hat sie bei 36 Prozent der Befragten einen schlechten Stand, wobei sie in hohen Bildungsklassen als gefährlicher eingestuft wird (4,3 auf einer 6er-Skala) als in mittleren Bildungsklassen (3,9). Nach Alter aufgeschlüsselt, stuft die Hälfte der 40- bis 64-jährigen KI als Gefahr ein; bei den über-65-jährigen sind es noch 47 Prozent.
Staatliche Hilfe – oder Selbstschutz
Eine beunruhigende Entwicklung stellen die Studienautoren im Bereich digitaler Kompetenzen fest. Nur 36 Prozent aller Befragten äusserten demnach ein eher bis sehr hohes Interesse, digitale Technologien zu beherrschen und neue digitale Kompetenzen zu erlernen. In der Anfang 2022 durchgeführten Umfrage lag dieser Wert noch bei 46 Prozent. Das Interesse sank bei den Jüngsten (18–39 Jahre), bei den Personen aus der hohen Bildungsklasse und bei Personen mit hohem Haushaltseinkommen, wie es im Digital-Radar heisst. Bei den über 65-Jährigen, bei Personen aus der tiefen Bildungsklasse und bei Personen mit tiefem Haushaltseinkommen stieg es hingegen. Dies sei erfreulich, denn diese Gruppen verfügen gemäss eigener Einschätzung über die tiefsten Kompetenzen, wie die Studienautoren anmerken.
Uneins sind sich die Befragten darüber, wie sie ihre digitalen Kompetenzen verbessern wollen. Den grössten Anteil erhalten Hochschulen mit 38 Prozent der Befragten, wobei dieser Wert im Vergleich zu früheren Studien gesunken ist. Von 19 auf 34 Prozent gestiegen ist derweil der Anteil jener, die sich Hilfe bei "Bürgerinnen und Bürgern" holen. Auf dem dritten Platz folgen "Staat und öffentliche Verwaltung" mit 23 Prozent.
Geht es dagegen um Schutz vor Gefahren digitaler Technologien, hat mit mehr als 53 Prozent der Befragten eine Mehrheit die meisten Erwartungen an die öffentliche Hand. Fast 49 Prozent nannten sich selbst als Verantwortliche. Genannt wurden auch Unternehmen und Arbeitgeber (14 Prozent), die Polizei (13 Prozent), die Politik (11 Prozent) und schliesslich Schulen und Hochschulen (8 Prozent).
In der Mitteilung zur Studie plädiert Marc Peter, Leiter des Kompetenzzentrums Digitale Transformation an der FHNW, für einen Diskurs: "Die Wissensvermittlung zu digitalen Technologien muss stark intensiviert werden. Politik und Wirtschaft sind gefordert, Ängste abzubauen und Lösungen zu entwickeln", sagt der Studienleiter. "Bürgerinnen und Bürger müssen lernen, sich das notwendige Wissen zu digitalen Technologien anzueignen."
Laut dem Bundesamt für Statistik (BFS besitzt ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung keine oder nur geringe digitale Kompetenzen. Vor allem bei Personen mit niedrigem Bildungsstand bestehe die Gefahr, digital ins Hintertreffen zu geraten. Mehr dazu lesen Sie hier.
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